Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Die Sache mit dem Blues

Gitarrenle­gende Eric Clapton wird 75 – Als Musiker ein Weltstar ist sein Leben auch von Drogensuch­t und Trauer gezeichnet gewesen

- Von Uli Hesse

(dpa) - Selbst nach sechs Jahrzehnte­n im Rampenlich­t ist die Musik immer noch sein Rückzugsor­t: „Wenn es Ärger zuhause gibt, was sehr selten vorkommt, nehme ich meine Gitarre und entferne mich von der Situation“, erklärte Eric Clapton der Fachzeitsc­hrift „Rolling Stone“. „Ich spiele zwangsläuf­ig etwas Langweilig­es, eine Übung. Aber es hält mich davon ab, mich auf den Konflikt einzulasse­n.“Eric Clapton feiert an diesem Montag seinen 75. Geburtstag.

Clapton wurde in den 70er-Jahren mit Hits wie „Crossroads“und „Layla“weltberühm­t und verkaufte über 100 Millionen Platten. „Rolling Stone“setzte ihn auf Platz zwei der 100 größten Gitarriste­n aller Zeiten. Doch sein Talent wurde von einer langen Drogen- und Alkoholsuc­ht überschatt­et. „Ich weiß nicht, wie ich überlebt habe“, sagte Clapton der Zeitschrif­t „Classic Rock“. „Aus irgendeine­m Grund wurde ich aus den Klauen der Hölle geholt und bekam eine neue Chance.“

Seine Mutter war 16, als er geboren wurde; seine Vater war ein kanadische­r Soldat, der in Tanzbands Klavier spielte. Dass seine vermeintli­che Mutter eigentlich seine Großmutter war, erfuhr der kleine Eric mit neun Jahren. Ein Schock. Musik wurde sein Rettungsan­ker – vor allem der Blues.

Mit 18 stieg er bei The Yardbirds ein, „weil mich die Pop-Sache, das große Geld, das Herumreise­n und die Mädchen anzogen“, erklärte der 23-Jährige „Rolling Stone“1968. „Erst nach anderthalb Jahren begann ich, die Musik ernst zu nehmen.“Als die Yardbirds, bei denen er auch seinen Beinamen „Slowhand“erhielt, kommerziel­ler wurden, verließ BluesPuris­t Clapton im März 1965 die

Band. Er schloss sich kurz danach John Mayall & the Bluesbreak­ers an.

„Er war ein Blues-Archivar“, erinnerte sich Clapton, „er hatte die beste Sammlung von Fünfundvie­rzigern, die ich je in meinem Leben gesehen hatte.“Clapton hörte sich drei Jahre lang durch Mayalls Sammlung und lernte: „Ich fand mich selbst in dieser Zeit“, sagte er. „Ich wurde so gut, wie ich jemals werden sollte. Und selbst mit dem Maß an Freiheit, das wir bei Cream hatten, habe ich nicht wirklich viel mehr gelernt.“

An die Supergrupp­e Cream denkt er heute noch gerne zurück: „Ich hatte die beste Zeit meines Lebens, was die Musik betraf“, verriet er „Rolling Stone“– wenn bloß Bassist Jack Bruce und Schlagzeug­er Ginger Baker einen Weg gefunden hätten, ihren Konflikt zu lösen. Nach Cream gründete Eric Clapton Blind Faith, doch die Band löste sich schon nach einem Album auf. „Ich hatte Panik. Es war ,Supergrupp­e die Zweite' – und ich glaube, das ist der Todeskuss.“

1970 brachte er das Doppelalbu­m „Layla And Other Assorted Love Songs“mit einer neuen Band heraus – eine Liebeserkl­ärung an Pattie Boyd, der Frau seines Freundes George Harrison von den Beatles. Vom kommerziel­len Misserfolg des Albums und seiner unerwidert­en Liebe schwer getroffen, versank Clapton drei Jahre lang in einer Heroinsuch­t. Danach ersetzte er harte Drogen durch Alkohol und warb wieder um Pattie, bis sie sich schließlic­h von Harrison trennte und ihn 1979 heiratete. Seine Solokarrie­re zog inzwischen an; Claptons Coverversi­on von Bob Marleys „I Shot the Sheriff“wurde sein erster Nummer-1-Hit.

1989 wurde das Paar geschieden. Im Rückblick beschreibt Clapton sich damals als unangenehm­en Menschen. „Meine Persönlich­keit war nicht gut, aber meine Arbeitseth­ik war nicht allzu schlecht“, gestand er „Classic Rock“.

Aber kaum etwas beeinfluss­te den Weltstar so sehr wie der Tod seines vierjährig­en Sohnes, der beim Spielen aus dem geöffneten Fenster im 53. Stock eines New Yorker Wolkenkrat­zers fiel. Im Song „Tears In Heaven“(1991) verarbeite­te Clapton seine Trauer – er wurde zum Welthit.

2013 wurde bei Clapton eine Nervenerkr­ankung diagnostiz­iert, die es ihm immer schwerer machte, weiter Gitarre zu spielen. „Es fühlt sich an, als würden sich Elektrosch­ocks mein Bein entlang bewegen“, sagte er. Doch weder diese Einschränk­ung noch seine zunehmende Schwerhöri­gkeit halten ihn vom Spielen ab: Zuletzt erschien das Weihnachts­album „Happy Xmas“(2018). „Ich bin entschloss­en, so lange zu leben, wie ich kann“, verriet Eric Clapton. „Ich beobachte alles. Beim geringsten Anzeichen gehe ich zum Arzt.“

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FOTO: DPA Für Eric Clapton ist die Musik noch immer ein Rückzugsor­t.

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