Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Tonkunst-Auftakt mit großartigem Cello-Konzert
Der weltbekannte Musiker Christian Poltéra gibt auf einem weltberühmten Instrument ein Konzert
BAD SAULGAU - Begeisternd, ja atemberaubend, war das erste Konzert der Tonkunst-Reihe in diesem Jahr mit Christian Poltéra. Der weltbekannten Musiker spielte auf dem vielleicht schönsten Violoncello der Welt, der „Mara“von Antonio Stradivari aus dem Jahr 1711.
„Der junge Student Poltéra kannte es, bevor er es je in Händen hielt“, berichtet Radio Swiss Classic. „Ein Poster dieses Cellos hing schon in seiner WG in Salzburg, wo es auch sein hochgeschätzter Lehrer Heinrich Schiff zum ersten Mal sah. Dieser bekam dann die Gelegenheit, es viele Jahre lang zu spielen, bis er es aus gesundheitlichen Gründen wieder zurückgeben musste. Dass nun sein ehemaliger Meisterschüler das Instrument spielen darf, ist ein überraschender Glücksfall.“
Bereits das erste tiefe G aus der „Prelude“von Bachs Solosuite Nr. 1, das Poltéra auskostete, strahlte Wärme und Ruhe aus. Es entstand sofort eine sehr konzentrierte Atmosphäre. In der „Allemande“spielte Poltéra die Melodie mit einem großen Bogen. Fröhlich und leicht erklang die „Courante“. In der „Sarabande“kostete der Spieler die Töne aus und versank geradezu in den Melodien. Tänzerisch und fließend erklangen die Menuette, wild und markant die Gigue. Die Suite Nr. 3 hat Benjamin Britten auf Wunsch von Mstislav Rostropowitsch als Fortsetzung der Bach-Suiten geschrieben. Bach-Motive waren auch immer wieder mal zu erkennen. Es imponierten aber oft hart gezupfte Töne, geradezu Schläge, sirrende und zitternde Striche, manchmal wurde es aber auch sanft und klagend.
In den „Sacher-Variationen“von Witold Lutoslawski herrschten scharfe, wirbelnde und ausladende Töne vor, bei denen Poltéra seine technische Brillanz auf allen Ebenen zeigen konnte, Zuletzt erklang dann ein harmonisches Thema, offenbar nach den Variationen.
Den Abschluss bildete Bachs dritte Solosuite. Sehr schnell spielte Poltéra die „Prelude“. Dabei verstand er es hervorragend, das Thema mit den unteren Tönen hervorzuheben, während oben flinke Umspielungen erklangen. Tänzerisch, aber immer markant, spielte der Künstler die „Allemande“, lebendig und geradezu leichtfüßig die „Courante“. Die „Sarabande“erklang sehr gefühlvoll und durchtragend. Die erste Bourrée war leicht und fast hüpfend, die zweite hörte sich geradezu leidend an, obwohl das Tempo gleich blieb. Ausgelassen und doch höchst präzise spielte Poltéra die abschließende „Gigue“. Auch hier konnte er trotz des hohen Tempos das Thema herausstellen und akzentuieren.
Großer Applaus
Für den riesigen Applaus im Lichthof des alten Klosters bedankte sich der Ausnahmekünstler mit der „Sarabande“aus der dritten Bach-Suite, die er ganz in sich gekehrt und sehr bedeutungsvoll interpretierte. Die Zuhörer waren hingerissen von diesem wunderbaren Konzertabend in Bad Saulgau.
Ein Hinweis als Hintergrund: In seinem Roman „Mara“beschreibt der bekannte Schriftsteller Wolf Wondraschek die Geschichte des Instruments, das mehrmals um die Welt gereist ist, fast im Meer „ersoffen“wäre und auf dem Operationstisch wieder hergestellt wurde.