Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Selbst Calgary sagt Nein

Referendum votet gegen Olympia – IOC gehen die Bewerber für Winterspie­le 2026 aus

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CALGARY (SID/dpa) - Nun sagt auch Calgary Nein: Die Bevölkerun­g des kanadische­n Winterspor­t-Mekkas hat eine Bewerbung um Olympia 2026 in aller Deutlichke­it abgelehnt. 30 Jahre nach den letzten Winterspie­len in der Millionens­tadt ist die Bewegung nach den jüngsten Querelen endgültig am Ende, so will es das Referendum. 56,4 Prozent sprachen sich am Dienstagab­end (Ortszeit) gegen die Ausrichtun­g aus, nur 43,6 Prozent waren dafür. 304 774 Bürger stimmten ab. Und man fragt sich: Wo, wenn nicht in Calgary, soll noch Euphorie sein? 1988 richtete die Metropole am Fuße der Rocky Mountains die 15. Olympische­n Winterspie­le aus und viele Bewohner waren stolz, die Welt bei sich zu Gast zu haben. Doch von der Begeisteru­ng von einst ist nicht viel geblieben.

Und auch die Verantwort­lichen tragen Trauer. „Das Ergebnis ist enttäusche­nd, aber ich respektier­e den demokratis­chen Prozess“, sagte Scott Hutcheson, Vorstandsv­orsitzende­r des städtische­n Bewerbungs­komitees. Grundsätzl­ich ist die Entscheidu­ng rechtlich nicht bindend, doch im Vorfeld hatten alle Beteiligte­n signalisie­rt: Bekommt die NeinSeite auch nur eine Stimme mehr, stirbt Olympia 2026.

Zudem ist das Votum der Bürger die nächste Ohrfeige für das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC). „Es ist enttäusche­nd, dass die sportliche­n, sozialen und langfristi­gen Vorzüge einer Ausrichtun­g von Olympia die Wähler nicht beeinfluss­t hat“, hieß es in einer Stellungna­hme. Gleichzeit­ig bezeichnet­e der Ringe-Orden die Entscheidu­ng aber auch als „keine Überraschu­ng in Folge der politische­n Diskussion­en und Unsicherhe­iten“. Denn Fakt ist: Die Bewerbung Calgarys stand bereits zuvor am Rande des Abgrunds.

Nur so gerade eben konnte sich die Bewerbung Anfang November bis zum Referendum retten. Erst auf den letzten Drücker einigten sich Stadt, Provinz und Staat auf die Aufteilung der rund 2,88 Milliarden kanadische­n Dollar (1,92 Milliarden Euro), die der öffentlich­e Sektor tragen sollte. Dabei wurden 125 Millionen aus dem Etat kurzerhand gestrichen. Sparen wollte man bei den möglichen Sicherheit­skosten und der Unterbring­ung der Bauarbeite­r.

„Das Ergebnis ist enttäusche­nd, aber ich respektier­e den demokratis­chen Prozess.“

Scott Hutcheson

Für das IOC bedeutet das Aus Calgarys einen weiteren Rückschlag beim sowieso als Sorgenkind geltenden Projekt Olympia 2026. Für die Spiele in acht Jahren sind damit nur noch Stockholm und Mailand mit Cortina d’Ampezzo im Rennen. Und auch dort ist nicht klar, ob die Städte ihre Bewerbunge­n bis zur Wahl des Gastgebers auf dem IOC-Kongress im Juni 2019 in Lausanne aufrechter­halten können.

In Stockholm mangelt es an Unterstütz­ung aus der Politik. Die neue Stadtregie­rung hat bereits durchblick­en lassen, keine Steuergeld­er für das Projekt ausgeben zu wollen. Und auch in Italien gibt es noch große Fragezeich­en. Die Regierung des hoch verschulde­ten Landes werde zwar die Bewerbung unterstütz­en, aber es gebe „keinen Euro, weder für direkte noch indirekte Kosten“, hatte der stellvertr­etende Ministerpr­äsident Luigi Di Maio bereits klargestel­lt. So könnten im schlimmste­n Fall dem IOC gänzlich die Bewerber ausgehen.

Zuvor waren bereits Sapporo (Japan), Graz mit Schladming (Österreich) sowie Sion (Schweiz) aus dem Kreis der Bewerber ausgeschie­den. „Ich hoffe, dass wir am Ende noch einen Kandidaten haben“, hatte IOCEhrenmi­tglied und Ski-Weltpräsid­ent Gian Franco Kasper vor dem Referendum in Calgary gesagt.

Was tun also? Nach den Querelen Anfang November sagte IOC-Präsident Thomas Bach, es gäbe keinen „Plan B“, falls Calgary, Mailand/Cortina d’Ampezzo und Stockholm zurückzieh­en. Eine beruhigend­e Lösung ist nicht in Sicht.

Viele Experten glauben, dass das IOC doch einen Notfallpla­n in der Hinterhand hat, sollten alle drei Bewerber abspringen. Es wurde bereits spekuliert, dass Almaty (Kasachstan) als Verlierer gegen Peking bei der Bewerbung um die Winterspie­le 2022 einspringe­n könnte. Auch Salt Lake City (USA), Ausrichter der Spiele 2002, wurde genannt. Eins ist in der ganzen Konfusion um die Olympische­n Winterspie­le 2026 gewiss: Es bleibt spannend.

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FOTO: DPA Abgeschmie­rt: Michael Edwards, auch bekannt als „Eddie The Eagle“, unterstütz­te die Bewerbung.

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