Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Dorauszunft läutet die Fasnet ein
Oberbüttel verordnet SWR-Moderatorin Anina Wenderoth Schwäbischkurs.
BAD SAULGAU - Mit Prominenz aus Lokalpolitik, Vertretern von Kirchen und Vereinen sowie Fasnetsnarren in leitender Funktion hat die Dorauszunft Bad Saulgau die fünfte Jahreszeit schwungvoll-heiter eröffnet. Als Zaungast war die SWR-Moderatorin Anina Wenderoth aus Stuttgart geladen, die künftig landesweit über Fasnetsbräuche und Umzüge berichtet.
Traditionell nahmen die QuasiBüttenredner Vorkommnisse aus Stadt und Landkreis auf die Schippe und dies mittels meist kunstvoller Reime. In Bad Saulgau wird die Fasnet im wahrsten Sinne des Wortes eingeläutet, und zwar mit der Schelle des Oberbüttels. Die schwang Dirk Riegger denn auch unüberhörbar, als er die zahlreich erschienen Zunftgäste begrüßte. Sein Augenmerk lag diesmal auf der Restmülltonne, zu der auch der Landkreis Sigmaringen trotz mancher – seiner Ansicht nach viel zu lascher – Proteste verknackt wurde. Dass Bad Saulgau beim Stadtradel-Wettbewerb kilometermäßig hinter Mengen landete, stieß ihm ebenfalls sauer auf. Hatte man doch extra das städtische Dienstfahrzeug aller vier Räder beraubt und vor dem Rathaus aufgebockt, um die Bürger an den Verzicht aufs Auto zu erinnern. Rieggers einziger Trost: Man hatte die Kreisstadt Sigmaringen auf Platz drei verwiesen.
Als eingeborener Schwabe war ihm auch die Empfehlung, in den Grundschulen künftig Schriftdeutsch statt Dialekt zu sprechen, ein Dorn im Auge. Als willkommenes Opfer im Kampf gegen die Hochsprache erschien ihm die SWR-Moderatorin Anina Wenderoth, der er gleich mal einen Schwäbischkurs verordnete, damit sie bei ihrer Berichterstattung über die schwäbische Fasnet keinen Dolmetscher benötige. Was er nicht wusste: Die künftige Kollegin von Sonja Schrecklein-Faber hat ebenfalls schwäbische Wurzeln und ist des Dialekts hervorragend mächtig – allerdings mit „Schtuagerter“-Zungenschlag.
Zunftmeister Raphael Osmakowski-Miller schlug zu Beginn seiner Begrüßung besinnliche Töne an, indem er an das Ende des Ersten Weltkriegs erinnerte und eine Gedenkminute für die verstorbenen Zunfträte Egon Leeuw und „Haggie“Haggenmiller erbat. Dann wurde er wieder seinem Ruf als schlagfertiger Witzerzähler und Freund von Musik und Gesang gerecht. Die Begleitung einiger Leib-und Magenlieder der Dorauszunft übernahmen Carolin und Maren auf ihren Saxophonen sowie der in großer Besetzung angetretene Jugendspielmannszug. Das Dankeschön des Zunftmeisters galt den vielen ehrenamtlichen Helfern der Zunft sowie ihren finanziellen Förderern, allen voran der Stadt. Denn sie wird im Buchauer Amtshaus sämtliche 35 Fenster durch zeitgemäße Modelle ersetzen.
In Vertretung von Landrätin Stefanie Bürkle war der erste Landesbeamte Rolf Vögtle gekommen. Nachdem die Themen Biomüll und Stadtradeln bereits ausführlich von Dirk Riegger aufs Korn genommen wurden, beschränkte er sich auf Sonnyboy Daniel Lott, der sein Gastspiel bei der Fernsehshow „Die Bachelorette“als Zweiter beendete. Vögtles Trost an den Verlierer: „Daniel, brauscht it traurig sein, die beschte Mädla gibt‘s eh en Sulga daheim.“Und Raphael Osmakowski-Miller schmierte er eine gehörige Portion Brei ums Maul mit der Feststellung, er sei der schönste Zunftmeister dieser Welt.
Angesichts solcher Komplimente warnte Bürgermeisterin Doris Schröter, sie käme weniger charmant daher. So empfahl sie den „pfundigen“Bütteln ein Fitnessprogramm. Doch mit der angedachten Trampolinhalle werde es wohl nichts, denn Trampoline hätten gewöhnlich eine Tonnage-Beschränkung. Leider seien die „Wonneproppen“mangels Bewegungsdrangs auch nicht als Guide im Naturlehrpfand einsetzbar, geschweige denn im Waldkindergarten, denn sonst schaffe man einen „Wackelwald“. Bezüglich des 1200jährigen Stadtjubiläums hatte sie auch schon Ideen. So könnten die Zunftler 1200 Luftballone steigen lassen: „Viel heiße Luft, also des kriaget dia na.“Passend dazu könnte man eine Schätzwette ausloben: „Wie viele Ballone lassen den Zunftmeister schweben nach oben?“Wie das aussehen könnte, hatte sie auf einem Poster dokumentiert.
Den Reigen der Redner beendete der Mengener Zunftmeister Michael Vogel, der anbot, er könne im Notfall auch in Bad Saulgau den Posten des Zunftmeisters übernehmen. Allerdings werde er nie Osmakowski-Millers sattsam bekannten „Scheufele und Eisele“Witz vom Stapel lassen. Den hatte es nämlich soeben extra für die SWR-Moderatorin gegeben. Einen letzten Vorgeschmack auf die kommende Fasnet vermittelten Helene Straub und Barbara Schneider als „ Lena ond Babett“, die singenderweise ihre barocken Formen ebenso wie die schmarotzende Verwandtschaft auf die Schippe nahmen.