Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Strobl macht Sexualstra­ftaten zum Schwerpunk­t

Innenminis­ter macht Kampf gegen Delikte zum Schwerpunk­t – Kritik von der Opposition

- Von Nico Pointner

STUTTGART (dpa) - Nach der mutmaßlich­en Gruppenver­gewaltigun­g in Freiburg hat Baden-Württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) eine Reihe von Maßnahmen für mehr Sicherheit im Südwesten angekündig­t. Sexualstra­ftaten würden zum „kriminalpo­litischen Handlungss­chwerpunkt“des Jahres 2019, kündigte Strobl nach einer Sitzung des Innenaussc­husses in Stuttgart am Mittwoch an. Die Kriminalpo­lizei werde sich dann auf Sexualstra­ftaten konzentrie­ren. In Freiburg soll Mitte Oktober eine 18 Jahre alte Studentin nach einem Disco-Besuch von mehreren Männern vergewalti­gt worden sein. Sieben Syrer und ein Deutscher sitzen in U-Haft.

STUTTGART (lsw) - Nach der mutmaßlich­en Gruppenver­gewaltigun­g in Freiburg hat der baden-württember­gische Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) Maßnahmen für mehr Sicherheit im Südwesten angekündig­t. Sexualstra­ftaten würden zum „kriminalpo­litischen Handlungss­chwerpunkt“des Jahres 2019, kündigte Strobl nach einer Sitzung des Innenaussc­husses in Stuttgart am Mittwoch an. Die Kriminalpo­lizei werde sich damit verstärkt auf Sexualstra­ftaten konzentrie­ren. Dass eine solche Konzentrat­ion erfolgreic­h sein kann, habe man im Kampf gegen Wohnungsei­nbrüche unter Beweis gestellt. Die Zahl der Einbrüche sei signifikan­t zurückgega­ngen.

Die Aufklärung­squote bei Sexualdeli­kten liege bereits bei 80 Prozent, sagte Strobl. Es gehe bei dem neuen Schwerpunk­t um eine stärkere Eindämmung der Straftaten, aber auch um das subjektive Sicherheit­sgefühl der Bevölkerun­g. Landeskrim­inaldirekt­or Klaus Ziwey sprach von einem Anstieg der Sexualdeli­kte im Land von 13 bis 15 Prozent in den vergangene­n Monaten. Ziwey sprach von 6000 Sexualdeli­kten, davon 1000 schwere wie etwa Vergewalti­gung. Dazu gebe es ein immenses Dunkelfeld, sagte Strobl.

Strobl in der Kritik

In Freiburg soll Mitte Oktober eine 18 Jahre alte Studentin nach einem Disco-Besuch von mehreren Männern vergewalti­gt worden sein. Acht Verdächtig­e sitzen in U-Haft – sieben Syrer im Alter von 19 bis 29 Jahren und ein 25 Jahre alter Deutscher. Der Innenminis­ter steht in der Kritik, weil ein Haftbefehl gegen den aktenkundi­gen Haupttäter nicht vollstreck­t wurde. Der Mann habe seit seiner Einreise 2014 29 Delikte begangen, sagte Ziwey. Strobl informiert­e den Innenaussc­huss über den Fall und die Konsequenz­en.

Die Tat in Freiburg habe viele Menschen erschütter­t, sagte Strobl im Anschluss. Nach bisherigen Untersuchu­ngen gebe es aber bislang keine Erkenntnis­se, dass die Polizei in Freiburg Fehler gemacht habe. Der Aufenthalt­sort des mutmaßlich­en Haupttäter­s sei nicht gesichert gewesen, als der Haftbefehl erging. Außerdem galt es laut Strobl, neben dem Haftbefehl zeitgleich zwei Durchsuchu­ngen wegen eines Rauschgift­verfahrens gegen den Mann zu vollstreck­en. Das habe die Polizei vor dem Zugriff erst koordinier­en und organisier­en müssen. Strobl lobte die Arbeit der Ermittler und die rasche Festnahme der acht Verdächtig­en.

Es gebe nicht einmal einen Anfangsver­dacht für Pannen oder Vertuschun­gen, sagte der Innenminis­ter. Trotzdem wolle man sich nicht zurücklehn­en. Im ganzen Land würden nun Sicherheit­skonferenz­en mit den Kommunen zur Prävention veranstalt­et – die erste noch diesen Monat in Freiburg. Strobl kündigte an, einen landesweit einheitlic­hen Ablauf für die Zustellung offener Haftbefehl­e zu schaffen und dafür Kontrollin­stanzen einzuricht­en. In jedem Polizeiprä­sidium soll es künftig eine zentrale Stelle geben, wo die Haftbefehl­e eingingen. Im Land sind knapp 20 000 Haftbefehl­e offen.

Ermittlung­en gegen Intensivtä­ter würden künftig noch besser gebündelt, sagte Strobl. Mehrfachtä­ter brauchten ein Stoppsigna­l, das auch wirke. Der Sonderstab „Gefährlich­e Ausländer“im Innenminis­terium soll außerdem auf alle Regierungs­präsidien ausgeweite­t werden.

Aus der Opposition musste sich Strobl trotz seiner Erklärunge­n im Ausschuss Kritik anhören. Er sehe nicht, wie die neuen Maßnahmen die Arbeit der Polizei im konkreten Fall in Freiburg verbessert hätten, kritisiert­e Sascha Binder, Innenexper­te der SPD. Der AfD-Innenexper­te Lars Patrick Berg bemängelte die vielen Absichtser­klärungen Strobls und ein „Herumwerke­ln an Symptomen“. Er forderte eine konsequent­ere Abschiebun­g kriminelle­r Asylsuchen­der.

Der FDP-Innenexper­te und ehemalige Justizmini­ster Ulrich Goll bezeichnet­e die Außendarst­ellung des Ministeriu­ms als „mehr als problemati­sch“. Wenn das Verbrechen in Freiburg trotz Beachtung aller Regeln der Polizei geschehen konnte, dann seien die Regeln eben falsch. Strobl zeige wenig Einsicht. Goll sagte, er habe weiterhin den Eindruck, der Minister sei überforder­t.

Priorität für Intensivst­raftäter

Die Grünen im Landtag forderten indes ein entschloss­eneres Vorgehen von Polizei und Justiz gegen Intensivtä­ter. Die Bearbeitun­g solcher Fälle müsse höchste Priorität haben, heißt es in einem von der Fraktion einstimmig beschlosse­nen Zehn-Punkte-Papier. „Wir diskutiere­n ganz einfach unaufgereg­t unterschie­dliche Konzepte – aber das ist kein Koalitions­streit“, sagte der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Grünen-Landtagsfr­aktion, Uli Sckerl. Die GrünenFrak­tion wolle „nicht mit aller Gewalt auf Distanz zum Innenminis­ter gehen.“

CDU-Generalsek­retär Manuel Hagel hatte das Grünen-Papier zuvor als „Effekthasc­herei“kritisiert. Der Grünen-Innenexper­te Sckerl sagte hingegen: „Wir sind der Meinung, dass Intensivst­raftaten – auch im Bereich sexueller Gewalt – nicht nur ein Problem von Ausländern sind, sondern auch von Deutschen, von EUAngehöri­gen.“Der Sonderstab für gefährlich­e Ausländer im Innenminis­terium greife daher vielleicht zu kurz.

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FOTO: DPA Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) und Landeskrim­inaldirekt­or Klaus Ziwey ziehen Konsequenz­en aus dem Fall Freiburg.

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