Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ein anderer Blick auf die Stadt
Siegfried Springsguth bereitet eine diakonale Stadtführung für Bad Saulgau vor.
BAD SAULGAU - Späte Berufung: Mit 53 Jahren befindet sich Siegfried Springsguth in der Ausbildung zum ständigen Diakon. Nach mehreren Jahren Tätigkeit in Leitungsfunktionen möchte er als Diakon Menschen unmittelbarer begegnen können. Im Rahmen seiner Ausbildung bietet er in Bad Saulgau an drei Terminen im Herbst eine diakonale Stadtführung an.
Seit drei Jahren wohnt Siegfried Springsguth mit seiner Familie, seiner Frau, zwei Söhnen und einer Tochter im Alter von 24, 22 und 14 Jahren, in Bad Saulgau. Im Wohngebiet Krumme Äcker hat sich die Familie ein Haus gebaut. Die Kinder sind aus dem Gröbsten heraus, die Familie bewohnt ein eigenes Haus. Doch Siegfried Springsguth denkt nicht daran, in dieser Phase das Ausklingen des Arbeitslebens vorzubereiten. Im Gegenteil. Er möchte noch einmal Gas geben.
Gerade befindet er sich im zweiten Jahr einer berufsbegleitenden Ausbildung zum ständigen Diakon in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Dreieinhalb Jahre dauert diese Ausbildung, im Frühjahr 2020 ist sie abgeschlossen. Die Präsenzseminare der Ausbildung absolviert der 53Jährige vornehmlich an Wochenenden in Heiligkreuztal, dem Ausbildungszentrum der Diözese für das ständige Diakonat.
Ein Blick zurück: 18 Jahre lang war Siegfried Springsguth in Leitungsaufgaben im Bildungsbereich tätig. Elf Jahre leitete er ein Bildungshaus in der Nähe von Innsbruck in Österreich. Später arbeitete er ebenbfalls in Leitungsfunktionen für die St.-Elisabeth-Stiftung. Viele der von ihm geleiteten Bildungshäuser hatten Angebote der Prävention als Schwerpunkt: Veranstaltungen in den Bereichen Persönlichkeitsbildung, Spiritualität, Lebensbegleitung und Familie. Diesen Bereichen schreibt Springsguth hohe Bedeutung zu. „Aber ich kümmerte mich viel um das Operative, der unmittelbare Umgang mit den Menschen war weniger gegeben“, sagt er heute. Ein Element, das Siegfried Springsguth mit den Jahren immer stärker vermisste.
Aktuell arbeitet Siegfried als Mitarbeiterseelsorger in der Keplerstiftung. Sein Dienstsitz ist Ulm, einen Tag in der Woche ist er in der Außenstelle in Munderkingen präsent. Die Keplerstiftung hat den Schwerpunkt in der Altenpflege, betreibt stationäre Einrichtungen, Einrichtungen der Tagespflege und Sozialstationen. Springsguth organisiert für die Mitarbeiter Freizeiten, vermittelt Auszeiten, Gedenkfeiern für Angehörige, bietet Taizégebete an. „Ich lerne die Probleme der Mitarbeiter kennen“, sagt Siegfried Springsguth.
Bedürftigkeit der Menschen
Es ist eine wichtige Motivation für den Schritt, die Ausbildung zum Diakon anzugehen. „Die Bedürftigkeit ist das, was mich von außen anspricht“, so Springsguth. Er versteht das Diakonat in seinem ursprünglichen Sinn. „Ursprünglich hatte der Diakon innerhalb der Gemeinde die Aufgabe, an die Armen zu erinnern“, erklärt er. Dabei gehe es nicht nur materielle Armut. Die kulturelle, geistig-spirituelle und die Beziehungsarmut gehörten ebenso dazu.
Im Rahmen seiner Ausbildung bereitet er derzeit eine diakonale Stadtführung vor. Die öffentlichen Veranstaltungen richten sich an diverse Zielgruppen und Einzelpersonen. An drei Samstagen im Herbst wird sie angeboten. Der Sozialausschuss der Kirchengemeinde unterstützt das Projekt und lädt zu dieser neuen Form der Stadtführung ein. Inklusive Pause wird diese neu Art der Führung drei Stunden dauern.
„Sie soll einen Blickwechsel ermöglichen“, sagt Siegfried Springsguth. Stadtführungen zu unterschiedlichen Themen sind in Bad Saulgau Tradition. Seine Führung zeige „diakonische Orte in Bad Saulgau“. Die Idee ist nicht neu. In Ulm gibt es bereits ähnliche Stadtführungen, für Bad Saulgau ist es eine Premiere.
Möglichkeit zum Gespräch
Bekannte diakonische Orte wie Caritas, Diakonie, Beratungsstellen, Vinzenz von Paul gehörten zu den Stationen dieser Führung, aber auch Brennpunkte wie am Bahnhof, die Flüchtlingsunterkunft in der MartinStaud-Straße oder besondere Orte der Kommunikation wie das Café beim Rewe würden besucht. Sinn sei aber nicht das touristische Herumführen. Es gehe darum, miteinander ins Gespräch zu kommen, Gespräche auf Augenhöhe zu führen, auch über Aktionen an solchen Orten nachzudenken. Die diakonale Stadtführung passt zum großen Projekt der Diözese: Kirche am Ort, Kirche an vielen Orten. Wenn die Leute nicht mehr in die Kirche kämen, dann müssten Begegnungen an solchen Treffpunkten den Menschen ermöglicht werden. An drei Terminen besteht die Möglichkeit, den anderen Blick auf die Stadt bei der diakonalen Stadtführung mitzuerleben.
Die diakonale Stadtführung wird angeboten an den Samstagen 20. Oktober, 17. November und 15. Dezember, jeweils von 10 bis 13 Uhr. Die Führungen richten sich an alle Interessierten. Der Sozialausschuss der Kirchengemeinde trägt das Projekt und lädt dazu auch noch offiziell ein.