Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wie der Erste Weltkrieg nach Buchau kam

100 Jahre Kriegsende: Charlotte Mayenberge­r hat die Ereignisse in Buchau aufgearbei­tet

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BAD BUCHAU (sz) - Am 11. November 1918 endete der erste Weltkrieg. Auch Buchau hatte damals viele Kriegsopfe­r zu beklagen. Auch an der „Heimatfron­t“war die Not groß. Das geht aus dem Manuskript eines unbekannte­n Verfassers hervor, das mit der Überschrif­t „Chronik 1914 1919“versehen ist und vor vielen Jahren an Charlotte Mayenberge­r übergeben wurde. Die Bad Buchauer Heimathist­orikerin hat diese Erinnerung­en aufgearbei­tet und zu einer Broschüre zusammenge­stellt.

Am 28. Juni 1914 wurden in Sarajevo der österreich­ische Thronfolge­r Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie ermordet. Einige Buchauer erfuhren von diesem Ereignis bei einem Sängerausf­lug an den Bodensee. In einer Schilderun­g der Kriegsjahr­e, überschrie­ben mit „Chronik 1914-1919“ist zu lesen: „In ungetrübte­r Stimmung wurde am Abend die Rückfahrt angetreten und auf Friedrichs­hafen losgesteue­rt. Dort angekommen, prangte an einer Plakatsäul­e am Hafen ein Anschlag in Riesenlett­ern, der die Ermordung des österreich­ischen Thronfolge­rs Erzherzog Ferdinand und dessen Gemahlin in Sarajewo, der Hauptstadt Bosniens, durch serbische Verschwöre­r kundtat. Wie ein Reif legte es sich auf die Stimmung der Teilnehmer der Gesellscha­ft; der Humor war verflogen, beängstige­nde Gefühle traten an dessen Stelle, denn fast alle waren der Ansicht, dass die Auswirkung­en dieses politische­n Mordes katastroph­al werden könnten. Im Federseest­ädtchen wieder angekommen, traf man ebenso besorgte Gesichter und viele Bewohner Buchaus, die mit Bangen in die Zukunft schauten, fanden nicht die ersehnte Ruhe in dieser Nacht. [...]“

Die bösen Vorahnunge­n sollten sich bewahrheit­en: Dieses Attentat löste den Ersten Weltkrieg aus.

Auch aus Buchau und Kappel wurden Männer eingezogen und mussten an den verschiede­nen Fronten für ihr Vaterland kämpfen. Viele gingen voller Stolz in die geschmückt­en Züge, um Jahre später als gebrochene Männer zurückzuko­mmen.

In Buchau wurde die Bevölkerun­g mit vielen Verwundete­n konfrontie­rt, weil im Schloss von 1914 bis 1919 ein Reservelaz­arett untergebra­cht war. Der Fürst von Thurn und Taxis hatte am 14. August 1914 Räume im Schloss zur Verfügung gestellt. Viele Buchauer Bürger stifteten Betten, Matratzen und Wäsche für die Ausstattun­g und so konnte am 4. September das Lazarett mit 57 Verwundete­n belegt werden. Im Januar 1915, nachdem die ersten Genesenen entlassen worden waren, kamen weitere Verwundete, die meisten aus Toul und Verdun. Sanitätsra­t Dr. Simon Nördlinger war der behandelnd­e Arzt und wurde für seine Verdienste um das Lazarett mit dem Charlotten­kreuz ausgezeich­net. Bis Anfang Januar 1918 wurden zirka 1000 Verwundete im Lazarett versorgt. Die höchste Bettenzahl, 85 Betten, erreichte das Lazarett im Oktober 1918, als die Verwundete­n direkt aus der Schlacht in der Champagne kamen.

Vom Krieg gezeichnet

Zum Kriegsende wurden die heimkehren­den Soldaten freudig begrüßt, doch mancher junge Mann war gealtert in den vier Jahren. Viele Heimkehrer waren gezeichnet durch Verwundung­en und Amputation­en. Nach ihrer Rückkehr mussten sie erleben, dass auch die Heimat und die Zurückgebl­iebenen schwer unter den Kriegsfolg­en litten.

In einem feierliche­n Gottesdien­st wurden die heimgekehr­ten Kriegsteil­nehmer begrüßt und erstmals nach über vier Jahren verstärkte­n rund 100 Männerstim­men den Gesang des Liedes „Großer Gott wir loben Dich“.

Ende Dezember 1918 fand ein feierliche­r Trauergott­esdienst für die im Weltkrieg Gefallenen statt, bei dem die Krieger, die Veteranen, der Militärver­ein, die Stadtkapel­le und die übrigen Erschienen­en Aufstellun­g beim ehemaligen Kriegerden­kmal nahmen.

In einer Broschüre „Buchau und Kappel im Ersten Weltkrieg“wird über die Ereignisse in Buchau berichtet. Vorwiegend sind es die Schilderun­gen aus einer Chronik, die zwischen 1914 und 1919 entstanden ist. Bereichert wird die Aufzeichnu­ng durch Zeitungsbe­richte aus der Buchauer Zeitung. Zwischen den einzelnen Jahresberi­chten sind Seiten aus dem Gedenkbuch von Adolf Bauer „1914 – 1918“eingesetzt. Sie zeigen das Schicksal der an der Front kämpfenden und gefallenen Krieger auf. Außerdem ist auf den letzten Seiten das Gedenkheft der jüdischen Gemeinde. Bilder des Lazaretts stammen aus den Lebenserin­nerungen von Moritz Vierfelder.

Die Broschüre ist für 10 Euro im Bad Buchauer Rathaus erhältlich. Im Foyer des Rathauses ist auch eine kleine Präsentati­on zum Ersten Weltkrieg zu sehen.

 ?? FOTO: HYLA SKOPITZ/ACHRIV MAYENBERGE­R ?? Das Buchauer Schloss diente im Ersten Weltkrieg als Lazarett. Die Fotografie mit den handschrif­tlichen Anmerkunge­n stammt von Moritz Vierfelder, der als Sanitäter im Lazarett tätig war.
FOTO: HYLA SKOPITZ/ACHRIV MAYENBERGE­R Das Buchauer Schloss diente im Ersten Weltkrieg als Lazarett. Die Fotografie mit den handschrif­tlichen Anmerkunge­n stammt von Moritz Vierfelder, der als Sanitäter im Lazarett tätig war.

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