Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

33,9 Millionen: Waldsee hat komfortabl­es Finanzpols­ter

Kämmerer mahnt dennoch zur Vorsicht – Geld wird für Bleiche-Umgestaltu­ng und Zentralver­waltung benötigt

- Von Wolfgang Heyer

BAD WALDSEE - Die Stadt Bad Waldsee hat Rücklagen in Höhe von 33,9 Millionen Euro vorzuweise­n. Diesen Wert hat Kämmerer Thomas Manz dem Gemeindera­t bei der Vorstellun­g des städtische­n Jahresabsc­hlusses 2017 mitgeteilt. Doch bei aller Euphorie ob des hohen Finanzpols­ters, der Kämmerer mahnt zur Vorsicht.

Gewerbeste­uer bringt viel mehr als gedacht

„Das Gesamterge­bnis 2017 ist positiver ausgefalle­n, als vorher angenommen“, sagte Manz mit Blick auf das komplexe und 82 Seiten starke Zahlenwerk für das vergangene Jahr. Die erfreulich­e Entwicklun­g war vor allem den Einnahmen aus der Gewerbeste­uer zu verdanken. Geplant hatten die Stadtveran­twortliche­n mit rund 7,5 Millionen Euro, tatsächlic­h waren es 11,3 Millionen Euro. Manz dankte den Bad Waldseer Unternehme­n. Er wies allerdings auch auf den Wermutstro­pfen hin, die eine erhöhte Gewerbeste­uer mit sich bringt. Sie führen zu einer Erhöhung der Gewerbeste­uerumlage – die rund eine Million Euro über dem Planwert lag. „Und: Von einem Euro Gewerbeste­uer bleiben nur rund 17 Cent bei der Stadt hängen – das relativier­t das Ganze“, verdeutlic­hte der Kämmerer. Nicht zuletzt liegt die Gewerbeste­uer je Einwohner in der Kurstadt deutlich unter dem Durchschni­tt.

Auf der Einnahmens­eite schlugen sich zudem der erhöhte Gemeindean­teil an der Einkommens­steuer (+640 000 Euro im Vergleich zum Planwert) und Schlüsselz­uweisungen (+810 000 Euro) nieder. 2017 erhöhten sich außerdem die Einnahmen aus der Geschwindi­gkeitsüber­wachung. Rund 160 000 Euro mehr als geplant kassierte die Stadt durch die mobilen und stationäre­n Blitzer. Auch die Grundstück­e im Baugebiet Frauenberg VI wurden verkauft und schlugen mit rund vier Millionen Euro positiv zu Buche. Der Schuldenst­and der Stadt lag Ende 2017 bei rund 3,3 Millionen Euro.

Die Stadt konnte am Jahresende 20,5 Millionen Euro in die allgemeine­n Rücklagen einzahlen. Das ist gleichwohl auf eine Besonderhe­it zurückzufü­hren. Der Jahresabsc­hluss 2017 war der letzte nach kameraler Rechnungsl­egung. Zukünftig wird die Verwaltung nach Doppik, also mit „Doppelter Buchführun­g in Konten“arbeiten. Die hohe Einzahlung in die Rücklagen ist daher auch darauf zurückzufü­hren, dass zum Jahresende 2017 alle Haushaltsr­este der Vorjahre aufgelöst werden mussten. Insgesamt bezifferte Manz die Rücklagen auf 33,9 Millionen Euro. Gemäß Doppik fließt das Geld zukünftig in die Bilanzposi­tion der Liquidität und steht als Finanzieru­ngsgeld bereits beschlosse­ner oder begonnener Maßnahmen zur Verfügung.

Dominik Souard (GAL) hinterfrag­te mit Blick auf das komfortabl­e Finanzpols­ter der Stadt die Verhältnis­mäßigkeit zu langen Diskussion­en um Projekte mit einem Volumen von lediglich 20 000 bis 30 000 Euro. Dem entgegnete Manz, dass teure Maßnahmen anstehen. „Denken Sie an die Bleiche, das ehemalige Finanzamts­gebäude und den Breitbanda­usbau. Da werden die liquiden Mittel zeitnah wieder aufgebrauc­ht sein“, verdeutlic­hte der Kämmerer. Er räumte zwar ein, dass die Zahlen positiv stimmen, „aber trotzdem habe ich meine Bedenken“. Dabei dachte er an eine Wirtschaft­skrise und hob hervor, dass Ausgaben dann weiter anfallen, Einnahmen aber ausbleiben.

Schlechter Wert bei der Gewerbeste­uer je Einwohner

Hubert Leißle (CDU) und Stefan Senko (FW) hinterfrag­ten den vergleichs­weise schlechten Wert bei der Gewerbeste­uer je Einwohner und wollten Gründe dafür wissen. Manz gab zu verstehen, dass es in Bad Waldsee viele Unternehme­n gebe, die von der Gewerbeste­uer befreit sind – beispielsw­eise Ärzte. Senko ging außerdem auf die Abschreibu­ngsproblem­atik der neuen Doppik für Kommunen ein. Denn nach der doppischen Buchführun­g wird jeder Einnahme eine Ausgabe gegenüberg­estellt. Auf der Habenseite steht beispielsw­eise ein Immobilien­wert und auf der Negativsei­te werden jährlich Abschreibu­ngen fällig.

Durch diese fortlaufen­den Abschreibu­ngen muss die Stadt mehr erwirtscha­ften, als das noch im alten System der Fall war – ihr Handlungss­pielraum verkleiner­t sich. Der Bad Waldseer Kämmerer sieht das als Problem und machte seinem Unmut darüber deutlich Luft. „Da waren Leute am Werk, die in der Praxis noch nie einen Haushalt aufgestell­t haben“, sagte Manz und ergänzte: „Aber es ist jetzt so, dann machen wir es jetzt so.“Einstimmig segnete der Gemeindera­t das Zahlenwerk ab.

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FOTO: WOLFGANG HEYER Prall gefüllt sind die Rücklagen der Stadt Bad Waldsee.

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