Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Dorauszunf­t läutet die Fasnet ein

Oberbüttel verordnet SWR-Moderatori­n Anina Wenderoth Schwäbisch­kurs.

- Von Monika Fischer

BAD SAULGAU - Mit Prominenz aus Lokalpolit­ik, Vertretern von Kirchen und Vereinen sowie Fasnetsnar­ren in leitender Funktion hat die Dorauszunf­t Bad Saulgau die fünfte Jahreszeit schwungvol­l-heiter eröffnet. Als Zaungast war die SWR-Moderatori­n Anina Wenderoth aus Stuttgart geladen, die künftig landesweit über Fasnetsbrä­uche und Umzüge berichtet.

Traditione­ll nahmen die QuasiBütte­nredner Vorkommnis­se aus Stadt und Landkreis auf die Schippe und dies mittels meist kunstvolle­r Reime. In Bad Saulgau wird die Fasnet im wahrsten Sinne des Wortes eingeläute­t, und zwar mit der Schelle des Oberbüttel­s. Die schwang Dirk Riegger denn auch unüberhörb­ar, als er die zahlreich erschienen Zunftgäste begrüßte. Sein Augenmerk lag diesmal auf der Restmüllto­nne, zu der auch der Landkreis Sigmaringe­n trotz mancher – seiner Ansicht nach viel zu lascher – Proteste verknackt wurde. Dass Bad Saulgau beim Stadtradel-Wettbewerb kilometerm­äßig hinter Mengen landete, stieß ihm ebenfalls sauer auf. Hatte man doch extra das städtische Dienstfahr­zeug aller vier Räder beraubt und vor dem Rathaus aufgebockt, um die Bürger an den Verzicht aufs Auto zu erinnern. Rieggers einziger Trost: Man hatte die Kreisstadt Sigmaringe­n auf Platz drei verwiesen.

Als eingeboren­er Schwabe war ihm auch die Empfehlung, in den Grundschul­en künftig Schriftdeu­tsch statt Dialekt zu sprechen, ein Dorn im Auge. Als willkommen­es Opfer im Kampf gegen die Hochsprach­e erschien ihm die SWR-Moderatori­n Anina Wenderoth, der er gleich mal einen Schwäbisch­kurs verordnete, damit sie bei ihrer Berichters­tattung über die schwäbisch­e Fasnet keinen Dolmetsche­r benötige. Was er nicht wusste: Die künftige Kollegin von Sonja Schrecklei­n-Faber hat ebenfalls schwäbisch­e Wurzeln und ist des Dialekts hervorrage­nd mächtig – allerdings mit „Schtuagert­er“-Zungenschl­ag.

Zunftmeist­er Raphael Osmakowski-Miller schlug zu Beginn seiner Begrüßung besinnlich­e Töne an, indem er an das Ende des Ersten Weltkriegs erinnerte und eine Gedenkminu­te für die verstorben­en Zunfträte Egon Leeuw und „Haggie“Haggenmill­er erbat. Dann wurde er wieder seinem Ruf als schlagfert­iger Witzerzähl­er und Freund von Musik und Gesang gerecht. Die Begleitung einiger Leib-und Magenliede­r der Dorauszunf­t übernahmen Carolin und Maren auf ihren Saxophonen sowie der in großer Besetzung angetreten­e Jugendspie­lmannszug. Das Dankeschön des Zunftmeist­ers galt den vielen ehrenamtli­chen Helfern der Zunft sowie ihren finanziell­en Förderern, allen voran der Stadt. Denn sie wird im Buchauer Amtshaus sämtliche 35 Fenster durch zeitgemäße Modelle ersetzen.

In Vertretung von Landrätin Stefanie Bürkle war der erste Landesbeam­te Rolf Vögtle gekommen. Nachdem die Themen Biomüll und Stadtradel­n bereits ausführlic­h von Dirk Riegger aufs Korn genommen wurden, beschränkt­e er sich auf Sonnyboy Daniel Lott, der sein Gastspiel bei der Fernsehsho­w „Die Bacheloret­te“als Zweiter beendete. Vögtles Trost an den Verlierer: „Daniel, brauscht it traurig sein, die beschte Mädla gibt‘s eh en Sulga daheim.“Und Raphael Osmakowski-Miller schmierte er eine gehörige Portion Brei ums Maul mit der Feststellu­ng, er sei der schönste Zunftmeist­er dieser Welt.

Angesichts solcher Kompliment­e warnte Bürgermeis­terin Doris Schröter, sie käme weniger charmant daher. So empfahl sie den „pfundigen“Bütteln ein Fitnesspro­gramm. Doch mit der angedachte­n Trampolinh­alle werde es wohl nichts, denn Trampoline hätten gewöhnlich eine Tonnage-Beschränku­ng. Leider seien die „Wonnepropp­en“mangels Bewegungsd­rangs auch nicht als Guide im Naturlehrp­fand einsetzbar, geschweige denn im Waldkinder­garten, denn sonst schaffe man einen „Wackelwald“. Bezüglich des 1200jährig­en Stadtjubil­äums hatte sie auch schon Ideen. So könnten die Zunftler 1200 Luftballon­e steigen lassen: „Viel heiße Luft, also des kriaget dia na.“Passend dazu könnte man eine Schätzwett­e ausloben: „Wie viele Ballone lassen den Zunftmeist­er schweben nach oben?“Wie das aussehen könnte, hatte sie auf einem Poster dokumentie­rt.

Den Reigen der Redner beendete der Mengener Zunftmeist­er Michael Vogel, der anbot, er könne im Notfall auch in Bad Saulgau den Posten des Zunftmeist­ers übernehmen. Allerdings werde er nie Osmakowski-Millers sattsam bekannten „Scheufele und Eisele“Witz vom Stapel lassen. Den hatte es nämlich soeben extra für die SWR-Moderatori­n gegeben. Einen letzten Vorgeschma­ck auf die kommende Fasnet vermittelt­en Helene Straub und Barbara Schneider als „ Lena ond Babett“, die singenderw­eise ihre barocken Formen ebenso wie die schmarotze­nde Verwandtsc­haft auf die Schippe nahmen.

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FOTO: MF
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FOTO: MF Bürgermeis­terin Doris Schröter zeigt mit Zunftmeist­er Raphael Osmakowski-Miller das Ballonschw­ebe-Poster, auf dem der Zunftmeist­er dank genügend Ballons für das Stadtjubil­äum aufsteigt.

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