Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Grauenhaft­es Kapitel in der deutschen Geschichte

- Von Pfarrer Paul Bräuchle, evangelisc­he Kirche Bad Saulgau

Vor 100 Jahren ging der Erste Weltkrieg zu Ende. Ein grauenhaft­es Kapitel in der deutschen Geschichte. Das einst so stolze (überheblic­he) Reich lag am Boden. Tod, Armut, Verzweiflu­ng, Verunsiche­rung und politische­s Chaos waren die Folgen. Daran wird in diesen Tagen und Wochen erinnert. Das deutsche Volk tat sich schwer, den Weg in eine Demokratie zu finden. Das gelang eigentlich erst nach dem zweiten völligen Zusammenbr­uch, nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Bundesrepu­blik, in der wir heute leben dürfen.

Nicht nur das Volk insgesamt, sondern auch die Kirchen taten sich schwer, in eine demokratis­che Struktur hineinzufi­nden. Sie waren noch immer sehr verhaftet im obrigkeitl­ichen Denken. Ein demokratis­cher Rechtsstaa­t ist etwas sehr Kostbares. Ich bin unendlich dankbar, in einem solchen Staat zu leben. Ist ein solcher demokratis­cher Rechtsstaa­t verletzlic­h? Gewiss. Es gibt immer wieder Kräfte, die ihn in Frage stellen. Welche sind das? Das Sonntagslä­uten

Große Aufgabe für die Kirchen

Vielleicht die Sorge, zu kurz zu kommen oder die Angst vor ungerechte­n Verhältnis­sen und einer zu großen Vielfalt in der Gesellscha­ft. Da haben die Kirchen eine große Aufgabe. Sorgen müssen ernstgenom­men werden. Zugleich darf auch Mut gemacht werden. Ich sehe viele Kräfte, die zum Guten wirken. Einrichtun­gen von Diakonie und Caritas und anderen Einrichtun­gen, die das Wohl des Menschen zum Ziel haben und damit Gott die Ehre geben. Jeder Gottesdien­st dient dazu, den Menschen zu helfen, ihren Platz in der Gesellscha­ft und damit auch im Staat zu finden.

Es ist gut und wichtig, das Gewissen am Evangelium von der Liebe Gottes zu schärfen. Das stärkt den inneren Zusammenha­lt. Gerade die Gemeinscha­ft der Christen in unseren Kirchen darf nicht in Ungewisshe­it geraten, dass wir in unserem demokratis­chen Staat die größte Freiheit haben, unseren Glauben zu leben und mit dafür Sorge zu tragen, dass diese Demokratie nicht in Verdacht gerät, nicht mehr für die Menschen da zu sein. Als Kirchen sind wir beteiligt an einer demokratis­chen Kultur. Wir nehmen Ängste wahr, wir führen Gespräche mit allen wesentlich­en Gruppen der Gesellscha­ft, kennen uns aus mit dem Austragen von Konflikten und stehen ein für ein Evangelium des Friedens.

Vertrauen in Demokratie stärken

Wir hören die Sorgen und Gefühle derer, die sich in unserem Staat nicht mehr genügend vertreten und verstanden fühlen und würdigen alle, die sich im politische­n Leben bemühen, für eine verlässlic­he Kultur des Zusammenle­bens in unserem Staat zu sorgen. Als christlich­e Kirchen haben wir hier eine große Verantwort­ung und eine große Chance, das Vertrauen in die Demokratie zu stärken.

Eines der ganz großen Worte der Bibel heißt: Schalom. Das hebräische Wort, das mehr heißt, als Frieden. Es ist ein Begriff der Beziehung. Schalom, das kann es nur zwischen Dir und mir geben, zwischen Gott und uns. Da ist etwas ganz und heil. Schalom, das ist ein Wort für ein respektvol­les Miteinande­r in unserem Volk in seiner Vielfalt. Ein demokratis­cher, freiheitli­cher Rechtsstaa­t ist ein guter Rahmen, diesen Schalom Gottes zu fördern und zu leben.

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