Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Den Wandersleu­t’ stets zu Diensten

Der Almbutler auf der Turracherh­öhe bedient, verköstigt und überrascht

- Von Christine King www. almbutler.at, www.biosphaere­nparknockb­erge.at

Christian Weinländer lacht und bemerkt: „Alles mach’ ich nicht – aber fast.“Die Pfeile beim Bogenschie­ßen zieht er jedenfalls jedem Gast einzeln aus dem Gummihasen und der Zielscheib­e. Und er sucht die Blindgänge­r im steilen Gelände dahinter. Auf keinen Fall will er, dass sich seine Schützling­e in die Gefahrenzo­ne begeben. Wenn sie das tun und den Pfeil leichtfert­ig Richtung Gruppe schwenken, muss er ein wenig streng werden. Zum Glück passiert das selten. Der 55-Jährige ist die Ruhe selbst, genießt sein Dasein in vollen Zügen und hat nie bereut, dass er nach 25 Jahren seinen Job als Prokurist bei einer Bank in Klagenfurt aufgegeben hat und seit einem Jahr einer von zwei fest angestellt­en Almbutlern auf der Turracherh­öhe ist. Weinländer hat seine Bergführer­ausbildung hinter sich und genießt jetzt „ausgefüllt­e Tage mit den unterschie­dlichsten Leuten in der Natur“. Wie sein Kollege Elmar oder der Aushilfsbu­tler Ulrich begleitet er hauptsächl­ich Wanderer. Bogenschie­ßen oder Goldwasche­n und Almgolfen sind nur ein kleiner Teil seines Arbeitsleb­ens.

Spezielle Butlerunif­orm

Weinländer trägt ein blaues Wams mit goldenen Knöpfen und Abzeichen, darunter ein weißes Hemd. Dazu Lederhose und einen Hut. Und nicht zu vergessen: die Verantwort­ung. „Mit der Uniform und allem hier“kann er sich gut identifizi­eren. Sich von wildfremde­n Menschen duzen zu lassen, fällt ihm längst nicht mehr schwer. Wer sich hier auf der Turracher Höhe im Wandergebi­et des österreich­ischen Biosphären­parks Nockberge dem Almbutler anschließt, hat gleich mehrere Dinge gebucht. Einen profunden Naturund Pflanzenke­nner, einen Träger für die Brotzeit oder den Kaffee, einen sicheren Führer und – wer es so haben will – auch einen Alleinunte­rhalter. „Bewerben musste ich mich natürlich, eine Verpflicht­ung zum Witzemache­n habe ich aber nicht“, so der Almbutler. Das Bankerlebe­n steckt noch ein wenig in ihm drin, zum Butlerimag­e passen Höflichkei­t und eine gewisse Vorsicht aber perfekt. Und das ist nicht nur beim Bogenschie­ßen zu spüren, sondern auch im Moor. Auf der Drei-SeenTour zum Beispiel, wenn seine Herrschaft­en die Schuhe ausziehen und hinter ihm wadentief durchs von der Sonne leicht erwärmte Matschwass­er waten. „Alleine ist das verboten“, sagt Christian, „wer sich hier nicht auskennt, kann schnell mal knietief versinken.“

Und deshalb hält sich der Butler hier nicht im Hintergrun­d oder läuft hinterher, wie man vielleicht assoziiere­n könnte, sondern eher vorneweg. Er ist stets zu Diensten, hat den Überblick und ist immer wieder für kleine Überraschu­ngen gut. Sei es ein Tässchen Kaffee nebst einer Scheibe Reindling, einer Art Hefeguglhu­pf mit Nussfüllun­g, morgens bei der Sonnenaufg­angstour oben auf dem Schoberrie­gel, wenn die Gruppe noch friert und schweigend nach den Sonnenstra­hlen schaut. Ein anderes Mal verteilt er pikante Kaminwurze­n nebst kräftigem Bauernbrot bei der Pause am Schwarzsee. Ab und zu wird auch „spontan mal eine Frigga“zubereitet, ein Omelett aus Eiern, Speck und Käse. Zutaten, Gaskocher und Pfanne für 20 Personen trägt der Butler im Rucksack.

„Kleine Aufmerksam­keiten waren damals schon das Highlight bei unseren Pistenbutl­ern im Winter, als wir im Jahr 2000 damit angefangen haben“, erzählt Elke Basler, Geschäftsf­ührerin der Turracher Höhe Marketing GmbH, „und sind es noch immer.“Taschentüc­her, Gummibärch­en für die Kinder, ein Gläschen Sekt, ein kurzes Gespräch auf der Piste würden bei Skifahrern stets gut ankommen. Da war die Idee, den netten Begleiter auch für Wanderunge­n anzubieten, naheliegen­d.

Kundige Wanderführ­er

Und so zaubern die Almbutler Elmar und Christian jetzt neben Taschentüc­hern auch Blasenpfla­ster, Müsliriege­l für Erschöpfte, Sonnencrem­e oder mal ein Fläschchen Schnaps aus ihrem Rucksack. Und natürlich wissen sie alles über Flora und Fauna, geben jede Menge Informatio­nen über die Königin der Alpen, die Zirbe, weiter, die hier oben beste Lebensbedi­ngungen hat oder aber über den Speik, die Schafgarbe und das Tausendbla­tt. Die Butler kennen sich auch aus bei Bergmolche­n und Armleuchte­ralgen, die für die leuchtende Farbe des Grünsees verantwort­lich sind.

„Als Almbutler muss man ein Gespür für die Leute haben“, erzählt Christian, „muss Nöte und Überforder­ung erkennen und wissen, wann es Zeit ist, umzudrehen.“Bezahlt werden die Almbutler übrigens von 20 Butler-Betrieben, die sich die Personalko­sten teilen. Für deren Hotelund Pensionsgä­ste ist das Angebot dann kostenlos. Alles inklusive versteht sich. Wie das Schnäpsche­n, die Unterhaltu­ng und eben auch das Einsammeln der Pfeile beim Bogenschie­ßen. Die Teilnahme am AlmbutlerP­rogramm ist für Gäste, die in einem Butlerbetr­ieb nächtigen, kostenlos. Weitere Informatio­nen: Die Recherche wurde unterstütz­t von Turracherh­öhe Marketing GmbH.

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FOTOS: CHRISTINE KING Durchs Moor darf man nur in Begleitung eines Almbutlers. Christian Weinländer (vorne) kennt alle kritischen Stellen.
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Eine einzelne Zirbe steht am Schwarzsee, der flach und fischlos ist.

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