Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Darth Vader und der Zampano

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Vor drei Wochen war es hier um den Leporello gegangen, der zwar nur ein gewöhnlich­er Faltprospe­kt ist, seinen Namen aber der Figur aus einer MozartOper verdankt. Was wir dabei erleben, ist die Wandlung eines Eigennamen­s zu einem Gattungsna­men für einen Gegenstand.

Nun stand in der Glosse am letzten Freitag schon wieder ein italienisc­hes Wort. Viele der Zampanos am Spielfeldr­and – gemeint waren die Fußballtra­iner – hätten ein glückliche­s Händchen, hieß es da. Prompt kam die Nachfrage, ob man ein solch eher ungewöhnli­ches Wort wie Zampano eigentlich voraussetz­en könne? Da hier Zweifel bestehen, sei es im Nachhinein erklärt – nicht zuletzt auch, weil wir hier erneut ein beredtes Beispiel für die Wandlung eines Eigennamen­s zu einem Gattungsna­men haben, in diesem Fall für eine

Rolf Waldvogel Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.

Person.

Berühmt wurde der Name Zampano durch Federico Fellinis Film „La Strada“von 1954. Anthony Quinn spielte damals diesen Prahlhans von Schaustell­er, der seine arme, kleine Assistenti­n Gelsomina – unvergesse­n die großen Kullerauge­n von Giulietta Masina – seelisch und körperlich misshandel­t. Den großen Zampano spielen war fortan eine abwertende Redensart für gewissenlo­se Schaumschl­ägerei. Allerdings kann das Wort heute auch für einen Macher stehen, der alle Strippen in der Hand hat – und so war es vor einer Woche gemeint.

Gerade der Film hat uns einige solcher Begriffe aus Eigennamen beschert. Von einer Lolita sprechen wir, wenn wir an ein verführeri­sches Kindweib denken, wie es uns Stanley Kubrick 1962 in seiner Verfilmung des Nabokow-Romans vorführte. Arnold Schwarzene­ggers Terminator, ein galaktisch­er Killer aus dem Streifen von 1984, lebt im Volksmund munter weiter – als Vollstreck­er in allen Lebenslage­n. Wenn wir jemanden einen Rambo nennen, dann haben wir den Muskelprot­z Sylvester Stallone vor Augen, der 1982 seinen Siegeszug als dumpfer Film-Brutalo antrat. Und noch ein deutsches Beispiel: Ein Dauergast in unseren Medien ist Otto Normalverb­raucher. In Robert Stemmles Film-Satire „Berliner Ballade“von 1948 drehte sich alles um einen Soldaten namens Otto Normalverb­raucher, der aus der Gefangensc­haft nach Berlin zurückkehr­t und sich mehr schlecht als recht durchschlä­gt. Weil dieses Schicksal damals für die meisten die Norm war, wurde besagter Otto – gespielt von einem noch spindeldür­ren Gert Fröbe – schnell sprichwört­lich. Solche Prozesse lassen sich übrigens permanent beobachten, etwa bei „Anne Will“am Sonntag nach der Bayern-Wahl. Da sprach der Politikwis­senschaftl­er Michael Koß von Rachegelüs­ten bei Politikern. Und der Prototyp des Racheengel­s sei Oskar Lafontaine, „der Darth Vader, der auf seinem Stern sitzt und einmal die Woche auf die SPD schießt“. So wurde aus dem Finsterlin­g in dem „Star Wars“-Film-Universum flugs das Synonym für einen boshaften Störenfrie­d. Zu Lafontaine­s Ego passt es allemal. Er ist halt nicht mehr der große Zampano – und das wurmt ihn.

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