Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Vom Lein zum Stoff
Federseemuseum zeigt am Sonntag die Anfänge der Textilverarbeitung
BAD BUCHAU (sz) - In der Archäowerkstatt steht am Sonntag, 30. September, im Freigelände des Federseemuseums von 13.30 bis 16.30 Uhr ein „anziehendes“Thema auf dem Programm: Lein als Rohprodukt für Textilien.
Regina Lutz, langjähriges Teammitglied des Federseemuseums, hat die Anfänge der frühen Textilverarbeitung zurückverfolgt und auf einem Stück Land in der heutigen Federseegemeinde Alleshausen authentisch Lein angebaut. Im archäologischen Freigelände präsentiert sie Spannendes und ihre persönlichen Erfahrungen von schwerer Handarbeit bis hin zur „coolen“Textilie. Ebenfalls an diesem Sonntag ist die historische Färberei Král zu Gast mit einem großen bunten Stand und jeder Menge Informationen.
Im Museum selbst zeigt die neue Dauerausstellung einzigartige Funde in hervorragender Qualität und bietet damit gleichermaßen ein exklusiv bestücktes „Schaufenster in das Welterbe“. Dazu zählen zum Beispiel auch äußerst feine Stoffstückchen aus der heutigen Welterbe-Fundstelle Alleshausen-Grundwiesen. Und was die raren Funde aus Bast und einmaligen Stoff- und Gewebepartikel aus Lein preisgeben, liest sich wie ein exquisiter Modekatalog zur Stilentwicklung über 4000 Jahre hinweg: Bestand die Bekleidung zunächst aus Leder und Gehölzbast von Linde oder Eiche, stand mit dem großflächigen Anbau von Faserlein ein neuer und begehrter Rohstoff für die Textilherstellung zur Verfügung. Die extrem feinen, auf Webstühlen hergestellten Stoffe zählen zu den Kostbarkeiten der Ausstellung. Dazu brachten archäologische Ausgrabungen völlig unerwartete Ergebnisse ans Tageslicht: Bereits vor 5000 Jahren waren am Federsee offenbar ganze Dorfgemeinschaften auf den Anbau und die Verarbeitung von Lein spezialisiert. Erst in der Bronzezeit wurde dieser Boom gebrochen; mit der Zucht von Wollschafen standen erstmals Tiere zur Verfügung, die neben Fleisch und Milch auch Rohmaterialien für die Textilherstellung lieferten.
Die Unesco-Fundstelle Alleshausen-Grundwiesen liegt etwa 250 Meter südlich von Alleshausen am westlichen Rand des Federseeriedes. 1989 entdeckt, wurde die Station 1990 bis 1992 vom Landesdenkmalamt und zuletzt 2005 vom Landesamt für Denkmalpflege erkundet. Die Fundstelle repräsentiert eine Siedlung der „Goldberg III-Gruppe“, die auf Flachsanbau und Viehwirtschaft spezialisiert war. Grundwiesen ist das beste Beispiel in Oberschwaben für das Aufkommen von neuen sozialen Strukturen, Wirtschaftsstrategien und technischen Innovationen im Endneolithikum. Die Fundstelle ist auch für die Erforschung von Umwelt und Wirtschaft während des Endneolithikums von besonderer Bedeutung. Sie zählt seit 2011 zum Unesco-Welterbe „Prähistorische Pfahlbauten rund um die Alpen“.
Geöffnet ist das Federseemuseum Bad Buchau bis 1. November täglich von 10 bis 18 Uhr.