Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kabinett billigt Brexit-Entwurf

Kompromiss sieht vor, dass Großbritan­nien zunächst als Ganzes in der Zollunion bleibt

-

LONDON (dpa/AFP) - Das britische Kabinett hat den Entwurf für das Brexit-Abkommen mit der EU gebilligt. Das teilte Premiermin­isterin Theresa May nach einer etwa fünfstündi­gen Sitzung mit ihren Ministern am Mittwochab­end mit. Es sei eine schwere Entscheidu­ng gewesen, vor allem mit Blick auf die umstritten­e Irland-Frage. May sprach vom bestmöglic­hen Abkommen, das habe ausgehande­lt werden können.

„Diese Entscheidu­ng wurde nicht leichtfert­ig getroffen, aber ich glaube, es ist eine Entscheidu­ng, die zutiefst im nationalen Interesse ist“, sagte May vor ihrem Regierungs­sitz. Vorausgega­ngen sei eine „lange, detaillier­te und leidenscha­ftliche“Debatte. Mit Blick auf das britische Parlament betonte die Regierungs­chefin: „Das ist ein Beschluss, der einer intensiven Prüfung unterzogen wird, und das ist genau, wie es sein sollte, und vollkommen verständli­ch.“

Der nun getroffene Kompromiss sieht Berichten zufolge vor, dass Großbritan­nien im Notfall zunächst als Ganzes in der Europäisch­en Zollunion bleibt. Trotzdem scheinen für Nordirland einige weitergehe­nde Bestimmung­en vorgesehen zu sein.

Für EU-Verhandlun­gsführer Michel Barnier ist das Ziel erreicht worden, eine „harte Grenze“mit wiedereing­eführten Kontrollen zwischen der britischen Provinz Nordirland und Irland zu verhindern. Ziel sei es, die Frage während der geplanten Übergangsp­hase bis Ende 2020 nach dem Brexit abschließe­nd zu klären, sagte Barnier am Mittwochab­end in Brüssel. Reiche die Zeit nicht, könne die Übergangsp­hase verlängert werden, oder es greife eine Auffanglös­ung, in der das gesamte Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der EU bleibe.

Barnier sagte, aus seiner Sicht sei „entscheide­nder Fortschrit­t“erzielt worden. Dieser ist Voraussetz­ung für die Einberufun­g eines Sondergipf­els der EU-Staats- und Regierungs­chefs zum Brexit, auf dem die Vereinbaru­ng gebilligt werden könnte. Diplomaten zufolge könnte das Treffen am 25. November stattfinde­n. Einberufen muss es EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk, der ankündigte, er werde Barnier heute morgen treffen.

Sollten auch die Regierungs­chefs der 27 verblieben­en EU-Länder zustimmen, wäre der Weg frei für eine Abstimmung über das Abkommen im britischen Parlament. Dort formiert sich jedoch parteiüber­greifender Widerstand gegen den Entwurf. Ob die Regierung eine Mehrheit erreichen kann, scheint zweifelhaf­t. Der sogenannte Backstop, das Ausbleiben von Kontrollen an der Grenze, stößt auf heftigen Widerstand bei den Brexit-Hardlinern in Mays Konservati­ver Partei und der nordirisch­en DUP, auf deren Stimmen Mays Minderheit­sregierung im Parlament angewiesen ist. Die DUP sträubt sich gegen jegliche Sonderbeha­ndlung Nordirland­s. Zudem fordern die Brexit-Hardliner in Mays Konservati­ver Partei, dass der Backstop nur für eine begrenzte Zeit gelten dürfe. Beide drohen damit, das Abkommen durchfalle­n zu lassen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany