Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
28 000 Euro: Stiftung Kinderland schüttet Geld an Junges Kunsthaus aus
Projekt Kinderchancen des Caritasverbands Biberach-Saulgau unterstützt benachteiligte Familien – Fragebogenaktion an Bad Saulgauer Schulen
BAD SAULGAU - Große Freude bei der Caritas Biberach-Saulgau und dem Kooperationspartner Junges Kunsthaus Bad Saulgau: Die badenwürttembergische Stiftung Kinderland hat deren Bewerbung an der Ausschreibung „Reich an Mut! Teilhabe und Chancen für Kinder und Jugendliche“eine Zusage erteilt. Rund 28 000 Euro wird die Stiftung bis zum Jahr 2021 ausschütten. Acht Kinder nutzen deshalb seit Schuljahresbeginn im Rahmen des Projektes Stipendium Junges Kunsthaus Bad Saulgau das Angebot eines kostenfreien Unterrichts.
Der Ausgangspunkt war eine anonyme Fragebogenaktion des Projekts Kinderchancen an allen Bad Saulgauer Schulen. Das Projekt Kinderchancen des Caritasverbands Saulgau-Biberach in Kooperation mit der Stadt Bad Saulgau wurde Ende 2016 mit dem Ziel ins Leben gerufen, Kinder von benachteiligten Familien durch Bildungs- und Beteiligungsangebote nachhaltig zu fördern und zu stärken. Bei der Auswertung der Fragebogen wurde deutlich, dass Kinder und Jugendliche sich zwar kreativ betätigen wollen, jedoch in manchen Fällen die finanziellen Voraussetzungen zur Umsetzung fehlen. „Uns ist aufgefallen, dass Gymnasiasten deutlich mehr Freizeitangebote wahrnehmen“, sagen die Projektverantwortlichen Andrea Hehnle von der Caritas und Anja HeggenbergerLutz, Leiterin des Jungen Kunsthauses. Das bestätigte deren Vermutung, dass schon in der Kindheit die gesellschaftliche Teilhabesituation keinesfalls ausgewogen ist.
Heißt: Kinder und Jugendliche aus armen und armutsgefährdeten Familien sind von Anfang an von typischen altersspezifischen Aktivitäten ausgeschlossen – und damit von der Möglichkeit, seine sozialen, schöpferischen und persönlichen Kompetenzen mithilfe von Freizeitangeboten zu entdecken und weiterzuentwickeln.
Konkrete Vorgehensweise
Auch mit der Arbeitsgruppe Kinderchancen wurde die konkrete Vorgehensweise besprochen. Auch sie legte von Anfang an großen Wert auf eine weitestgehend anonyme ProjektHandhabe. So waren es vor allem Lehrer und Sozialarbeiter, die entsprechende Hinweise gaben. „Die Plätze für Grundschüler waren schnell vergeben“, sagt Anja Heggenberger-Lutz. Bei den Älteren sei das schon deutlich schwieriger gewesen.
Acht Mädchen und Jungen im Alter zwischen neun und zwölf Jahren gehen seit September vergangenen Jahres regelmäßig im Jungen Kunsthaus ein und aus, erproben sich im Theaterspiel, beim Break- und Streetdance oder in anderen Bereichen. Bei der Auswahl der Kinder wurde nicht nur die materielle Situation eingeschätzt. „Wir haben auch auf andere Dinge geachtet, etwa wenn ein Kind Kontaktschwierigkeiten zeigte“, sagt Marina Pudimat, Schulsozialarbeiterin an der Berta Hummel-Schule. Schon wenige Monate nach Projektbeginn zeigen sich Erfolge. Nicht nur mit Blick auf die soziale Handlungsfähigkeit. „Auch das Selbstvertrauen und die Fantasie der Kinder profitieren enorm“, so die Beobachtung von Anja Heggenberger-Lutz.
Das liege nicht nur an den Kursinhalten, sondern auch an den Gruppengrößen mit maximal acht Schülern. Das Junge Kunsthaus wolle, so Heggenberger-Lutz, grundsätzlich auf gesellschaftspolitische Problemfelder reagieren. Das Entdecken und Fördern individueller Fähigkeiten anhand unterschiedlichster Angebote geht Hand in Hand mit einem wertschätzenden und achtsamen Miteinander. Ob Bewegung, Tanz und Rhythmus, darstellerische Ausdrucksmittel, Bühnenpräsenz oder kreativer Körperausdruck – all das stärkt das Selbstvertrauen, die eigene Wahrnehmung und das Entdecken des ganz eigenen kreativen und schöpferischen Potenzials. Das Junge Kunsthaus ist in diesem Kontext schon längere Zeit aktiv und hält eine kleine Anzahl von kostenfreien Schulplätzen für besondere Bedarfe bereit. „Es geht um die Herausforderung, niederschwellige Angebote zu schaffen“, sagt die Schulleiterin und betont, dass auch Kunst grundsätzlich von Vielfalt lebt.
Sparen an der falschen Stelle
Für sie und Andrea Hehnle ist klar: Wer in diesen Bereichen spart, spart an der falschen Stelle. Denn fehlende Bildungsgerechtigkeit bleibt nicht ohne Folgen und wird auf lange Sicht kostenintensiver. Die beiden sind überzeugt, dass zu einem gesunden Aufwachsen eine gesunde Freizeitgestaltung gehört. Rund 28 000 Euro fließen in den folgenden drei Jahren in dieses Projekt. Ein Eigenanteil von etwa 7000 Euro muss von den Einrichtungen aber selbst getragen werden.