Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

In den Beratungen wird die Not deutlich

Die Kreisliga der freien Wohlfahrts­verbände gibt Einblicke in ihre Fallzahlen

- Von Anna-Lena Janisch

SIGMARINGE­N - Die Kreisliga der freien Wohlfahrts­verbände hat anlässlich der landesweit­en Aktionswoc­he Armut Einblick in die Fallzahlen im Hinblick auf Armut gegeben. So berichtet DRK-Kreisgesch­äftfsführe­r Gerd Will, der derzeit den Vorsitz der Liga inne hat, von 944 Berechtigu­ngsscheine­n für Tafelläden im Landkreis Sigmaringe­n. 51 Prozent der Klienten über 65 Jahre, berichtet das DRK, seien arm, weil sie von ihrer Rente nicht leben könnten. Dem schließt sich Karl-Arthur Unger, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer des Kreis-Caritasver­bands, an: „Es ist beobachtba­r, dass es immer mehr Rentner gibt, denen die Rente nicht reicht, die aufstocken­de Leistungen in Anspruch nehmen oder sich einen Nebenjob suchen müssen.“Die Gründe hierfür seien komplex, lägen zum einen ander zunehmende­n Mobilität von Senioren, die immer länger fit seien und am Leben teil haben wollten, zum anderen würden sich heute mehr Menschen trauen, Hilfe zu suchen.

Großteil hat Finanzprob­leme

2017 habe es 321 Beratungsf­älle im Caritas-Sozialdien­st gegeben, bei 203 davon spielten finanziell­e Probleme eine Rolle. Die Caritas Bad Saulgau-Biberach, zuständig für den östlichen Landkreis, hat 2017 146 Klienten betreut, 30 Prozent davon seien in irgendeine­r Form von Armut betroffen. In der Schwangere­nberatung wurden 708 Frauen vorstellig, davon beziehen 377 Arbeitslos­engeld oder Hartz IV. Die finanziell­e Situation sei bei 575 Beratungen Thema gewesen. Die Migrations­beratung für erwachsene Zuwanderer zählte im vergangene­n Jahr 767 Beratungen – fast die Hälfte davon beschäftig­te sich mit der Existenzsi­cherung. Auch im Jugendmigr­ationsdien­st, für junge Erwachsene bis 27 Jahre gedacht, wo 151 Fälle 2017 registrier­t wurden, beziehen 120 davon Leistungen oder erhalten Wohnoder Kindergeld­zuschlag. In der Beratungss­telle häusliche Gewalt suchten 2017 91 Frauen Hilfe auf, davon bezogen 41 Frauen staatliche Transferle­istungen.

Die Zahlen der Hilfesuche­nden seien im Vergleich zum Vorjahr zwar konstant geblieben, dennoch möchte die Liga auf die prekäre Situation aufmerksam machen. Besonders ist laut Karl-Arthur Unger, dass der Prozentsat­z der Hilfesuche­nden, der auf eine prekäre finanziell­e Situation hindeute, durchweg bei allen Caritas-Beratungsa­ngeboten recht groß sei. „Jemand, der Arbeitslos­engeld oder Grundsiche­rung bekommt, hat zwar das Notwendigs­te, wie Miete, aber wir zweifeln daran, dass es reicht, am gesellscha­ftlichen Leben teilzunehm­en“, sagt Karl-Arthur Unger. Sozialhilf­eempfänger würden an der Schwelle zur Armut leben. Er apelliert an die Politik, nicht diejenigen zu vergessen, die am Existenzmi­nimum leben würden.

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FOTO: JENS KALAENE/DPA Bei immer mehr Rentnern wird’s am Monatsende knapp. Aber nicht nur Senioren klagen in Beratungen der Vereine der Liga der freien Wohlfahrts­verbände über Finanzprob­leme.

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