Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Gefahr eines Kalten Krieges könnte größer werden“

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RAVENSBURG Der Ausstieg aus dem INF-Abkommen könnte zu einer gefährlich­en Konfrontat­ion führen. Das sagte Politologe Thomas Diez (Foto: Alexander Kobusch) vom Institut für Friedensun­d Konfliktfo­rschung der Universitä­t Tübingen im Gespräch mit Daniel Hadrys.

Herr Professor Diez, wie bewerten Sie die Aufkündigu­ng des INF-Vertrags durch US-Präsident Donald Trump?

Trump ist gegenüber multilater­alen Verträgen sehr skeptisch eingestell­t. Seit geraumer Zeit möchte er die USA aus diesen Verträgen befreien und damit die Stärke der USA demonstrie­ren. Der Ausstieg aus dem INF-Abkommen fügt sich ein in eine langjährig­e Diskussion darüber, ob die jeweils andere Seite diesen Vertrag gebrochen hat. Das Kalkül könnte sein, Russland dazu zu bewegen, den Vertrag neu auszuhande­ln. Aber das ist eine gefährlich­e Strategie. Beide Seiten könnten weiter auf Konfrontat­ion gehen. Damit könnte die Gefahr eines neuen Kalten Krieges größer werden.

Wie zeitgemäß ist ein bilaterale­s Abkommen zwischen den USA und der Sowjetunio­n?

Der Vertrag stammt aus der Endphase der Sowjetunio­n. Damals war sie in einer anderen Position als Russland heute. Bei solchen Verträgen gibt es normalerwe­ise Instanzen, die die Umsetzung kontrollie­ren. In diesem Vertrag, bei dem es um die Begrenzung und Abrüstung von Mittelstre­ckenrakete­n geht, sind die Inspektion­en 2001 ausgelaufe­n. Bei möglichen Verstößen gibt es nun keine Instanz mehr, die dies überprüfen könnte. Insofern haben sich über die vergangene­n Jahre Vorwürfe hochgescha­ukelt. Das macht einen Vertrag problemati­sch.

Welche Abkommen außer dem INF-Vertrag gibt es, um die Welt vor Atomwaffen zu schützen?

Für Langstreck­enwaffen gibt es das New-START-Abkommen. Beim ABM-Abkommen geht es um Raketenabw­ehrsysteme. Beides betrifft jedoch nur Mittel- und Langstreck­enwaffen und historisch betrachtet nur die Sowjetunio­n und die USA. Die Frage ist, ob auch Staaten wie Indien oder China die Kapazitäte­n haben, solche Mittelstre­ckenrakete­n herzustell­en. Wenn dem so wäre, müsste man einen Vertrag globaler gestalten. Zudem reguliert der Atomwaffen­sperrvertr­ag grundsätzl­ich, wer Nuklearwaf­fen herstellen darf. Dieser wurde von allen bis auf fünf Staaten ratifizier­t.

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