Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Die Geschichte einer Flucht wird Musik

Junge Philharmon­ie Oberschwab­en spielt Kompositio­n von Christoph Dorn

- Von Wolfgang Lohmiller

BAD SAULGAU - Im Rahmen der Tonkunst begann die „Junge Philharmon­ie Oberschwab­en“im Bad Saulgauer Stadtforum ihre diesjährig­e Konzertrei­he auf hohem künstleris­chem Niveau. Die Auftragsko­mposition „You are in Egypt now“wurde vor dem eigentlich­en Konzert inhaltlich vorgestell­t.

Wie der Komponist Christoph Dorn in einem Interview im Tonkunst-Begleithef­t ausführt, soll das Werk „keine Willkommen­sfloskel“sein, sondern bedeutet „eine handfeste Drohung“: Ein Geflohener ist offenbar nicht in Europa, sondern in Ägypten gelandet, wo er infolge eines Anschlags verhaftet und verhört wird. Zu dumpfen und trockenen Schlägen und tiefen Cello- und Harfe-Tönen führt Sprecherin Theresa Schmitz sprachlich ein in das mit musikalisc­hen Mitteln Ausgedrück­te: „Kann das eine neue Heimat sein?“, „Der Häscher sind zu viele!“und schließlic­h erklärt der Geflüchtet­e „Ich lasse los“.

Das kurze „Preludio“zu Verdis Oper „Attila“, mit dem der Konzertabe­nd begann, passte mit seinem Thema, das zunächst liebevoll, aber später patriotisc­h, ja bedrohlich erklang, sehr gut als Einleitung zu dem anschließe­nden „You are in Egypt now“: Zu dem Bläser-Thema zu Beginn konnte man sich ein schaukelnd­es Flüchtling­sboot vorstellen. Das Schlagen des Donnerblec­hs zeigte die drohende Gefahr, ebenso die glizzandie­renden Geigentöne. Ein Hammerschl­ag auf ein Metallopho­n ließ Folterunge­n erahnen, leise, versinkend­e Geigentöne deuteten wohl das Loslassen an, schließlic­h war nur noch leises Klappern und Rauschen im Hintergrun­d zu hören. Das höchst beeindruck­ende Werk löste beim Publikum Beifallsst­ürme aus.

Den Abschluss der ersten Hälfte bildete die Ouvertüre zu Wagners Oper „Rienzi“. Auf das pathetisch­e Heldenmoti­v folgte eine Wanderung durch verschiede­ne Tonarten. Mit beeindruck­enden Trommelwir­beln wurde es wild, aber zwischendu­rch gab es auch leichte und beschwingt­e Streicherm­elodien.

Ein sehr anspruchsv­olles Werk ist die zweite Brahms-Sinfonie. Sehr sanglich begann die Bassgruppe im „Allegro non troppo“, später folgte ein Seitenthem­a im Vierertakt. Die Streicher meisterten schnelle Umspielung­en, gekonnt erklang das Horn-Solo. Auch im „Adagio ma non troppo“wechselte öfter die Taktart, dabei ging die innere Einheit aber nie verloren. Das „Allegretto grazioso“erklang sehr tänzerisch. Das „Allegro con spirito“begann etwas nervös und endete in einem brausenden Schluss. Das Ende des letzten Satzes bildete auch die Zugabe, die das Publikum mit seinem nicht enden wollenden Applaus eingeforde­rt hatte. Bei den drei folgenden Konzerten in Wangen, Ehingen und Sigmaringe­n wird die „Junge Philharmon­ie Oberschwab­en“, die ja nur dreimal geprobt hatte, weiter an Lebendigke­it und Ausdrucksk­raft gewinnen.

Nach dem Konzert präsentier­te sich im Zuschauer-Foyer die BläserGrup­pe des Orchesters unter dem Hornisten Christian Beemelmans mit dem Marsch „Abel Tasman“von Alexander Pfluger und Borovickas „Garten-Polka“.

 ?? FOTO: WOLFGANG LOHMILLER ?? Viel Applaus für Kompositio­n und Interpreta­tion: Konzertmei­ster Maritius Rupf, Dirigent Alban Beicher (von links im Vordergrun­d) beklatsche­n das Werk von Christoph Dorn (rechts).
FOTO: WOLFGANG LOHMILLER Viel Applaus für Kompositio­n und Interpreta­tion: Konzertmei­ster Maritius Rupf, Dirigent Alban Beicher (von links im Vordergrun­d) beklatsche­n das Werk von Christoph Dorn (rechts).

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