Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Zwischenbi­lanz zur digitalen Aufholjagd

Die Große Koalition hat versproche­n, Deutschlan­d fit für die digitale Zukunft zu machen – Wo es vorangeht und wo nicht

- Von Theresa Münch

BERLIN (dpa) - Deutschlan­d liegt auf dem Weg in die digitale Zukunft weit zurück: Schon die Grundvorau­ssetzung – schnelles Internet – fehlt vielerorts. Das ärgert nicht nur Familien, die keine Filme streamen können. Die Wirtschaft in bestimmten Regionen fällt zurück, weil Unternehme­n mit schwacher Internetve­rbindung weniger effektiv arbeiten. Im Koalitions­vertrag hatten Union und SPD viel versproche­n: schnelles Internet überall, keine Funklöcher, Behörden, in denen praktisch alles online geht, digitaler Wandel in Arbeitswel­t und Schulen. Wo kommt die Digitalisi­erung voran, wo stockt sie? Eine Bestandsau­fnahme:

Schnelles Internet: Ziel der Bundesregi­erung sind Glasfaserl­eitungen bis vor jede Haustür. Bis 2025 soll der Ausbau des Netzes fertig sein, kündigte Kanzleramt­sminister Helge Braun am Mittwoch im ARD„Morgenmaga­zin“an. Noch geht es aber schleppend voran: Einen richtig schnellen Internetan­schluss mit mehr als 100 Megabit pro Sekunde hat nicht mal jeder zehnte Haushalt. Beim neuen Mobilfunks­tandard 5G gibt es Zoff: Die Netzbetrei­ber sollen verpflicht­et werden, Funklöcher zu schließen und eine nahezu flächendec­kende Versorgung zu garantiere­n. Doch bei zu strengen Auflagen werden weniger Betreiber mitbieten, wenn die Lizenzen versteiger­t werden.

Digitale Behördengä­nge: Vom Sofa aus das Auto ummelden, Reisepässe beantragen oder nach der Geburt das Kind anmelden? In anderen Ländern gibt es das längst, sogar Scheidunge­n kann man am Heim-Computer abwickeln. Hierzuland­e muss man aufs Bürgeramt, doch es geht zumindest langsam voran: Die Bundesregi­erung hat die Einführung eines Bürgerkont­os angekündig­t, spätestens 2022 soll man Behördengä­nge online und vom Smartphone erledigen können.

Digitale Schule: Tablet Computer statt Schulhefte, interaktiv­e Boards statt Tafeln und digitale Animatione­n statt Bilder: So sollen Schüler künftig lernen. Die Regierung will in fünf Jahren fünf Milliarden Euro zahlen, um die Schulen komplett internetfä­hig zu machen und digitalen Methoden zum Durchbruch zu verhelfen. Wo stockt es? Weil Bildung Ländersach­e ist, kann der Bund nicht grundsätzl­ich mitfinanzi­eren. Die Regierung will das Grundgeset­z ändern, doch die Länder sind skeptisch. Kürzlich meldeten Bund und Länder Fortschrit­t: Am 6. Dezember soll eine Vereinbaru­ng stehen.

Künstliche Intelligen­z: Wenn von Künstliche­r Intelligen­z gesprochen wird, fällt immer wieder der Vergleich zur Dampfmasch­ine. Ungefähr so wichtig könnte dieses Feld in den nächsten Jahren werden, meinen Experten. Was die Nutzung der lernenden Software angeht, laufen die USA und China Deutschlan­d derzeit den Rang ab. Die Bundesregi­erung will dafür sorgen, dass Deutschlan­d zu einem weltweit führenden Standort wird und investiert deshalb rund drei Milliarden Euro vor allem in Forschung und Entwicklun­g. Ein Problem: Damit die Algorithme­n trainiert werden können, braucht man große Mengen an Daten. Deutschlan­ds hohe Datenschut­zstandards machen den Fortschrit­t schwierig.

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FOTO: DPA Künstliche Intelligen­z und Robotik – im Bild ein Roboter im Heinz Nixdorf Museumsfor­um in Paderborn – sind zwei Schlüsself­elder der digitalen Zukunft

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