Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Landkreis braucht Schutzausrüstung
(sz) - Im Landkreis Sigmaringen sind zum Stand 25. März 163 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Im Vergleich zum Vortag vermeldet das Landratsamt einen Anstieg um 35 Fälle. 13 Menschen sind wieder genesen.
Landrätin Stefanie Bürkle wendet sich indes mit einem Appell an alle Firmen: „Das Krankenhaus, die Ärzteschaft und die Rettungsdienste geben aktuell alles im Kampf gegen Corona. Doch ohne die notwendige Schutzausrüstung ist an vielen Stellen die Arbeit nicht mehr möglich. Da Schutzausrüstung am Markt kaum mehr zu bekommen ist, rufe ich alle Firmen, die Schutzausrüstung vorhalten oder produzieren, auf, sich bei uns zu melden.“Der Landkreis hat in den letzten Tagen bereits über 30 Firmen abtelefoniert und so rund 150 Schutzmasken in der Ausführung FFP-2 erhalten. „Darüber sind wir sehr dankbar“, so Bürkle. Auch weiterhin wird der Kreis Firmen anrufen.
Das Landratsamt bittet nun aber auch alle Firmen, die FFP-2- oder FFP-3-Schutzmasken und –Anzüge (DIN EN 14126) sowie Mund- und Nasenschutz vorrätig haben, diese dem Landkreis aktiv anzubieten. Das Landratsamt unterstützt damit das Krankenhaus, die Ärzteschaft und die Rettungsdienste.
Firmen, die Ausrüstung anbieten können, können sich telefonisch unter 07571/102 51 14 oder per E-Mail melden, unter schutzausruestung@ lrasig.de
Die Maßnahmen sind tatsächlich drastisch, aber aus meiner Sicht absolut richtig und notwendig. Wir sehen am Beispiel anderer Länder was passiert, wenn man zu lange mit solchen Maßnahmen wartet oder sie nicht rigoros durchsetzt. Ich finde es auch richtig, dass keine absolute Ausgangssperre verhängt wurde, obwohl ich befürchte, dass diese noch kommen wird.
Wie halten sich ihrer Einschätzung nach die Bad Saulgauer Bürger an die Verbote?
Man hat den Eindruck, dass der überwiegende Teil sich an die Regeln hält. Leider gibt es auch immer noch Uneinsichtige. Die Einschränkungen werden noch länger notwendig sein und wir müssen immer wieder an die Menschen appellieren, sich an die Vorgaben zu halten. Es ist schwer, insbesondere wenn das Wetter jetzt jeden Tag schöner wird, aber es ist unbedingt notwendig. Aber ich freue mich auch ganz besonders über die vielen Zeichen der Solidarität, die zahlreichen Hilfsangebote und die in vielfältiger Weise angebotene Unterstützung.
Die Gemeinderatssitzung am Don
nerstag, 26. März, findet statt: Was wird dabei beachtet?
Wir haben lange diskutiert, ob wir die Sitzung überhaupt durchführen. Die Verwaltung muss aber handlungsfähig bleiben und für die Sitzung kommunaler Gremien gibt es auch keine Corona-Ausnahmeregelung. Wir werden aber nur wenige Punkte beschließen, vor allem den Haushalt 2020. Wir haben mit den Fraktionen vereinbart, Sachvorträge und Wortmeldungen auf das absolut Notwendige zu reduzieren und die Fraktionen werden auf Stellungnahmen zum Haushalt verzichten. Wir werden im großen Sitzungssaal des Stadtforums tagen und dort mit ausreichenden Abständen bestuhlen. Die Verwaltung wird ebenfalls nur in kleiner Besetzung teilnehmen.
Wie ist denn die Personalsituation im Rathaus?
Wir haben zwar einige wenige Mitarbeiter vorsorglich in Quarantäne geschickt, aber – Stand heute – keinen Corona-Fall. Damit wir auch in den kommenden Wochen unseren Dienstbetrieb aufrechterhalten können und die Ver- und Entsorgung durch unsere städtischen Betriebe gewährleistet ist, haben wir einen Schichtbetrieb eingeführt. Wir nutzen Telearbeit und versuchen in den Bereichen, in denen es gerade zwangsläufig ruhiger ist, Überstunden und Urlaub abzubauen.
Es wurde eine Hotline eingerichtet. Welches sind die größten Sorgen und Nöte der Bürger?
Die Hotline haben wir vor allem für das Thema Kinderbetreuung eingerichtet. Davon sind ja ganz viele Familien betroffen und der Auskunftsbedarf ist dementsprechend hoch. Darüber hinaus ist unsere Telefonzentrale vormittags besetzt und koordiniert, dass Anfragen an der richtigen Stelle landen. Die derzeit meist gestellten Fragen beziehen sich auf die Verbote in der Verordnung der Landesregierung: Was ist (noch) erlaubt, was nicht mehr? Und es kommen Nachfragen, wie zum Beispiel die Gebühren für die derzeit nicht stattfindende Kinderbetreuung geregelt werden. Hierzu gibt es seit Dienstag eine Empfehlung der Spitzenverbände, zunächst die Gebühren für den Monat April auszusetzen. Die Kommunen im Kreis versuchen, möglichst immer abgestimmt vorzugehen. Unser Problem dabei ist, dass sich die Rechtsgrundlagen gerade ständig ändern.
Wie sieht es mit der Kinderbetreuung aus? Gibt es viele Anfragen und vor allem auch Lösungen? Wir haben eine funktionierende Notbetreuung für den vom Land definierten Personenkreis. Solange die Kindertagesstätten grundsätzlich geschlossen bleiben müssen, können wir auch keine weiteren Betreuungsmöglichkeiten anbieten. Glücklicherweise können viele Familien zumindest vorübergehend eine Betreuung auch anders organisieren, beispielsweise über Bekannte. Und zum Glück haben sich viele Arbeitgeber auch flexibel gezeigt.
Wir haben das Glück, in einem Land zu leben, das gut vorbereitet ist, denn unsere medizinische Infrastruktur kann diese Krise bewältigen, wenn wir alle unseren Teil dazu leisten. Es macht auch Mut zu sehen, dass die Solidarität zunimmt, wie schnell sich wirklich gute Ideen und Initiativen entwickeln, sei es im wirtschaftlichen Bereich, sei es in der Zivilgesellschaft. Bund, Land und Kommunen versuchen alles, um zu unterstützen. Wir sind für die Bürgerinnen und Bürger da – das ist unsere Aufgabe. Wir dürfen die Freude an den Dingen, die nach wie vor möglich sind, nicht verlieren. Wir werden in den nächsten Wochen Dinge neu oder vergessene wiederentdecken. Wir haben mehr Zeit, Freundschaften zu pflegen – das gute alte Telefonieren erfährt eine Renaissance. Die Welt wird sich weiterdrehen und irgendwann ist auch Corona nur noch Geschichte. Die Bad Saulgauer haben im Jubiläumsjahr gezeigt, was sie gemeinsam alles auf die Beine stellen können und wie gut das Miteinander ist. Wir schaffen auch diese Krise – daran habe ich keinen Zweifel.