Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Musik und Poesie von Menschen mit Behinderung
Zur zweiten Veranstaltung kommen zwölf Interpreten und gut 30 Zuhörer ins Hotel Gasthof „Ochsen“
KISSLEGG/REGION (sz) - Junge Menschen mit Handicap haben im großen Festsaal des Hotels Gasthof „Ochsen“am Samstag musiziert und rezitiert, was das Zeug hält. Die Initiatoren, Rosi Schorr, eine schwäbische Mundartdichterin aus Altshausen und Trompeter Hans Jäger in Grund/Vogt zuhause, hatten die zweite Veranstaltung minutiös vorbereitet, geht aus der Pressemitteilung von Artur M. Bay hervor. Als Alleinunterhalter trat der Humorist Udo Schleime, aus Hochberg bei Bad Saulgau auf.
„Wohl ist die Welt so groß und weit und voller Sonnenschein. Das allerschönste Stück davon ist doch die Heimat mein.“Mit diesem gemeinsam gesungenen Mutmacher war die musikalische Stilrichtung der Veranstaltung größtenteils vorgegeben, aber es gab auch durchaus moderne Rhythmen zu hören. Initiatorin Rosi Schorr aus Altshausen, die gleich zu Beginn ein feines schwäbisches Mundartgedicht zum Besten gab, wurde einmal gefragt, was denn unter einem „Handicap“, sprich einer Behinderung zu verstehen ist, worauf sie laut Mitteilung schlagfertig antwortete: „Der ganz normale Alltag.“
Den Reigen der Musikanten eröffnete der fast erblindete Peter Zander, der in Markt Obergünzburg beheimatet ist, mit seiner Steirischen Harmonika und dem Titel „Auf de schwäbsche Eisebahne“; bei dem das Publikum gleich richtig ins Geschehen einstieg und kräftig mitsang. Der elfjährige Louis Birkenmaier aus Ebenweiler, dessen Sehkraft stark beeinträchtigt ist, spielte auf der Altflöte Rock-Pop-Stücke vom Allerfeinsten, hinzu mit einer sagenhaften Sicherheit. Da sprang der berühmte Funke zum staunenden Publikum auch sofort über; er glänzte mit Abba-Titeln und „Summertime“aus Gershwins „Porgy and Bess“. Der Humorist Udo Schleime aus Bad Saulgau-Hochberg, ein Musikus, Wortakrobatiker und Witzbold, zog mit seinen Einlagen und Slapsticks die Aufmerksamkeit des Publikums im Handumdrehen auf sich, heißt es in der Pressemitteilung.
Liebeslied in Muttersprache
Zwei Steel-Drummerinnen, nämlich Margarita Herter und Anni Rummler aus Altshausen, brachten mit ihren Blechinstrumenten, auch Stahltrommeln genannt, karibisches Flair in den Saal. Zudem sang die auf den Philippinen geborene Margarita Herter ein Liebeslied A-cappella auf Spanisch und in ihrer Muttersprache. Die Bad Buchauerin Ulla Heger rezitierte Gedichte des anwesenden 94-jährigen Poeten aus Weingarten, Walter Häring, darunter „Paradiesisch.“Auf einem nicht so sehr bekannten Instrument, dem Kantele, entlockte die Kißleggerin Maria Tenhündfeld Töne voller Harmonie und nachhaltigen Klangvariationen, ähnlich wie bei einer Zither; Höhepunkt die Melodie zu „Ich bete an die Macht der Liebe.“
Sprühend vor Spielwitz, ging die erblindete Akkordeonspielerin Sylvia Uhl aus Reichenhofen zu Werke. Beim Titel „Sterne am Himmel“, bewies sie schließlich, dass sie auch singen kann. Den musikalischen Schlusspunkt setzten zwei Interpreten, beide haben Downsyndrom. Nämlich Marcel Mehlbeer, Bergatreute, Hammondorgel, der drei Stücke interpretierte, darunter „Muss i denn zum Städtele hinaus.“Danach Reiner Fähndrich, Wangen-Dürrenberg, der auf einer Vee-Harfe „Ännchen von Tharau“und „Sah ein Knab ein Röslein stehn“vortrug.