Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Wir sollten nicht vergessen, dass wir auf hohem Niveau klagen“
BERLIN - Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sieht für die Wirtschaft schon das vierte Quartal wieder positiv. Markus Sievers hat Fratzscher befragt.
Ist das Schrumpfen das Ende des Aufschwungs?
Die deutsche Wirtschaft ist im dritten Quartal geschrumpft. Dies ist jedoch eine Delle, verursacht durch die Probleme im Automobilsektor. Es gibt überhaupt keinen Grund zur Panik. Ein Teil dieser Schwäche wird im vierten Quartal wieder aufgeholt werden, in dem die deutsche Wirtschaft bis zu ein Prozent wachsen dürfte. Wir sollten nicht vergessen, dass wir bei dieser wirtschaftlichen Abschwächung auf hohem Niveau klagen. Denn ein Wachstum von 1,8 Prozent in diesem Jahr liegt deutlich über dem langfristigem Potenzialwachstum unserer Wirtschaft. Wir leben also nach wie vor in wirtschaftlich hervorragenden Zeiten in Deutschland.
Der Sachverständigenrat hat die Bundesregierung zu einer stärker zukunftsorientierten Politik aufgerufen. Was kann die Politik tun, um die Konjunktur zu stützen?
Die Politik sollte nichts tun, um kurzfristig die Konjunktur zu unterstützen. Ganz im Gegenteil, die deutsche Wirtschaft braucht im Augenblick keinen Konjunkturimpuls in diesen guten Zeiten. Viel wichtiger ist es, dass die neue Bundesregierung endlich die richtigen Weichenstellungen für die Zukunft setzt. Deutschland hat ein großes Investitionsproblem. Die digitale Infrastruktur, die Verkehrsinfrastruktur, das Bildungssystem und auch die Innovationsfähigkeit in Deutschland müssen verbessert werden, damit der Wirtschaftsstandort langfristig stark bleibt. Das sollten die Prioritäten der Bundesregierung sein.