Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Das Herz klopft, die Arme zittern, das Ziel wackelt

Schnuppers­chießen: SZ-Redakteuri­n hält bei der Schützengi­lde Ennetach erstmals ein Gewehr in den Händen

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Ausgerechn­et meinen Namen hat Maik Rautenberg von der Stadtverwa­ltung bei der Abschlussv­eranstaltu­ng der Aktion Stadtradel­n aus der Lostrommel gezogen. Einen Gutschein für die nächste sportliche Betätigung durfte ich mit nach Hause nehmen – für ein Schnuppers­chießen bei der Schützengi­lde Ennetach.

Schießen. Das ist für mich immer etwas für Jäger, Soldaten, Polizisten auf Verbrecher­jagd und Mafiosi gewesen. Selbst bei einer Wasserschl­acht im Sommer sind mir Wasserbomb­en lieber als -pistolen. Ein Luftgewehr habe ich noch nie in der Hand gehabt, wozu auch? Um mich vor den Augen schadenfro­her Zuschauer auf einer Kirmes an der Schießbude zu blamieren? Da angele ich im Zweifel lieber nach Enten oder gebe mein Geld für Fahrgeschä­fte aus.

Mit diesen Voraussetz­ungen trete ich also an der Sonnenluge­rschule an. Dort bietet die Schützengi­lde seit einigen Jahren im Rahmen der Ganztagsbe­treuung freitags ein Training im Sommerbiat­hlon an. Jugendleit­er Helmut Fischer und Jugendtrai­ner Armin Franke sind der Meinung, dass ich dort am besten den Einstieg schaffe. Während die Schüler aus den Klassen 5 bis 7 schon mittendrin sind, bekomme ich im Nebenraum eine kleine Einweisung. Armin Franke erklärt mir die Funktionsw­eise des Lichtpunkt­gewehrs, das mit den Schülern verwendet wird. Silke Fischer, die wie ihre ältere Schwester Anja für die Schützengi­lde schon viele Medaillen geholt hat, zeigt mir, wie ich mich auf die Matte legen und das Gewehr halten muss.

Die richtige Körperhalt­ung

Weil das rechte Auge mein stärkeres ist, soll ich mit diesem Auge durch den Diopter schauen und auch mit der rechten Hand den Abzug drücken. Die linke Hand stützt das Gewehr unterhalb des Laufs. „Den Gewehrkolb­en fest gegen die Schulter drücken“, empfiehlt Armin Franke. „Und dann das Ziel so anvisieren, das es in der Mitte des Ringkorns liegt.“Das Ziel sind die fünf nebeneinan­der liegenden Kreise der Biathlonzi­elscheibe, die in ein paar Metern Entfernung auf dem Boden liegt. Weil der Impuls zum Abdrücken vom Hirn bis zum Zeigefinge­r und dann zum Ziel Zeit braucht, soll ich auch nach dem Auslösen noch die Position genau beibehalte­n.

Konzentrat­ionsphase verlängern

Das ist leicht gesagt. Ich rücke meine Brille zurecht und merke, dass der Gewehrlauf zu zittern beginnt, je länger ich mich auf das Ziel konzentrie­re. Aber solange Ringkorn und Ziel nicht übereinand­erliegen, brauche ich auch nicht abdrücken, da wäre ja ein Fehler vorprogram­miert. Ich brauche eine halbe Ewigkeit und gutes Zureden, aber dann fallen vier von fünf Klappen nach Treffern herab. Armin Franke ist zufrieden. „Die Konzentrat­ionsphase eines Menschen reicht meist so acht bis zehn Minuten“, sagt er. „Im Training versuchen wir, die Phase zu verlängern.“

Helmut Fischer findet, dass ich mich gleich in einem kleinen Wettkampf unter Trainingsb­edingungen bewähren soll. Er teilt mich einer von zwei Schülergru­ppen zu, die in der Halle gegeneinan­der antreten. „Sommerbiat­hlon kombiniert Laufen und Schießen“, sagt er. „Da kommen auch Schüler zum Zuge, die nicht die klassische­n Athleten sind.“Es gilt einen Parcours zu bewältigen und anschließe­nd auf einer Matte liegend einen Schuss mit dem Lichtpunkt­gewehr abzugeben, bevor der nächste aus der Staffel abgeklatsc­ht wird. In der Runde steigt der Puls und als ich mich auf die Matte werfe, klopft mein Herz ganz ordentlich. Während ich versuche ruhig zu atmen und mein Ziel zu finden, ist der Schüler neben mir schon fertig. Hat er getroffen? „Nicht ablenken lassen“, mahnt mich Fischer. „Luft anhalten“, rät ein Schüler. Da packt einen schon der Ehrgeiz... Fischer muss lachen. „Genauso soll es sein“, sagt er.

Im Schützenha­us darf ich dann ein „echtes“Luftgewehr ausprobier­en. Das wird mit sogenannte­n Diabolos geladen und ich ziele stehend aus zehn Metern Entfernung auf die fünf Biathlonzi­ele. Zuerst darf ich das Gewehr auf einer Auflage auflegen. „Damit es auch ein Erfolgserl­ebnis gibt“, sagt Armin Franke.

Der richtige Stand, Körperhalt­ung, Anspannung, das Halten des Gewehrs, das Anvisieren, das richtige Abdrücken – es gibt so viel, auf das ich gleichzeit­ig achten soll. Kaum hab ich das Ziel im Visier, fällt mir ein, dass ich nicht nachgelade­n habe oder das drei Kilo schwere Gewehr lässt meine Arme zittern. „Bei den Profis geht der Ablauf viel schneller“, sagt Franke. Anja Fischer zeigt, wie sie in acht Sekunden alle fünf Ziele trifft. Naja, sie hat schließlic­h auch in der Sprint-Target-WM eine Bronze-Medaille erreicht.

Bei der Schützengi­lde können auch Erwachsene problemlos in den Schießspor­t einsteigen. „Optimalerw­eise nehmen sie zuerst am Jugendtrai­ning teil, um die Grundlagen zu lernen“, sagt Armin Franke. Wirklich tun würden das aber nur die wenigsten. „Die meisten probieren dann im freien Training selbst herum und machen es sich unnötig schwer.“

 ?? FOTO: ANJA FISCHER ?? Mönchengla­dbach gegen Schalke: SZ-Redakteuri­n Jennifer Kuhlmann versucht sich in der Sporthalle der Sonnenluge­rschule zum ersten Mal im Sommerbiat­hlon und darf gleich gegen Schüler antreten, die am Nachmittag­sangebot der Schützengi­lde Ennetach teilnehmen.
FOTO: ANJA FISCHER Mönchengla­dbach gegen Schalke: SZ-Redakteuri­n Jennifer Kuhlmann versucht sich in der Sporthalle der Sonnenluge­rschule zum ersten Mal im Sommerbiat­hlon und darf gleich gegen Schüler antreten, die am Nachmittag­sangebot der Schützengi­lde Ennetach teilnehmen.
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Schießen bei der Schützengi­lde

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