Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Raritäten aus 50 Jahren Sammelleidenschaft
Vom „Bohnenstengel“ins Stadtmuseum: Dieter Jung zeigt Sehenswertes aus den vergangenen Jahrzehnten
BAD SAULGAU - Im Bad Saulgauer Stadtmuseum ist am Freitag eine Ausstellung eröffnet worden, die bei den Besuchern ungläubiges Staunen auslöste, gefolgt von heller Begeisterung. Zu sehen sind Emailleschilder als Vorgänger heutiger Werbeplakate, diverse Apparaturen vergangener Jahrzehnte, Bilder und Mobiliar – alles aus der von Fantasie strotzenden Wohnwelt des früheren „Bohnenstengel“-Wirts Dieter Jung. Beate Rimmele, Sprecherin des Arbeitskreises Stadtmuseum, führte kurzweilig in die Ausstellung ein.
Bürgermeisterin Doris Schröter brachte es in ihrem Grußwort auf den Punkt: Keiner der vielen Stammgäste des Bohnenstengels hätte hinter dem früheren Wirt Didi Jung einen solch leidenschaftlichen Sammler vermutet, der mit seinen Objekten problemlos eine ganze Ausstellung bestücken könnte. Aufgespürt haben ihn Beate Rimmele und Frank Müller vom Arbeitskreis Stadtmuseum, die mit der Konzeption und Umsetzung der Schau die „aufwändigste und arbeitsintensivste Sonderausstellung“auf den Weg brachten, die der Arbeitskreis bisher ausrichtete.
Eigenhändig gebogene Haken
Die Umsetzung der Idee, so Beate Rimmele, war jedoch nur möglich durch die Hilfe vieler ehrenamtlicher Mitarbeiter, die teils bis zu 14 Stunden täglich im Einsatz waren. Als Tüftler für besonders diffizile Aufgaben erwiesen sich Heinz Holderried, Paul Weiß und Georg Moll, die unter anderem für die Hängung der wertvollen Emailleschilder spezielle Mechanismen konstruierten und die benötigten Haken eigenhändig bogen. Das war nötig, um mehr als 70 Emaille- und Blechschilder – allesamt originale Werbeträger aus den 1920er- und 30er-Jahren – sicher und gut sichtbar zu platzieren.
Gerd Lüdtke wiederum oblag die Transportlogistik sämtlicher Ausstellungsstücke. Darunter allerhand Gerätschaften wie ein nagelneuer Zigarrenautomat, ein Kölnisch-Wasser-Spender, der gewöhnlich in der Jung’schen Toilette hängt und ein Postkartenautomat, der Lindauer Ansichten aus den 60er-Jahren ausspuckt. Nicht zu vergessen eine beträchtliche Anzahl von Bildern, die zum großen Teil aus der Hand des Malerfreundes Walter Onderka stammen. In Jungs Wohnung hängen sie normalerweise eng gedrängt an den Wänden und zieren selbst die Decke seiner Zimmer.
Um den Ausstellungsbesuchern einen Eindruck von der Lebenswelt des früheren Kneipiers zu vermitteln, hat Grafiker Frank Müller die Zimmerfluchten per Kamera dokumentiert, die Fotos auf Originalformat vergrößert und sie geschickt in die Schau integriert. Beispielsweise blickt man, entlang eines Orientteppichs und vorbei an einer lebensgroßen Christusfigur, in die Küche und das Büro der Wohnung oberhalb des Bohnenstengels. Doch allein bei Fotos ließen es die Ausstellungsmacher nicht bewenden. Sie bauten Jungs Wohnzimmer in einer Ecke des Museums nach und staffierten sie mit Originalmöbeln aus – ebenfalls lauter Sammlerstücke. Die Wände sind mit Schildern tapeziert und wer sich in einen der Sessel setzt oder, besser noch, auf den Teppich legt, kann die Decke voll farbenprächtiger Onderka-Bilder studieren.
Gene des Vaters geerbt
Für den Ursprung seiner Sammelleidenschaft hat „Schilder-Dieter“, wie ihn seine Freunde auch nennen, gleich zwei Erklärungen parat. Schuld daran trage zum einen das Gen seines ähnlich strukturierten Vaters. Zum anderen habe er Einrichtungsgegenstände für eine gemütliche Kneipe gesucht, nachdem er beschlossen hatte, sich seinen Lebenstraum zu erfüllen und in die Gastronomie einzusteigen.
Was mit dem Erwerb eines Jugendstil-Sekretärs aus einer Haushaltsauflösung begann, nahm schnell größere Dimensionen an, sodass die Mutter zu sagen pflegte: „Bua, was hosch’d au jetzt wieder agschleppt.“Um sein Lieblingsstück, ein EmailleSchild zur Bewerbung des portugiesischen Sandeman-Portweins, nahm er sogar einen Kredit auf und pendelte zwischen Hamburg und Zürich, bis der Handel endlich unter Dach und Fach war.
Die Ausstellung „Didi Jung – Der Sammler“ist bis Sonntag, 27. Januar, im Stadtmuseum Bad Saulgau an der Schleifergasse beim Marktplatz zu sehen. Öffnungszeiten: samstags und sonntags jeweils von 14 bis 17 Uhr.