Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Hauptsorge bleibt der Fachkkräftemangel
Bürgermeisterin Doris Schröter zieht nach der Sommertour durch Unternehmen Bilanz
BAD SAULGAU - Die Zeit um die Sommerferien nutzte die Bad Saulgauer Bürgermeisterin Doris Schröter für den Besuch von Unternehmen in Bad Saulgau. Nach Abschluss der Sommertour stellte SZ-Redakteur Rudi Multer einige Fragen an die Bürgermeisterin.
Einige große Unternehmen standen nicht auf dem Besuchsprogramm. Nach welchen Kriterien haben Sie die Unternehmen ausgesucht?
Grundsätzlich war der Modus, dass wir allen Unternehmen angeboten haben, sich für die Tour „anzumelden“. Auf einige Unternehmen sind wir von uns aus zugegangen. Ausschlaggebend dabei war, dass wir Unternehmen unterschiedlichster Größen und Branchen berücksichtigen wollten. Es gab auch Unternehmen, mit denen wir ohnehin gerade in engem Kontakt stehen/standen, weshalb auf einen separaten Besuch verzichtet werden konnte.
Was hat Sie bei den Besuchen beeindruckt oder auch überrascht?
Beeindruckend war zu erleben, was hinter Produkt oder Dienstleistung steckt. Wir wissen, was unsere Unternehmen machen. Aber welche Herausforderungen zum unternehmerischen Alltag gehören, aber auch ganz aktuelle Aktivitäten und Entwicklungen in den Unternehmen, sind zumindest in der Gänze nicht immer offensichtlich oder bekannt.
Können Sie ein paar Beispiele nennen?
Bei Wintec Autoglas Reutter haben wir beispielsweise miterleben können, wie eine Frontscheibe gewechselt wird. Wie viele Arbeitsschritte notwendig sind und welches Knowhow ein Unternehmen hierfür vorhalten muss, das ist vermutlich den Allerwenigsten bewusst. Oder wenn uns Alu-Line ihre neuesten Entwicklungen vorstellt, z.B. den DoggyTourer, einen Hundeanhänger, mit dem Besitzer von E-Bikes, Pedelecs und Fahrrädern ihre Vierbeiner auf längere Radtouren und Ausflüge mitnehmen können. Oder wenn Schuko erklärt, wie sich das Unternehmen um das Thema Luftreinheit engagiert, hierfür einen eigenen Verband gegründet hat und auch mit der Fraunhofer-Gesellschaft zusammenarbeitet. Die Unternehmenstour war aber vor allem deshalb sehr gut, weil wir wirklich intensiv mit den Unternehmen ins Gespräch kommen und uns austauschen konnten. Das war sehr effektiv und zielfühGenauso rend und es wird dies auch 2019 deshalb wieder geben.
Welche positiven Rückmeldungen bekamen Sie bezüglich des Standorts?
Da waren ganz unterschiedliche Rückmeldungen dabei, angefangen von einer guten Zusammenarbeit mit der Verwaltung, über Lob für die Infrastruktur und die insgesamt sehr gute Entwicklung in den vergangenen Jahren bis hin zu den noch vergleichsweise günstigen Bedingungen für Wohnen und Leben. In aller Regel war das Fazit: Das Gesamtpaket passt in Bad Saulgau einfach. Und als sehr positiv empfinde ich es auch, dass es mit ganz wenigen Ausnahmen keine großen Problemstellungen im Zuständigkeitsbereich der Stadt gibt, sondern nur einige kleinere Kritikpunkte. Da hat sich die städtische Wirtschaftsförderung dann im Nachgang auch gleich darum gekümmert.
Was würden Sie als Zusammenfassung aus den Gesprächen als die wichtigsten Probleme der Unternehmen bezeichnen?
Erstens: Fachkräfte. Zweitens: Fachkräfte. Drittens: Fachkräfte. Suche, Gewinnung und Bildung von Mitarbeitern und Fachkräften ist derzeit für so gut wie alle Unternehmen mindestens eine Herausforderung – wobei es durchaus branchen- und berufsbildbezogene Unterschiede gibt. Sehr positiv in diesem Zusammenhang ist allerdings, dass die Unternehmen diese Herausforderung auch annehmen.
