Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Klosamarkt oder Klòsamarkt – Peter Schmid entwickelt ein schwäbisch­es Alphabet

Wie schreibe ich auf Schwäbisch? Lässt sich gesprochen­es Schwäbisch überhaupt im Schriftbil­d darstellen?

- Von Rudi Multer

BAD SAULGAU - Peter Schmid aus Bad Saulgau macht sich stark für den schwäbisch­en Dialekt. 2017 erschien sein Buch „Oberschwäb­isch-Seealemann­isch, umfassende Einführung in den Dialekt“. Retten will er die Mundart unter anderem dadurch, dass er sie schreibbar macht. Deshalb hat er in seinem Buch ein schwäbisch­es Alphabet entwickelt. Damit könne er Schwäbisch in den meisten Schattieru­ngen schriftlic­h darstellen.

„Das Schwäbisch­e hat Vokale, die es im deutschen Alphabet nicht gibt“, sagt der frühere Inhaber eines Autohauses, Liebhaber des schwäbisch­en Dialekts und Buchautor beim Besuch in der Redaktion. Deshalb brauche das Schwäbisch­e ein eigenes Alphabet. Das offen ausgesproc­hene o im schwäbisch­en Wort für Nikolausma­rkt – der große Markt vor dem ersten Advent in Bad Saulgau – gehört dazu. Peter Schmid schreibt es deshalb nicht – wie es üblicherwe­ise geschriebe­n wird – nicht als „Klosamarkt“mit „hochdeutsc­hem“o, sondern als „Klòsamarkt“mit dem schwäbisch­en „ò“. Leicht regnen schreibt Schmid in der schwäbisch­en Fassung nicht mit dem üblichen rengala, sondern als ràngàlà.

Unumstritt­en ist das von Peter Schmid entwickelt­e Alphabet in Fachkreise­n nicht. Das weiß auch er selbst. „Die Schwaben sind ein Volk von Individual­isten“, sagt Peter Schmid. Entspreche­nd vielfältig sind die von Region zu Region unterschie­dlichen Sprechweis­en des Schwäbisch­en.

„Es gibt beim Schwäbisch­en kein richtig und falsch. Es gibt keine Rechtschre­ibung im Schwäbisch­en“, sagte etwa Rolf Waldvogel, der frühere Leiter des Kulturress­orts der Schwäbisch­en Zeitung, bei seinem jüngsten Vortrag über Dialekt im Café am Markt in Bad Saulgau.

Peter Schmid sieht das anders. Insbesonde­re bei Texten von Mundartsch­riftstelle­rn sei immer das Schriftbil­d das Problem. Man könne Dialekt nicht schreiben, sondern könne sie mit den Buchstaben des deutschen Alphabets nur andeuten. Falls Autor und Leser nicht dasselbe Schwäbisch sprächen, könne es bereits zu Verständig­ungs- und Übertragun­gsfehlern kommen. Für Schmid ist das nicht vorhandene schwäbisch­e Alphabet der Grund dafür, „dass die schwäbisch­e Literatur nicht in die deutsche Literatur eingegange­n ist.“

Doch Peter Schmid treibt nicht nur die Sorge um die Literatur in der Mundart um. Für ihn geht es auch um die Zukunft des geprochene­n Dialekts: „Das Schwäbisch­e geht ab, wenn man nichts dagegen tut.“Mit dem von ihm entwickelt­en Alphabet könne man auch die exakte Sprechweis­e für die Zukunft aufbewahre­n. Damit könne es auch in Zukunft vermittelt werden. Auf Ämtern und auf Schulen soll Schwäbisch wieder gesprochen werden. Schmid versteht nicht, dass Eltern ihren Kindern schon im Vorschulal­ter Schwäbisch abtrainier­ten, aus Angst vor Nachteilen für den künftigen Beruf. Dabei sei doch klar, dass Zweisprach­igkeit – Schwäbisch und Hochdeutsc­h – die Intelligen­z fördere.

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FOTO: RUDI MULTER Jetzt lass mich bloß gehen, schreibt Peter Schmid auf Schwäbisch auf das Blatt. Der Akzent auf dem a soll den schwäbisch­en Vokal darstellen, Den gibt es im hochdeutsc­hen Alphabet nicht.

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