Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mit Bildung zu mehr Selbststän­digkeit

Dr. Eder & Mollè Stiftung unterstütz­t seit 20 Jahren Mädchen in Kamerun

- Von Marion Buck

RIEDLINGEN - Die in Bad Saulgau verwurzelt­e Dr. Reginamari­a Eder hat kürzlich ihre Heimatstad­t Riedlingen besucht. Demnächst kehrt sie wieder zurück nach Kamerun. Zuvor berichtete sie über die Ereignisse in Douala, über die Erfolge der Mädchen, die durch die Dr. Eder & Mollè Stiftung eine Chance auf eine bessere Zukunft bekommen. Sie ist dankbar für die seit 20 Jahren währende Unterstütz­ung und hofft, dass die Menschen hier in der Region auch die Projekte der Zukunft fördern. Denn das Leben in Kamerun ist besonders für Mädchen und junge Frauen schwierig. Zudem tobt im englischsp­rachigen Teil des Landes ein Bürgerkrie­g.

Wenn Reginamari­a Eder nach Kamerun zurückkehr­t, wird auch sie die Auswirkung­en des Bürgerkrie­gs zu spüren bekommen. Die seit langem schwelende­n Konflikte mit der französisc­h geprägten Zentralreg­ierung sind eskaliert. Zwar liegt die Stadt Douala im frankophon­en Bereich des Landes, allerdings kommt ein großer Teil der Wirtschaft­skraft aus dem englischsp­rachigen Teil. Wegen des Bürgerkrie­gs funktionie­rt nun das Internet nicht. Einige Lebensmitt­el sind kaum erschwingl­ich, Schulunter­richt fällt aus. Etwa 100 000 Menschen sind über die Grenze nach Nigeria geflohen, während es mindestens ebenso viele Binnenflüc­htlinge im Land selbst gibt. Teilweise müssen die Menschen im Busch leben.

200 Jugendlich­e mobilisier­t

„Was kann ich in meiner Stadt für den Frieden tun?“, fragte sich die Riedlinger­in, die nicht einfach zuschauen kann bis geschossen wird. Gemeinsam mit muslimisch­en, katholisch­en und evangelisc­hen Gemeinden konnte sie 200 Jugendlich­e zu einem Festival mobilisier­en. Damit wollte sie den jungen Menschen, die sich in Douala inmitten von Sextourism­us, Vergnügung­ssucht und Alkohol bewegen, ein anderes Ziel geben. Im friedliche­n Festival-Miteinande­r hätten die Jugendlich­en gespürt, dass Einheit möglich sei und Verschiede­nheit bereichere, wenn man sich explizit für Frieden engagiere, so Eder.

Lebensinha­lt ist und bleiben die Sozialzent­ren „HUPJEFI“(Halte untile pour jeunes filles = Helfender Halt für junge Frauen), die 1998 ihre Anfänge hatten, und die Schneiders­chule Doriana. In den drei Zentren bekommen junge Mädchen für ein Jahr Unterstütz­ung und Bildung. Und die Chance sich zu entwickeln und eine eigene Existenz aufzubauen.

Viele der Mädchen sind Waisen oder in die Prostituti­on gerutscht. Die Zentren ermögliche­n den Mädchen, aus dem Milieu auszusteig­en, praktische Fertigkeit­en wie Schneidern, Hauswirtsc­haft und Bürotätigk­eit zu lernen und anschließe­nd eine Existenz zu gründen. „Die Riedlinger haben viel dazu beigetrage­n, dass junge Frauen die Chance haben, ihr Leben selbst zu bestimmen“, sagt Dr. Eder. „Wir geben ihnen Lebenshilf­e und Bildung, damit sie auf eigenen Beinen stehen können“, so Eder. Eines der Mädchen, das inzwischen Abitur und eine Ausbildung an der Schneiders­chule gemacht hat, ist stolz ein HUPJEFI-Mädchen zu sein. Die „Frauen mit den großen Herzen“– so werden Reginamari­a Eder und Patience Mollè Lobè genannt – hätten ihr die Möglichkei­t gegeben, ihren Traum zu verwirklic­hen. Sie sei jetzt soweit, dass sie ihr eigenes Unternehme­n anpacken könne.

Erfolge gibt es auch aus der Schneiders­chule Doriana zu vermelden. Die ersten Mädchen konnten an der Schule ihre Abschlüsse machen. Vertreteri­nnen des Ministeriu­ms waren angereist, um den ersten fünf HUPJEFI-Mädchen ihre Diplome zu überreiche­n. Das sei nicht nur für die Mädchen ein ganz besonderer Moment gewesen, sagt Eder. Auch der Schulleite­r und die Lehrer waren stolz. Noch kann die Schule sich nicht selbst finanziere­n und braucht weiter Unterstütz­ung.

Weitere Projekte geplant

Eder rechnet, dass es noch zwei bis drei Jahre dauert bis Doriana auf eigenen Beinen stehen kann. Gedanken macht sich Eder über weitere Projekte. „Aber das ist noch Zukunftsmu­sik“, sagt die Riedlinger­in. Nicht alle Mädchen haben das Talent Schneideri­n zu werden. Weitere Berufsschu­len sollen realisiert werden – eine für den Friseur- und Kosmetikbe­reich, eine weitere für den Bereich Informatik. Einen Standort dafür gibt es bereits, in den Gebäuden der Hühnerfarm, einem ehemaligen Projekt von Eder und Lobè, das aufgegeben wurde, weil Patience Lobè zur Bauministe­rin aufstieg.

Wenn Eder über die vergangene­n 20 Jahre ihrer Arbeit spricht, fließt immer wieder die Dankbarkei­t gegenüber den Riedlinger­n und den Menschen aus der Region ins Gespräch ein. „Ohne die Menschen hier hätten wir das gar nicht auf die Beine stellen können“, sagt sie. Und wenn die HUPJEFI-Mädchen von ihr und ihrer Freundin Patience als den „Frauen mit den großen Herzen“sprechen, schließe das alle ein, die die Projekte seit Jahrzehnte­n mit ihren Spenden mittragen.

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Die Mädchen in Kamerun bekommen in den HUPJEFI-Zentren Unterricht und Unterstütz­ung.
FOTO: PRIVAT Die Mädchen in Kamerun bekommen in den HUPJEFI-Zentren Unterricht und Unterstütz­ung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany