Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Das Herz klopft, die Arme zittern, das Ziel wackelt
Schnupperschießen: SZ-Redakteurin hält bei der Schützengilde Ennetach erstmals ein Gewehr in den Händen
MENGEN - Ausgerechnet meinen Namen hat Maik Rautenberg von der Stadtverwaltung bei der Abschlussveranstaltung der Aktion Stadtradeln aus der Lostrommel gezogen. Einen Gutschein für die nächste sportliche Betätigung durfte ich mit nach Hause nehmen – für ein Schnupperschießen bei der Schützengilde Ennetach.
Schießen. Das ist für mich immer etwas für Jäger, Soldaten, Polizisten auf Verbrecherjagd und Mafiosi gewesen. Selbst bei einer Wasserschlacht im Sommer sind mir Wasserbomben lieber als -pistolen. Ein Luftgewehr habe ich noch nie in der Hand gehabt, wozu auch? Um mich vor den Augen schadenfroher Zuschauer auf einer Kirmes an der Schießbude zu blamieren? Da angele ich im Zweifel lieber nach Enten oder gebe mein Geld für Fahrgeschäfte aus.
Mit diesen Voraussetzungen trete ich also an der Sonnenlugerschule an. Dort bietet die Schützengilde seit einigen Jahren im Rahmen der Ganztagsbetreuung freitags ein Training im Sommerbiathlon an. Jugendleiter Helmut Fischer und Jugendtrainer Armin Franke sind der Meinung, dass ich dort am besten den Einstieg schaffe. Während die Schüler aus den Klassen 5 bis 7 schon mittendrin sind, bekomme ich im Nebenraum eine kleine Einweisung. Armin Franke erklärt mir die Funktionsweise des Lichtpunktgewehrs, das mit den Schülern verwendet wird. Silke Fischer, die wie ihre ältere Schwester Anja für die Schützengilde schon viele Medaillen geholt hat, zeigt mir, wie ich mich auf die Matte legen und das Gewehr halten muss.
Die richtige Körperhaltung
Weil das rechte Auge mein stärkeres ist, soll ich mit diesem Auge durch den Diopter schauen und auch mit der rechten Hand den Abzug drücken. Die linke Hand stützt das Gewehr unterhalb des Laufs. „Den Gewehrkolben fest gegen die Schulter drücken“, empfiehlt Armin Franke. „Und dann das Ziel so anvisieren, das es in der Mitte des Ringkorns liegt.“Das Ziel sind die fünf nebeneinander liegenden Kreise der Biathlonzielscheibe, die in ein paar Metern Entfernung auf dem Boden liegt. Weil der Impuls zum Abdrücken vom Hirn bis zum Zeigefinger und dann zum Ziel Zeit braucht, soll ich auch nach dem Auslösen noch die Position genau beibehalten.
Konzentrationsphase verlängern
Das ist leicht gesagt. Ich rücke meine Brille zurecht und merke, dass der Gewehrlauf zu zittern beginnt, je länger ich mich auf das Ziel konzentriere. Aber solange Ringkorn und Ziel nicht übereinanderliegen, brauche ich auch nicht abdrücken, da wäre ja ein Fehler vorprogrammiert. Ich brauche eine halbe Ewigkeit und gutes Zureden, aber dann fallen vier von fünf Klappen nach Treffern herab. Armin Franke ist zufrieden. „Die Konzentrationsphase eines Menschen reicht meist so acht bis zehn Minuten“, sagt er. „Im Training versuchen wir, die Phase zu verlängern.“
Helmut Fischer findet, dass ich mich gleich in einem kleinen Wettkampf unter Trainingsbedingungen bewähren soll. Er teilt mich einer von zwei Schülergruppen zu, die in der Halle gegeneinander antreten. „Sommerbiathlon kombiniert Laufen und Schießen“, sagt er. „Da kommen auch Schüler zum Zuge, die nicht die klassischen Athleten sind.“Es gilt einen Parcours zu bewältigen und anschließend auf einer Matte liegend einen Schuss mit dem Lichtpunktgewehr abzugeben, bevor der nächste aus der Staffel abgeklatscht wird. In der Runde steigt der Puls und als ich mich auf die Matte werfe, klopft mein Herz ganz ordentlich. Während ich versuche ruhig zu atmen und mein Ziel zu finden, ist der Schüler neben mir schon fertig. Hat er getroffen? „Nicht ablenken lassen“, mahnt mich Fischer. „Luft anhalten“, rät ein Schüler. Da packt einen schon der Ehrgeiz... Fischer muss lachen. „Genauso soll es sein“, sagt er.
Im Schützenhaus darf ich dann ein „echtes“Luftgewehr ausprobieren. Das wird mit sogenannten Diabolos geladen und ich ziele stehend aus zehn Metern Entfernung auf die fünf Biathlonziele. Zuerst darf ich das Gewehr auf einer Auflage auflegen. „Damit es auch ein Erfolgserlebnis gibt“, sagt Armin Franke.
Der richtige Stand, Körperhaltung, Anspannung, das Halten des Gewehrs, das Anvisieren, das richtige Abdrücken – es gibt so viel, auf das ich gleichzeitig achten soll. Kaum hab ich das Ziel im Visier, fällt mir ein, dass ich nicht nachgeladen habe oder das drei Kilo schwere Gewehr lässt meine Arme zittern. „Bei den Profis geht der Ablauf viel schneller“, sagt Franke. Anja Fischer zeigt, wie sie in acht Sekunden alle fünf Ziele trifft. Naja, sie hat schließlich auch in der Sprint-Target-WM eine Bronze-Medaille erreicht.
Bei der Schützengilde können auch Erwachsene problemlos in den Schießsport einsteigen. „Optimalerweise nehmen sie zuerst am Jugendtraining teil, um die Grundlagen zu lernen“, sagt Armin Franke. Wirklich tun würden das aber nur die wenigsten. „Die meisten probieren dann im freien Training selbst herum und machen es sich unnötig schwer.“