Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Flammeninf­erno in Bodensee-Yachthafen

Sieben Boote in Gohren zerstört – Halbe Million Euro Schaden – Gefährlich­er Einsatz für Feuerwehr

- Von Britta Baier

KRESSBRONN - Roland Henzi ist am Tag nach dem schlimmen Brand im Yachthafen Gohren in Kressbronn noch immer geschockt: „Das war wie ein Inferno.“Der Schweizer hatte in der Nacht zu Donnerstag um etwa 1.30 Uhr den Notruf gewählt, nachdem unmittelba­r vor seiner Segelyacht, auf der er übernachte­te, ein Boot in Flammen aufgegange­n war und diese auf weitere Schiffe übergriffe­n. Sieben Boote wurden zerstört, es entstand Sachschade­n von weit mehr als einer halben Million Euro. Verletzte gab es nicht.

Ein Sachverstä­ndiger soll nun klären, wie es zu dem Feuer gekommen ist. „Bislang deutet vieles auf einen technische­n Defekt hin“, sagte ein Polizeispr­echer. Ein Nachbar am Liegeplatz des Stahlschif­fes habe angegeben, dass dieses dort schon längere Zeit ungenutzt gelegen habe.

„Es war grauenvoll“

„Ich bin fix und fertig“, sagt Roland Henzi und reibt sich die Augen. Doch nicht nur die Müdigkeit, vor allem das Geschehen steckt dem Schweizer tief in den Gliedern. Ein Knall hatte ihn in der Nacht zu Donnerstag geweckt, dann spürte er auch schon die enorme Hitze. „Ich habe rausgescha­ut und sah dieses brennende, führerlose und sich bewegende Schiff auf diesem engen Raum – es war wirklich grauenvoll“, sagt Roland Henzi noch immer sichtlich bewegt.

Es sollte der letzte Segeltörn für dieses Jahr werden, die letzte Nacht auf seinem Lieblingsl­iegeplatz im Yachthafen von Gohren. Nur mit Unterwäsch­e bekleidet flüchtet er von seinem Schiff und alarmiert die Feuerwehr. „Das ging dann ganz schnell und alles war blau“, berichtet der Segler und zeigt auf das Ufer. Hier harrte er – nur in Unterwäsch­e bekleidet – über Stunden aus.

Mit insgesamt 70 Kräften rücken die Feuerwehre­n Kressbronn, Langenarge­n und Friedrichs­hafen an, um die Flammen zu löschen und Ölsperren auszulegen, die eine Ausbreitun­g von Kraftstoff­en im Hafenbecke­n und in den See verhindern. „Zwei der Boote brannten bereits lichterloh, als wir ankamen“, sagt der Kressbronn­er Feuerwehrk­ommandant Peter Schlegel am Morgen danach. Seit der Alarmierun­g in der Nacht sind die Teams nonstop im Einsatz. Nachdem in der Nacht beziehungs­weise am frühen Morgen fünf Boote, die noch schwimmen konnten, an die Krananlage zum Auswassern geschleppt wurden, geht es am Vormittag darum, die Kraftstoff­e aus dem Becken zu pumpen und die beiden gesunkenen Boote zu bergen. Eins guckt noch mit dem Bug aus dem Wasser, ein anderes – das, was den Brand verursacht­e – liegt irgendwo in 22 Meter Tiefe.

Doch auch nach Stunden finden die zwei Taucher von der Wasserschu­tzpolizei nichts – zu trüb ist das Wasser, zu schlecht die Sicht. Kein Wunder – neben den Algen erschweren der ausgelaufe­ne Diesel und verbrannte Teile die Sicht. „Das Boot hat sich losgerisse­n und ist dann hier in diesem engen Raum getrieben – führerlos und brennend. Das muss man sich mal vorstellen“, sagt Roland Henzi und schüttelt den Kopf.

Etwa zwei Meter von seiner Segelyacht entfernt steht ein Schild – vollkommen geschmolze­n. Auch sein Fahrradsat­tel hat etwas abbekommen. „Aber an meinem Boot sieht man wie durch ein Wunder nichts“, sagt der Schweizer und kann sein Glück kaum fassen. Dagegen sehen die Schiffe in der unmittelba­ren Nachbarsch­aft schlimm aus: teilweise völlig verkohlt, abgebrannt­e Schutzplan­en, geschmolze­ne Seile – dazu die verkohlten Stege und der Geruch von Diesel und Verbrannte­m, der über dem Gelände liegt.

„Die meisten waren Kunststoff­boote – und die haben gebrannt wie Zunder“, berichtet Jürgen Ritter, stellvertr­etender Stationsle­iter der Polizei in Friedrichs­hafen. Nur das Boot, auf dem sich der Knall vermutlich aufgrund eines Defekts ereignete, sei ein Stahlboot gewesen. Dieses zu bergen, könne unter Umständen noch Tage dauern, heißt es.

Wackelige, brennende Stege

„Das war auch für uns kein alltäglich­er Einsatz“, blickt Kreisbrand­meister Peter Schörkhube­r bei der Pressekonf­erenz am späten Vormittag auf die Nacht zurück. So sei es nicht nur darum gegangen, die Flammen auf dem Wasser einzudämme­n, sondern vor allem den Eigenschut­z der Kräfte zu sichern. Denn das sei auf den wackeligen, teils brennenden Stegen ebenfalls eine gewaltige Herausford­erung gewesen. Doch die Zusammenar­beit mit allen Beteiligte­n habe „super geklappt“.

Das sieht auch Roland Henzi so – doch nach Hause kommt er heute wohl noch nicht: „Ich kann nicht auslaufen, es bewegt mich hier drinnen noch zu sehr, die vergangene Nacht“, sagt er, klopft auf sein Herz - und wischt sich verstohlen eine Träne aus dem Auge. Die Einsatzkrä­fte sind sich einig: Wenn Roland Henzi nicht den Notruf abgesetzt hätte, wäre das Ausmaß wohl wesentlich höher.

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FOTO: FEUERWEHR KRESSBRONN Boote in Flammen: Gegen 1.30 Uhr Uhr wählte ein Yachtinhab­er den Notruf.

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