Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Private Partner für Bertha-Benz-Schule
Kreistag stimmt für die kostengünstigere Planung mit einem ÖPP-Modell
SIGMARINGEN - Erstmals will der Kreis Sigmaringen ein großes Projekt in der Vertragsform einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) realisieren. Das hat der Kreistag am Montag bei einer Gegenstimme beschlossen. Der Neubau der BerthaBenz-Schule in Sigmaringen auf den Küchenäckern gegenüber dem Krankenhaus soll so umgesetzt werden. Der Kreis erwartet dadurch eine Ersparnis von zehn Prozent bei einem angenommenen Kostenrahmen von bis zu 88 Millionen Euro. Dem Beschluss liegt eine vorläufige Wirtschaflichkeitsuntersuchung durch die Beratungsgesellschaft „Partnerschaft Deutschland“zugrunde.
„Wir beschreiten diesen Weg, wissend, dass es erst ein Zwischenschritt ist“, sagte Landrätin Stefanie Bürkle und betonte zugleich, dass der Beschluss eine „gewisse Vorentscheidung“sei, an der sich die nun beginnende Arbeit für den Neubau orientiere. Bewusst hatte die Verwaltung beim Vortrag des Gutachtens auf konkrete Zahlen bei der Einschätzung verzichtet, um künftigen Bietern bei der Auftragsvergabe keine Richtgrößen vorzugeben. Bevor die Verträge endgültig geschlossen werden, soll eine weitere Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erfolgen.
André Weidemann von der speziell für die öffentliche Hand arbeitende Beratungsfirma „Partnerschaft Deutschland“trug die Untersuchungsergebnisse vor. Verglichen wurden drei mögliche Modelle: die Vergabe der Planung, des Baus, der Finanzierung und des Betriebs konventionell in Einzelgewerken, das Modell Generalunternehmer/Totalunternehmer und ÖPP in einer sogenannten Lebenszyklusversion, bei der der beauftragte Unternehmensverbund nach der Fertigstellung auch für 25 Jahre den Betrieb des Gebäudes übernimmt.
Die Modalitäten der Finanzierung des Bauvorhabens sind dabei optional. Im konkreten Fall will der Landkreis die Finanzangelegenheiten beim Neubau der Schule selbst übernehmen.
Vertrag mit Konsortium
Die Vertragsstruktur bei einer ÖPPVergabe sieht einen Projektvertrag mit einem Firmenkonsortium vor, das einen Großteil der anfallenden Arbeiten und auch Bereiche des Gebäudebetriebs (zum Beispiel Reinigung, Instandsetzung, Bedienung, Inspektion und Wartung) übernimmt. Einzelne Bereiche kann der Kreis in Eigenregie übernehmen. Der Landkreis bleibt Eigentümer des Grundstücks und des gesamten Objekts.
Weidemann erläuterte die Vorzüge bei einem ÖPP-Vertrag mit einem Lebenszyklusansatz, die vor allem im Bereich der Effizienz zu sehen sind. Dazu zählen unter anderem: Die Bau- und Betriebsunternehmen sind bereits in der Planungsphase eingebunden, sodass eine bessere Leistungsabstimmung erfolgen kann. Im Wettbewerb stehen Pauschalfestpreise über alle Leistungsbereiche hinweg. Es wird eine Vorauswahl von Unternehmen getroffen, die Erfahrung mit Schulneubauten haben. Die Verzahnung von Planung und Bauausführung führt zu optimierten Betriebsabläufen und Betriebskosten. Durch die langfristige Verpflichtung des privaten Partners, die Gebäude in einem definierten funktionsfähigen Zustand zu halten, entsteht gewissermaßen eine verlängerte Gewährleistungsfrist.
Unter dem Strich kommt „Partnerschaft Deutschland“zu dem Schluss, dass bei einem ÖPP-Modell mit Lebenszyklus Einsparungen in Höhe von zehn Prozent, bei einem Modell mit Totalunternehmer 5,8 Prozent und bei einem Generalunternehmer gerade noch 0,1 Prozent gegenüber der Eigenrealisierung durch den Kreis möglich sind. Je größer ein Projekt ist, desto mehr rechnet sich ein ÖPP-Modell, erklärte Weidemann.
Fast einmütige Zustimmung
Thomas Kugler begrüßte namens der CDU-Fraktion das neue Modell. Kreistagsmitglieder hätten ja bei einem Informationsbesuch in Nürnberg, bei dem eine nach dem ÖPPModell gebaute Schule besichtigt werden konnte, im Gespräch mit den Verantwortlichen einen sehr positiver Eindruck gewonnen. Insofern stimme seine Fraktion dafür, den eingeschlagenen Weg zum ÖPP-Projekt fortzusetzen. Ähnlich äußerte sich Doris Schröter für die Freien Wähler. Sie dankte der Verwaltung, dass man nun diese neue Möglichkeit nutzen könne.
Susanne Scham (Grüne) erinnerte an den positiven Eindruck des Nürnberg-Besuches, wollte aber wissen, was passiere, wenn der private Partner zum Beispiel insolvent werde. Hier könne man sich rechtlich und vertraglich absichern, erklärte Weidemann und Landrätin Bürkle versicherte, dass sich der Kreis rechtlichen Beistand beim Vertragsentwurf sichern werde. Überdies werde es gewisse Ausstiegsmöglichkeiten geben. Auch Richard Gruber begrüßte das ÖPP-Modell namens der SPD-Fraktion.
Die einzige Gegenstimme zum ÖPP-Projekt kam von Rainer Blum (Freie Wähler), der eine Bindung von 25 Jahren an ein Unternehmenskonsortiums für problematisch hielt und dabei die Entscheidungsfreiheit des Kreises eingeschränkt sah.