Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Biber Herrmann hat den Blues
Gitarrist appelliert bei Konzert im Dreikönigskeller auch an die Menschlichkeit
BAD SAULGAU (jk) - Ein besonders emotionales Konzert hat Blues- und Folkgitarrist Biber Herrmann am vergangenen Freitag im Dreikönigskeller Bad Saulgau gegeben. Der aus Hessen stammende Musiker zelebrierte während seines fast zweieinhalbstündigen Auftritts die gesamte Bandbreite des Blues, von den stampfenden Beats der Zwanzigerjahre bis hin zum emotionalen FolkBlues der Sechziger und Siebziger, mitunter mit politischen Aussagen der Friedensbewegung gespickt.
Gleich zu Beginn zeigte Biber Herrmann, wo die Reise an dem Abend hingehen sollte. Die aus eigener Feder stammende Folkballade „Angels in the rain“mit ihren schnellen Gitarrenläufen und raffinierten Harmonien griff textlich besonders inspirierende Begegnungen mit verschiedenen Künstlern auf. Authentisch und direkt erzählte er anschließend von seinem Weg zum Blues. „Eigentlich kommt der Blues ja aus dem Mississippi-Delta, aus dem Elend einer hart arbeitenden Bevölkerungsschicht“, erklärte er. „Wenn ihr euch jetzt fragt, wie ein weißer Deutscher zum Blues kommt, kann ich es euch sagen: Wer während einer Winzerlehre an den steilen, steinigen Hängen des Rheingau einmal tagelang Unkraut gezupft hat, glaubt mir, der hat den Blues“, fügte er schmunzelnd an.
Mit „Sovjet Baby Blues“und „Sweet Nun“stellte er diese These sofort unter Beweis. Auf einer knapp einhundert Jahre alten umgebauten Resonatorgitarre solierte er virtuos über sämtliche Lagen und begleitete sich dabei selbst mit der Mundharmonika und einer Art Stampfbox, die für den satten, drückenden Rhythmus sorgte, sodass nicht selten der Eindruck entstand, es würde eine ganze Band spielen. „Im Gegensatz zu vielen Künstlern spiele ich allerdings alle sechs Stimmen synchron, also ohne Aufnahmegerät“, erklärte der Musiker. Den lauten Applaus, den er dafür erhielt, gab es sicher auch für die Echtheit, die Direktheit seines Auftritts, die sich besonders in seiner Bassstimme ausdrückte.
„Wenn wir Menschen uns angegriffen sehen“, sagte Herrmann, „tendieren wir dazu, uns sofort zu wehren“. Dieser eigentlich sehr sinnvolle Mechanismus könne jedoch, wenn er in Hass umschlägt, für sehr viel Leid sorgen. Sein wunderbarer Appell für mehr Menschlichkeit, die anschließende Ballade „Rain of Love“ging unter die Haut. Als Herrmann am Ende seines Konzertes alle Stecker zog und ganz akustisch und zerbrechlich seine zwei Zugaben spielte, war das würdige Ende eines grandiosen Konzertabends, der mehr Aufmerksamkeit im Publikum verdient gehabt hätte, gekommen. Mit einem „danke, Folks“entließ Biber Herrmann die Zuhörer schließlich stilvoll in die Nacht.