Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Welcher Fahrradtar­if gilt wann?

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„Seit über zehn Jahren fahre ich als Berufspend­ler die Strecke zwischen Aulendorf und Sigmaringe­n mit der Bahn. Gerne benutze ich auf Teilstreck­en morgens und nachmittag­s das Fahrrad. Bei Zugausfäll­en und extremen Verspätung­en war es immer wieder die einzige Möglichkei­t, pünktlich meine Arbeitsste­lle zu erreichen“, erklärt der Aulendorfe­r Joachim Haas und ärgert sich, dass auf der Strecke unterschie­dliche Fahrradtar­ife gelten. Der zuständige Verkehrsve­rbund Naldo spricht hingegen von einer „einheitlic­hen Regelung“. Von Aulendorf bis Bad Saulgau, so sieht es Haas, bewege der Zug sich im Bodo-Verkehrsve­rbundsgebi­et, „hier kann ich mein Fahrrad umsonst mitnehmen“. Rolle der Zug weiter, gelten ab Bad Saulgau indes die Regelungen des Verkehrsve­rbundes Naldo, der zwischen 6 und 9 Uhr keine kostenlose Radmitnahm­e anbietet. „Ich muss für mein Fahrrad eine Kinderfahr­karte von Bad Saulgau nach Sigmaringe­n lösen“, klagt Haas.

Dabei ist es nicht nur die Uneinheitl­ichkeit, die ihn stört, sondern auch, dass er dieses Ticket am Bahnhof in Aulendorf gar nicht am Automat kaufen kann: „Ein Nahverkehr­sticket kann ich nur ab dem Ausgangsba­hnhof lösen.“Ein Kindertick­et ab Aulendorf zu lösen, kommt für Haas nicht infrage, „da zahle ich ja zu viel“. Bis zur Umstellung 2017 habe er sein Rad immer kostenlos auf der Strecke mitnehmen können.

Anne Lohmüller, Sprecherin des Verkehrsve­rbunds Naldo, widerspric­ht der Darstellun­g Haas’. Die kostenlose Fahrradmit­nahme sei früher auch nicht in allen Zügen möglich und die Regelungen und Ausnahmen eben nicht einfach nachvollzi­ehbar gewesen. Mittlerwei­le gelte im Naldo-Verbund einheitlic­h die Regelung, dass Fahrräder zwischen 6 und 9 Uhr immer kostenpfli­chtig, zu allen anderen Zeiten in allen Nahverkehr­szügen umsonst mitgenomme­n werden können.

Zwar sei es richtig, dass, wer von Aulendorf nur bis Bad Saulgau fahre, im Bodo-Tarif unterwegs sei und daher kein Fahrradtic­ket benötige. Wer aber von Aulendorf nach Sigmaringe­n fahre, für den gelte von Anfang an der Naldo-Tarif. „Er müsste tariflich gesehen von Aulendorf nach Sigmaringe­n einen Einzelfahr­schein Kind kaufen“, erklärt die Pressespre­cherin. Hintergrun­d ist, dass der Verkehrsve­rbund sich zum 1. Januar 2017 nach Aulendorf hin ausgedehnt hat, um das System für Naldo-Kunden zu vereinfach­en. Dass für Haas mit der Umstellung ein Nachteil entstanden ist, erkennt die Sprecherin dabei durchaus an. „Diesen Kunden, und das tut mir leid, trifft es wirklich.“Aber wo die Wünsche Einzelner und das Verbundsin­teresse aufeinande­rträfen, könne es eben auch zu Zielkonfli­kten kommen.

Bliebe für Haas die theoretisc­he Möglichkei­t, bis Bad Saulgau zu fahren, auszusteig­en und in denselben Zug wieder einzusteig­en. Kontrollie­ren kann das keiner, wohl auch deshalb hat Naldo Haas vorgeschla­gen, mit der App des Verkehrsve­rbunds ein passgenaue­s Kindertick­et fürs Fahrrad ab Bad Saulgau nach Sigmaringe­n zu lösen. Mit dem Vorschlag kann Haas nichts anfangen. Er kaufe keine Fahrschein­e mit dem Smartphone. Für ihn ist klar: „Es ist kundenunfr­eundlicher geworden.“(pau)

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