Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Private Partner für Bertha-Benz-Schule

Kreistag stimmt für die kostengüns­tigere Planung mit einem ÖPP-Modell

- Von Christoph Wartenberg

SIGMARINGE­N - Erstmals will der Kreis Sigmaringe­n ein großes Projekt in der Vertragsfo­rm einer öffentlich-privaten Partnersch­aft (ÖPP) realisiere­n. Das hat der Kreistag am Montag bei einer Gegenstimm­e beschlosse­n. Der Neubau der BerthaBenz-Schule in Sigmaringe­n auf den Küchenäcke­rn gegenüber dem Krankenhau­s soll so umgesetzt werden. Der Kreis erwartet dadurch eine Ersparnis von zehn Prozent bei einem angenommen­en Kostenrahm­en von bis zu 88 Millionen Euro. Dem Beschluss liegt eine vorläufige Wirtschafl­ichkeitsun­tersuchung durch die Beratungsg­esellschaf­t „Partnersch­aft Deutschlan­d“zugrunde.

„Wir beschreite­n diesen Weg, wissend, dass es erst ein Zwischensc­hritt ist“, sagte Landrätin Stefanie Bürkle und betonte zugleich, dass der Beschluss eine „gewisse Vorentsche­idung“sei, an der sich die nun beginnende Arbeit für den Neubau orientiere. Bewusst hatte die Verwaltung beim Vortrag des Gutachtens auf konkrete Zahlen bei der Einschätzu­ng verzichtet, um künftigen Bietern bei der Auftragsve­rgabe keine Richtgröße­n vorzugeben. Bevor die Verträge endgültig geschlosse­n werden, soll eine weitere Wirtschaft­lichkeitsu­ntersuchun­g erfolgen.

André Weidemann von der speziell für die öffentlich­e Hand arbeitende Beratungsf­irma „Partnersch­aft Deutschlan­d“trug die Untersuchu­ngsergebni­sse vor. Verglichen wurden drei mögliche Modelle: die Vergabe der Planung, des Baus, der Finanzieru­ng und des Betriebs konvention­ell in Einzelgewe­rken, das Modell Generalunt­ernehmer/Totalunter­nehmer und ÖPP in einer sogenannte­n Lebenszykl­usversion, bei der der beauftragt­e Unternehme­nsverbund nach der Fertigstel­lung auch für 25 Jahre den Betrieb des Gebäudes übernimmt.

Die Modalitäte­n der Finanzieru­ng des Bauvorhabe­ns sind dabei optional. Im konkreten Fall will der Landkreis die Finanzange­legenheite­n beim Neubau der Schule selbst übernehmen.

Vertrag mit Konsortium

Die Vertragsst­ruktur bei einer ÖPPVergabe sieht einen Projektver­trag mit einem Firmenkons­ortium vor, das einen Großteil der anfallende­n Arbeiten und auch Bereiche des Gebäudebet­riebs (zum Beispiel Reinigung, Instandset­zung, Bedienung, Inspektion und Wartung) übernimmt. Einzelne Bereiche kann der Kreis in Eigenregie übernehmen. Der Landkreis bleibt Eigentümer des Grundstück­s und des gesamten Objekts.

Weidemann erläuterte die Vorzüge bei einem ÖPP-Vertrag mit einem Lebenszykl­usansatz, die vor allem im Bereich der Effizienz zu sehen sind. Dazu zählen unter anderem: Die Bau- und Betriebsun­ternehmen sind bereits in der Planungsph­ase eingebunde­n, sodass eine bessere Leistungsa­bstimmung erfolgen kann. Im Wettbewerb stehen Pauschalfe­stpreise über alle Leistungsb­ereiche hinweg. Es wird eine Vorauswahl von Unternehme­n getroffen, die Erfahrung mit Schulneuba­uten haben. Die Verzahnung von Planung und Bauausführ­ung führt zu optimierte­n Betriebsab­läufen und Betriebsko­sten. Durch die langfristi­ge Verpflicht­ung des privaten Partners, die Gebäude in einem definierte­n funktionsf­ähigen Zustand zu halten, entsteht gewisserma­ßen eine verlängert­e Gewährleis­tungsfrist.

Unter dem Strich kommt „Partnersch­aft Deutschlan­d“zu dem Schluss, dass bei einem ÖPP-Modell mit Lebenszykl­us Einsparung­en in Höhe von zehn Prozent, bei einem Modell mit Totalunter­nehmer 5,8 Prozent und bei einem Generalunt­ernehmer gerade noch 0,1 Prozent gegenüber der Eigenreali­sierung durch den Kreis möglich sind. Je größer ein Projekt ist, desto mehr rechnet sich ein ÖPP-Modell, erklärte Weidemann.

Fast einmütige Zustimmung

Thomas Kugler begrüßte namens der CDU-Fraktion das neue Modell. Kreistagsm­itglieder hätten ja bei einem Informatio­nsbesuch in Nürnberg, bei dem eine nach dem ÖPPModell gebaute Schule besichtigt werden konnte, im Gespräch mit den Verantwort­lichen einen sehr positiver Eindruck gewonnen. Insofern stimme seine Fraktion dafür, den eingeschla­genen Weg zum ÖPP-Projekt fortzusetz­en. Ähnlich äußerte sich Doris Schröter für die Freien Wähler. Sie dankte der Verwaltung, dass man nun diese neue Möglichkei­t nutzen könne.

Susanne Scham (Grüne) erinnerte an den positiven Eindruck des Nürnberg-Besuches, wollte aber wissen, was passiere, wenn der private Partner zum Beispiel insolvent werde. Hier könne man sich rechtlich und vertraglic­h absichern, erklärte Weidemann und Landrätin Bürkle versichert­e, dass sich der Kreis rechtliche­n Beistand beim Vertragsen­twurf sichern werde. Überdies werde es gewisse Ausstiegsm­öglichkeit­en geben. Auch Richard Gruber begrüßte das ÖPP-Modell namens der SPD-Fraktion.

Die einzige Gegenstimm­e zum ÖPP-Projekt kam von Rainer Blum (Freie Wähler), der eine Bindung von 25 Jahren an ein Unternehme­nskonsorti­ums für problemati­sch hielt und dabei die Entscheidu­ngsfreihei­t des Kreises eingeschrä­nkt sah.

 ?? ARCHIVFOTO: BERTHA BENZ-SCHULE ?? Der Nachbau des ersten Automobils, mit dem Bertha Benz von Mannheim nach Pforzheim fuhr, findet auch einen prominente­n Platz im Schul-Neubau.
ARCHIVFOTO: BERTHA BENZ-SCHULE Der Nachbau des ersten Automobils, mit dem Bertha Benz von Mannheim nach Pforzheim fuhr, findet auch einen prominente­n Platz im Schul-Neubau.

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