Was kann die Stadt beim Thema Fachkräftemangel tun?
wichtig wie ein guter Arbeitsplatz ist doch auch, wie wohl ich mich in Bad Saulgau fühle. Das Pfund, mit dem wir wuchern können, heißt also Lebensqualität. Dazu gehört Kinderbetreuung, dazu gehört Gesundheitsversorgung, dazu gehören Kultur- und Freizeitangebote und ganz vieles mehr. Fachkräftegewinnung und –sicherung heißt für die Stadt in allererster Linie dafür zu sorgen, dass diese Rahmenbedingungen passen. Nicht zu vergessen in diesem Zusammenhang: Wohnbauflächen. Für uns ist der § 13b Baugesetzbuch ein wichtiges Instrument. Zudem unterstützen und begleiten wir seitens der Wirtschaftsförderung auch regionale Initiativen wie das Projekt „Weichensteller“des Unternehmerverbandes Landkreis Sigmaringen (UVS), womit wir in Kürze ganz konkret auch Stellenangebote von Bad Saulgauer Unternehmen auf unserer städtischen Homepage veröffentlichen werden.
Es kam des Öfteren der Wunsch nach einem verbesserten öffentlichen Nahverkehr. Die Gewerbegebiete wachsen, beispielsweise nach Hochberg. Jemand, der mit Zug und Bus zur Arbeit will, schafft es aber vermutlich nur bis zum Bahnhof Bad Saulgau. Wie soll der – falls er kein Auto hat – die letzte Strecke vom Bahnhof zum Arbeitsplatz zurücklegen?
Zugegebenermaßen: Per ÖPNV ist bis zum letzten Kilometer in die Gewerbegebiete nicht im Halbstundentakt angebunden. Angebote gibt es aber durchaus. Bei der Sommertour war der ÖPNV aber nur am Rande Thema. Wichtiger wird aber zunehmend, so zumindest unsere Erfahrung, das Thema Radverkehr und vor allem die Möglichkeiten, die eBikes für Berufspendler schaffen. Gerade für das Industriegebiet „Hochberger Straße“, wo ja auch der aktuelle Schwerpunkt in Sachen Gewerbeentwicklung liegt, war uns die Erreichbarkeit mit dem Fahrrad deshalb wichtig.
Haben Sie sich bei Ihren Besuchen auch mit Vertretern der Mitarbeiter getroffen, bzw. mit denen gesprochen?
Wir haben ja in aller Regel neben einem Gespräch mit der Geschäftsführung immer auch eine Besichtigung des Betriebes gemacht. Da kommt man meist auch mit dem ein oder anderen Mitarbeiter ins Gespräch. Gibt es beim Thema schnelles Internet zusätzlichen Handlungsbedarf vonseiten der Stadt? In großen Teilen des Stadtgebietes und gerade in unseren Teilorten sind wir auch dank des Einsatzes der Franz & Regine Fraunhoffer-Stiftung bereits seit mehreren Jahren überdurchschnittlich gut versorgt. Wo wir gerade mit Hochdruck dran sind ist der Ausbau für unser Industriegebiet „Hochberger Straße“. Das Thema Breitband ist aber mittlerweile einer der wichtigsten Standortfaktoren für Unternehmen, egal welcher Branche. Beim Breitbandausbau gilt grundsätzlich: Das Projekt wird nie abgeschlossen sein, die Entwicklung geht hier immer weiter.
Gewerbeentwicklung heißt nicht nur Arbeitsplätze, sondern immer auch weiterer Flächenverbrauch. Sehen Sie hier einen Zielkonflikt?
Es gibt natürlich die Fälle, bei denen Unternehmen für eine Weiterentwicklung an räumliche Grenzen stoßen. Erweiterungsvorhaben gehen dann natürlich mit Flächenverbrauch einher. Dennoch legen wir Wert darauf, dass Gewerbeflächenentwicklung so umweltverträglich wie möglich erfolgt. Und ich denke, dass wir als Landeshauptstadt der Biodiversität und Naturschutzkommune auch bewiesen haben, dass diese Zielsetzungen sich nicht gegenseitig ausschließen. Unabhängig davon ist Gewerbeentwicklung durchaus nicht immer gleichbedeutend mit zusätzlichem Flächenverbrauch. Es gibt auch Unternehmen, die investieren, Arbeitsplätze schaffen, wachsen beispielsweise durch die Optimierung betrieblicher Abläufe oder die effizientere Ausnutzung vorhandener Flächenpotenziale.