Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Berlin und die Gefahren Afghanistans
Schauspieler, Liedermacher und Autor: Klaus Hoffmann liest aus seiner Biografie
BAD SAULGAU - Ein gemeinsames Projekt zwischen dem Musikfestival „tonkunst“und der Veranstaltungsreihe „Literatur in der Kleber Post“hat den Besuchern einen hinreißenden Abend im Alten Kloster in Bad Saulgau beschert. Unter dem Titel „Als wenn es gar nichts wär“las der vor allem als Liedermacher und Schauspieler bekannte Klaus Hoffmann aus seiner Autobiografie und dem ersten Roman „Afghana“.
Kaum hatte Klaus Hoffmann die Bühne erklommen, war klar: Hier hatte man keine trockene Autorenlesung zu erwarten. Sein Blick kreiste durch den mit Bildern und Skulpturen bestückten Lichthof – und schon hieß es Richtung Publikum: „Es muss Ihnen hier gut gehen. So viel Kunst habe ich noch nie in einer kleinen Stadt gesehen.“Eine Spur Ironie? Jedenfalls auf Anhieb ein gelungener Draht zum Publikum. Die Lacher hatte er erneut auf seiner Seite, als er zu seiner in gebundener Form vorliegenden Biografie griff und augenzwinkernd verkündete: „Biografien ändern sich. Doch dies ist immerhin ein gutes Buch geworden.“Koketterie auch dann, wenn er mit Blick auf seine Teenagerjahre feststellte: „Ich sah fantastisch aus – mit langen Haaren - war begabt, hatte alle Voraussetzungen, die man brauchte, um Karriere zu machen.“Letzteres gelang ihm tatsächlich. So arbeitete er als Schauspieler mit bedeutenden Regisseuren wie Ingmar Bergmann, Boy Gobert oder Luchino Visconti und einer großen Zahl von Film- und Bühnenstars zusammen. Als Liedermacher füllte er die Konzertsäle und selbst als Autor mehrerer Bücher erntete er Erfolge. Wichtig waren Hoffmann die Kinder- und Jugendjahre im Berlin der Nachkriegszeit, denen er viel Textvolumen einräumte.
Klaus-Dieter, wie er eigentlich heißt, war Einzelkind und hing in besonderem Maße an seinem früh verstorbenen Vater. „Er war die Sonne in meinem Leben.“Doch auch die Mutter bot ihm Halt. Sie liebte Schlager, etwa von Bata Illic, einem Sänger, bei dessen Erwähnung ein Raunen durchs Publikum ging. Offenbar war Illic manchen Zuhörern noch immer ein Begriff, ebenso wie die „Wochenschau“im Kino der 60er- und 70erJahre oder die damalige Lust an Eierlikör und Erdbeerbowle.
Eingefügte Anekdoten
Immer wieder unterbrach Hoffmann seinen überaus lebendigen, von Mimik und Gestik begleiteten Lesevortrag, legte das Buch zur Seite und fügte Anekdoten, Erinnerungen oder Lebensweisheiten an. Dabei schimmerten Gefühle durch, Sehnsüchte und Anrührendes, etwa beim Tod des Vaters: „Vater war weg. Aber er war da. Immer.“Häufig griff er zur Gitarre, um das Gesagte musikalisch zu unterstreichen. Seine Stimme füllte problemlos den Raum und zeigte das Timbre eines Chansonniers wie etwa Jacques Brel, für dessen Liedinterpretationen er gerühmt wird.
Waren Schilderungen aus der Kindheit von gelegentlicher Melancholie geprägt, so spiegelten Berichte aus der Zeit des Erwachsenwerdens das Sturm- und Drang-Gefühl der 68er-Jahre wieder – häufig gewürzt mit einer guten Prise Humor. Am Ende seiner Lehrzeit als Großhandelskaufmann standen Reisepläne ins ferne Goa, das man in einem alten VW-Käfer erreichen wollte. Doch statt in Indien landeten er und ein Freund in Afghanistan – ein teilweise lebensgefährliches Abenteuer, das er in seinem Buch „Afghana“beschrieb.
Nach einem Lesemarathon von über neunzig Minuten steuerte Hoffmann den Schluss der Vorstellung an. Mit seinem Chanson „Als wenn es gar nichts wär“, titelgleich mit seiner Autobiografie, ließ er Stationen und Emotionen seines Lebens nochmals Revue passieren. In Abänderung des Originaltexts endete das Lied jetzt mit den Zeilen: „Ich lebe jeden Tag, als wenn's der letzte wär – als wenn es gar nichts wär.“