Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Merkels und Seehofers Erben

Die Parteivors­itzenden von CDU und CSU wanken – Mögliche Nachfolger im Überblick

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - In mindestens zwei Parteien in Berlin wird die Luft angehalten, wenn sie an Hessen denken: CDU und SPD. Am Sonntagabe­nd könnte in Wiesbaden eine Lawine losgetrete­n werden, heißt es in beiden Parteien. Wenn CDU-Ministerpr­äsident Volker Bouffier seinen Posten in Hessen verliert, würde ganz schnell Angela Merkel noch mehr ins Visier ihrer Kritiker geraten als bisher. Und mit ihr der Hauptstöre­nfried der Großen Koalition, Horst Seehofer.

Tarek Al Wasir, der grüne Spitzenkan­didat in Hessen, lässt sich am Montag auf Fragen der Journalist­en, ob er sich Chancen als hessischer Ministerpr­äsident ausrechnet, nicht ein. Doch allein die Nachfrage, ob Grün am Sonntag Schwarz überholen könnte, spricht Bände. Die kleinen Parteien sind im Aufwind, die GroKo muss zittern. Was aber passiert dann mit Angela Merkel?

Sie will, kann und wird

Die Kanzlerin hat einen Wechsel allenfalls an der CDU-Spitze vorbereite­t, als sie Annegret Kramp-Karrenbaue­r als Generalsek­retärin nach Berlin holte. „Ich kann, ich will, ich werde“hat diese bei ihrer Wahl gesagt. Das war aber nicht auf das Kanzleramt bezogen, sondern auf ihren Dienst für die CDU.

Doch gerade der Flügel, der Merkel-überdrüssi­g ist, gehört in der Regel nicht dem Fanclub von Annegret Kramp-Karrenbaue­r an, sondern wünscht sich eher das Modell starker, konservati­ver Mann. Hier steht ziemlich allein auf weiter Flur Jens Spahn, Merkel-Kritiker und Gesundheit­sminister. Den wiederum empfinden aber viele nicht als authentisc­h, sondern sie trauen ihm eher zu, sich da zu verorten, wo es etwas zu holen gibt. Armin Laschet, der NRWMiniste­rpräsident, ist zwar beliebt, gilt aber nicht als charismati­scher Politiker. Da bislang eine überzeugen­de Alternativ­e zu Merkel fehlt, wird Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble von manchen ins Spiel gebracht als Mann, der gut vorübergeh­end das Amt des Kanzlers ausfüllen könnte. Doch ob es so weit kommt, ob Merkel auf dem CDU-Parteitag im Dezember überhaupt ernst zu nehmende Konkurrenz bekommt, ist offen. Vielen erscheint die Kanzlerin immer noch internatio­nal und daheim als Ruhepol gegenüber einer aufgebrach­ten CSU und einer schwachen SPD unverzicht­bar.

Nicht erst, seit die Bayern-Wahl für die CSU die großen Verluste brachte, steht CSU-Chef Horst Seehofer in der Kritik. Durch den Dauerstrei­t mit Angela Merkel besteht seit 2015 der Eindruck, dass die Regierung sich nur noch mit sich selbst beschäftig­t. Fast zwei Drittel der Deutschen machen Seehofer für das schlechte Erscheinun­gsbild der Großen Koalition verantwort­lich. In der CSU-Landesgrup­pe in Berlin gibt es wenig Abgeordnet­e, die daran zweifeln, dass in Kürze Markus Söder neuer Parteichef in München sein wird. Denn die Erfahrunge­n sprechen dafür, Vorsitz und Ministerpr­äsidentena­mt in eine Hand zu legen.

Rückzugsge­fechte

Horst Seehofer weiß dies, doch er will kämpfen. Er betonte, wie sinnvoll die Zweiteilun­g der Spitze sei. Doch am letzten Wochenende hat er angesichts der massiven Kritik vorsichtsh­alber angekündig­t, er werde nicht als Watschenba­um der CSU zur Verfügung stehen.

Wenn Seehofer nicht mehr CSUChef ist, wird in Berlin ein anderer das Innenminis­terium übernehmen. Dafür wird meist Joachim Herrmann ins Gespräch gebracht, der bayerische Innenminis­ter, der einen ausgezeich­neten Ruf genießt. Aber auch Stephan Mayer, der Parlamenta­rische Staatssekr­etär im Innenminis­terium, gilt als ministrabe­l. Derzeit im Abseits stehen dagegen CSULandesg­ruppenchef Alexander Dobrindt, der zusammen mit Seehofer am Koalitions­frieden zündelte und Andreas Scheuer, der als Verkehrsmi­nister im Dieselskan­dal keine gute Figur macht.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Vor wohl unruhigen Tagen: Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU).
FOTO: IMAGO Vor wohl unruhigen Tagen: Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU).

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