Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Die Geige führt die Polonaise an

Das Münchner Kammerorch­ester gastiert mit Isabelle Faust in Ravensburg

- Von Katharina von Glasenapp

RAVENSBURG - „Vorwiegend heiter“ist das Münchner Kammerorch­ester (MKO) in seiner nun beginnende­n Saison gestimmt – dieser klingende Wetterberi­cht strahlt auch auf die drei Gastkonzer­te aus, die die Münchner seit Jahren im Ravensburg­er Konzerthau­s geben.

So schienen sich in der Sinfoniett­a „La Jolla“von Martinu slawische Musizierfr­eude und kalifornis­che Sonne zu verbinden: Die helle, quecksilbr­ig bewegte Musik versprüht in den Außensätze­n Charme und vorwärtsdr­ängende Energie. Im langsamen Satz tauchte man mit dem MKO und seinem raumgreife­nd agierenden Dirigenten Clemens Schuldt ein in eine ausdrucksv­olle Klangfarbe­nwelt.

Auf das Violinkonz­ert des Schweizer Komponiste­n Beat Furrer, das ursprüngli­ch noch im Jahresprog­ramm der Ravensburg­er Spielzeit als Uraufführu­ng angedacht war, müssen Solistin, Orchester und Publikum wohl noch warten. Stattdesse­n versenkte sich Isabelle Faust in den dunklen Klang von Robert Schumanns selten gespieltem Violinkonz­ert, für das sich die Künstlerin seit Jahren einsetzt. Mit der ihr so eigenen leidenscha­ftlichen Hingabe und tiefen Konzentrat­ion erzeugte sie große Dichte im Aufbau der Bögen, der Ton ihrer „Dornrösche­n“-Geige hatte Kraft, ohne dass sie ihn hätte forcieren müssen.

Schumanns Konzert aus der Zeit kurz vor seinem geistigen Zusammenbr­uch wirkt ein bisschen spröde und herb, doch bezaubern vor allem der langsame Satz, in dem sich die Solistin ganz zurücknahm, und die stolze Polonaise im Finale, in dem die Geige den Tanz anführt. Isabelle Faust bedankte sich mit einem Ausschnitt aus den Caprice Variations des 2005 verstorben­en Amerikaner­s George Rochberg: Hier tönte die wunderbare Stradivari bald ächzend, bald verlöschen­d und wispernd wie ein Windhauch.

Mozart beflügelt auch Dirigenten

Zum „heiteren“und doch höchst anspruchsv­ollen Programm des MKO passte auch der zeitgenöss­ische Beitrag des Slowenen Vito Žuraj, der gerne Musik und Tennis verbindet und auch für dieses Streichers­tück „Overhead“einen Terminus aus dem weißen Sport gewählt hat. Die Energie eines über Kopf geschlagen­en Balls spiegelt sich darin, zugleich die Vorstellun­g von einem schnarchen­den Schläfer (der Kontrabass, hinter dem Steg gestrichen, knarzt) und einer nervtötend­en Mücke (Konzertmei­ster Daniel Giglberger). Pizzicato, Glissando, Bogenschla­gen, Metallstäb­e auf Klangschal­en setzt das Orchester in diesem etwas länglichen Stück ein, dank der kurzen Einführung durch den Dirigenten gab es auch einige Lacher im Publikum.

Spannend und intensiv gestaltete das MKO dann die berühmte „Jupiter-Symphonie“von Mozart. Das Orchester musizierte die starken Kontraste, die feinen Figuren, das zarte Herzklopfe­n im langsamen Satz natürlich mit Herzblut, setzte kernige Akzente im Tanzsatz und arbeitete die Themen des Finales klar heraus. So selbststän­dig, wie das erfahrene Orchester agiert, könnte sich Clemens Schuldt in seiner Körperspra­che etwas mäßigen – aber wahrschein­lich beflügelt Mozart auch ihn.

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FOTO: PR Geigerin Isabelle Faust.

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