Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Rom muss einlenken
Rom hat den Fehdehandschuh geworfen: Die italienische Regierung hält an der höheren Neuverschuldung fest. Sie fiele mit dem von Rom geplanten Defizit von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung dreimal so hoch aus wie von der Vorgängerregierung geplant und von Brüssel genehmigt. Der politische Streit ist die eine, die Reaktion der Märkte die andere Seite des Problems, das die EU grundlegend verändern könnte.
Die Investoren, also die Anleger, die italienische Staatsanleihen kaufen und Italien auf diese Weise Geld leihen, beobachten das Verhalten der populistischen Regierung Italiens genau – und haben reagiert: Die Renditen für die Anleihen stiegen von 1,78 Prozent im April auf aktuell 3,396 Prozent. Das bedeutet, die Regierung in Italien muss Anlegern höhere Zinsen bieten, damit die die Anleihen überhaupt kaufen. Das bedeutet wiederum, dass die immensen Schulden – im vergangenen Jahr erreichten die Außenstände 2,28 Billionen Euro oder 135 Prozent der Wirtschaftsleistung – für Italien immer teurer werden: Denn jedes Jahr muss das Land einen dreistelligen Milliardenbetrag refinanzieren. Eine Schuldenspirale, die sich immer schneller drehen und die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ruinieren könnte.
Bei einer Pleite Italiens gibt es keinen Rettungsfonds, der groß genug wäre, um das Land zu retten, wie das die EU im Falle Griechenlands getan hat. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass sich die Bereitschaft, einer Krawallregierung wie der aktuell in Rom agierenden zu helfen, in Europa wohl in Grenzen halten würde. Auch die EZB, die mit ihrer Niedrigzinspolitik in der Vergangenheit den Staaten in der Schuldenkrise Luft verschafft hat, wäre machtlos: Sie kann die Zinsen nicht weiter senken.
Die Krise kann also nur in Brüssel und Rom gelöst werden: Die italienische Regierung muss von ihrem riskanten Haushaltsentwurf abrücken. Und die EU muss konsequent, aber auch mit Fingerspitzengefühl agieren: Denn die Pleite Roms und damit das Ausscheiden des Gründungsmitglieds der EU aus der Gemeinschaft wäre das Ende derselben.