Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kapelle in Wangen schreibt 900 Jahre Geschichte
In St. Michael findet am Samstag zum Patrozinium ein Dankgottesdienst statt
OSTRACH-WANGEN - In den vergangenen Jahrhunderten wurde die urige St. Michaelskapelle in Wangen immer wieder verändert. Zu den ältesten Teilen gehören die Grundsteine und Balken, in welche die Jahreszahl 1118 eingestemmt ist. Grund genug für die Pfarrgemeinde und Ortsvorsteher Franz Steinhart am Samstag,
29. September, um 17 Uhr Patrozinium und 900-jähriges Bestehen der Kapelle zu feiern.
In der Zeit der Kreuzzüge und des Investiturstreits ist die kleine Kapelle an der heutigen St. Michael-Straße errichtet worden. Wer den Bau veranlasst hat und aus welchem Grund, ist unbekannt. Denn 1844 ist der Hof des damaligen Mesners abgebrannt und mit ihm sind wohl nahezu alle Urkunden und Dokumente über St. Michael in Flammen aufgegangen. Trotzdem hat der Ortsvorsteher Steinhart einige Informationen aus Zeitungsberichten und Chroniken für das Kapellenjubiläum zusammentragen können. Am Samstag findet zunächst ein Dankgottesdienst in der Kapelle statt. Im Anschluss folgt ein Sektempfang vor der Kirche und im Ratsstüble können Besucher sich über die Geschichte der Kapelle informieren. „Die älteren Bürger können sicher auch noch einige Erinnerungen beitragen“, hofft Steinhart.
Fest steht, dass Wangen seit dem
13. Jahrhundert Filial der Pfarrei Ostrach ist. Das geht aus einer Schrift hervor, in der Wangen mit anderen Orten in Form einer Schenkung Ostrach zugewiesen wurde. Laut einer Urkunde wurde die Pfarrei Ostrach und somit auch Wangen 1324 durch eine päpstliche Bulle der Abtei Salem unterstellt. Einmal pro Woche hatte der Pfründeinhaber damals in der Kapelle eine Messe zu lesen. Das ist heute seltener geworden. Einmal im Monat gibt es eine Messe und gegebenenfalls wird zwischendurch der Rosenkranz gebetet. Einige Taufen habe es schon gegeben, Hochzeiten waren eher selten. Die Kapelle wird nur für Veranstaltungen oder auf Anfrage geöffnet. „Die Plastiken in der Kapelle sind alt und wertvoll. Aber auch die Angst vor Vandalismus ist zu groß“, sagt Steinhart. Seit mittlerweile 147 Jahren leistet Familie Halder aus Wangen den Mesnerdienst. „Eingetragen waren dafür immer die Männer, aber geschafft haben die Frauen“, sagt der Ortsvorsteher mit einem Schmunzeln.
Dass die Kapelle sich im Laufe der Jahrhunderte verändert hat, lag auch an Unglücken. 1611 soll sie zerstört und neu aufgebaut worden sein. Auch im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kapelle beschädigt und ab 1676 wieder instand gesetzt. Der Altar aus dem Jahr 1668 zeigt ein Bild mit dem Heiligen Michael. Die an einem Turmbalken entdeckte Jahreszahl 1687 dürfte ein Hinweis darauf sein, dass der Fachwerkturm erst später fertiggestellt wurde. Seit 1858 gibt es eine Turmuhr.
Eine größere Renovierung war Ende der 1950er-Jahre erforderlich. Dabei stießen die Handwerker auf manche Überraschung. Etwa ein romanisches Fenster hinter dem Aufsatz des Barockaltars. Auch die verzierte Decke wurde freigelegt und neu bemalt. Um 1988 gab es die letzte größere Renovierung. Damals wurde auch die Empore eingebaut. Solch eine dürfte es aber auch schon früher mal in der Kapelle gegeben haben. Denn bei den Arbeiten wurde oben an der Seite der Kapelle ein Rundfenster entdeckt, das bei einem früheren Umbau zugemauert worden war.