Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die Landfrauen – ein starkes Netzwerk
Doris Härle referiert beim Kreiserntedankfest über „100 Jahre Frauenwahlrecht“
OFFINGEN (wl) - Nach dem Festgottesdienst zum Kreiserntedankfest hatte der Kreisbauernverband zur Nachfeier in den Offinger „Adler“eingeladen. Hier konnte Kreisobmann Gerhard Glaser viele Gäste aus dem bäuerlichen Bereich, dem Kreisverband und aus der Politik willkommen heißen. Als Hauptrednerin trat erstmals Doris Härle, Vorsitzende der Landfrauen im Kreisverband, auf. Mit dem Thema „100 Jahre Frauenwahlrecht“hatte sie dabei voll ins Schwarze getroffen.
Als sie ihr Thema für diesen Tag in Offingen ausgesucht habe, sei ihr bewusst geworden, wie die Frauen in den vergangenen 100 Jahren um ihre Rechte gekämpft haben und manche Rechte auch heute noch einfordern, sagte Härle. So durften Frauen bis ins Jahr 1902 Versammlungen und Sitzungen politischer Vereine nicht beiwohnen.
Am 12. November 1918 wurde dann das allgemeine Wahlrecht für Personen, männlich oder weiblich, ab 20 Jahren eingeführt und ein Jahr später fanden dann die Wahlen zur deutschen Nationalversammlung statt. 300 Frauen kandidierten und fast zehn Prozent von ihnen zogen ins Parlament ein. Nach dem Wahlrecht wurde im Jahr 1957 das Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau verabschiedet. Was sicher schon längst überfällig war, denn bis zum Jahr 1956 gab es in Baden-Württemberg zum Beispiel ein Lehrerinnenzölibat. Wenn die Lehrerinnen heirateten, mussten sie aus dem Staatsdienst ausscheiden. Erst ab dem Jahr 1969 wurde eine verheiratete Frau als geschäftsfähig angesehen. „Vorher war sie für die drei Ks zuständig: Kinder, Küche und Kirche. Bei den Bäuerinnen kam noch ein viertes K dazu, die Kühe“, sagte Doris Härle.
„Bis heute hat sich auf den Höfen viel geändert, Frauen übernehmen Verantwortung, machen zum Beispiel die Buchhaltung“, so die Kreisvorsitzende. Dazu komme, dass der Verband die Landfrauen unterstütze, Kurse, Seminare und auch Umschulungen anbiete, sodass sich die Landfrauen auch selbstständig machen können. „Wir haben im Verband für Frauen ein starkes Netzwerk“, sagte Härle. „Da wir Frauen eine höhere Lebenserwartung haben und somit auch einen längeren Atem“, so die Landfrauenchefin, „haben wir noch eine ganze Reihe weiterer Forderungen“.