Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Grauenhaftes Kapitel in der deutschen Geschichte
Vor 100 Jahren ging der Erste Weltkrieg zu Ende. Ein grauenhaftes Kapitel in der deutschen Geschichte. Das einst so stolze (überhebliche) Reich lag am Boden. Tod, Armut, Verzweiflung, Verunsicherung und politisches Chaos waren die Folgen. Daran wird in diesen Tagen und Wochen erinnert. Das deutsche Volk tat sich schwer, den Weg in eine Demokratie zu finden. Das gelang eigentlich erst nach dem zweiten völligen Zusammenbruch, nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Bundesrepublik, in der wir heute leben dürfen.
Nicht nur das Volk insgesamt, sondern auch die Kirchen taten sich schwer, in eine demokratische Struktur hineinzufinden. Sie waren noch immer sehr verhaftet im obrigkeitlichen Denken. Ein demokratischer Rechtsstaat ist etwas sehr Kostbares. Ich bin unendlich dankbar, in einem solchen Staat zu leben. Ist ein solcher demokratischer Rechtsstaat verletzlich? Gewiss. Es gibt immer wieder Kräfte, die ihn in Frage stellen. Welche sind das? Das Sonntagsläuten
Große Aufgabe für die Kirchen
Vielleicht die Sorge, zu kurz zu kommen oder die Angst vor ungerechten Verhältnissen und einer zu großen Vielfalt in der Gesellschaft. Da haben die Kirchen eine große Aufgabe. Sorgen müssen ernstgenommen werden. Zugleich darf auch Mut gemacht werden. Ich sehe viele Kräfte, die zum Guten wirken. Einrichtungen von Diakonie und Caritas und anderen Einrichtungen, die das Wohl des Menschen zum Ziel haben und damit Gott die Ehre geben. Jeder Gottesdienst dient dazu, den Menschen zu helfen, ihren Platz in der Gesellschaft und damit auch im Staat zu finden.
Es ist gut und wichtig, das Gewissen am Evangelium von der Liebe Gottes zu schärfen. Das stärkt den inneren Zusammenhalt. Gerade die Gemeinschaft der Christen in unseren Kirchen darf nicht in Ungewissheit geraten, dass wir in unserem demokratischen Staat die größte Freiheit haben, unseren Glauben zu leben und mit dafür Sorge zu tragen, dass diese Demokratie nicht in Verdacht gerät, nicht mehr für die Menschen da zu sein. Als Kirchen sind wir beteiligt an einer demokratischen Kultur. Wir nehmen Ängste wahr, wir führen Gespräche mit allen wesentlichen Gruppen der Gesellschaft, kennen uns aus mit dem Austragen von Konflikten und stehen ein für ein Evangelium des Friedens.
Vertrauen in Demokratie stärken
Wir hören die Sorgen und Gefühle derer, die sich in unserem Staat nicht mehr genügend vertreten und verstanden fühlen und würdigen alle, die sich im politischen Leben bemühen, für eine verlässliche Kultur des Zusammenlebens in unserem Staat zu sorgen. Als christliche Kirchen haben wir hier eine große Verantwortung und eine große Chance, das Vertrauen in die Demokratie zu stärken.
Eines der ganz großen Worte der Bibel heißt: Schalom. Das hebräische Wort, das mehr heißt, als Frieden. Es ist ein Begriff der Beziehung. Schalom, das kann es nur zwischen Dir und mir geben, zwischen Gott und uns. Da ist etwas ganz und heil. Schalom, das ist ein Wort für ein respektvolles Miteinander in unserem Volk in seiner Vielfalt. Ein demokratischer, freiheitlicher Rechtsstaat ist ein guter Rahmen, diesen Schalom Gottes zu fördern und zu leben.