Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Rechts zu überholen wäre wenig erfolgreich“
Wohin steuert die CDU? Andreas Herholz hat darüber mit Parteienforscher Karl-Rudolf Korte gesprochen.
Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz oder Jens Spahn – wer hat die besten Aussichten auf den CDU-Vorsitz?
Bei der CDU greift eine Sehnsucht nach starker Führung um sich. Die gilt es zu befriedigen. Das wird bei der Entscheidung eine zentrale Rolle spielen. Es geht weniger um eine inhaltliche Neuausrichtung. Der erklärungsarme pragmatische Führungsstil von Frau Merkel ist offenbar an ein Ende gekommen. Der Stil des Moderierens hat sich überlebt. Das ist in den letzten Tagen in der CDU klargeworden. Die Aussicht nach Veränderung weckt Euphorie und hat viel Bewegung ausgelöst.
Heißt das, Friedrich Merz hat die besten Chancen?
Nein, das ist noch nicht ausgemacht. Die Entscheidung treffen am Ende die 1001 Delegierten. Generalsekretärin Annegret KrampKarrenbauer ist diejenige, die die Partei am intensivsten kennt. Niemand hat bei den CDU-Mitgliedern so viele Fans wie Frau KrampKarrenbauer. Sie arbeitet an einem neuen Grundsatzprogramm. Bei ihrer Wahl zur Generalsekretärin hat sie 98,8 Prozent der Delegiertenstimmen erhalten. Das ist nicht vergleichbar mit Friedrich Merz und Jens Spahn, die eher von außen kommen.
Wird sich Angela Merkel bis 2021 im Kanzleramt halten können?
Nein. Ich rechne nicht mit einem vorzeitigen Ende ihrer Kanzlerschaft. Eine kluge strategische Arbeitsteilung wie sie selbst vorgeschlagen hat, kann dazu führen, dass sie durch Abgabe eines Teils ihrer Macht auch Macht behalten kann. Sie ist als Kanzlerpräsidentin mit sehr vielen verschiedenen Konstellationen immer zurechtgekommen. Warum sollte sie sich nicht auch mit vermeintlichen Widersachern wie Friedrich Merz oder Jens Spahn arrangieren?
Sollten die Christdemokraten jetzt nach rechts steuern?
Nein, was die CDU vermeintlich rechts gewinnen könnte, würde sie in der progressiven Mitte wieder verlieren. Das wäre bestenfalls ein Nullsummenspiel. Es geht darum, Antworten auf die Herausforderungen der Globalisierung und Digitalisierung zu entwickeln, ebenso wie Fragen nach Identität und Sicherheit, die bei einer traditionsbezogenen Moderne konservativ auszuformulieren sind. Der Versuch, jetzt rechts zu überholen, wäre wenig erfolgreich. Dann würde ein nicht geringer Teil der Wählerschaft verloren gehen.