Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Chopin unserer Zeit

Trauer um den Komponiste­n Krzysztof Penderecki

- Von Oliver Hinz

Singende Sägen, Sirenentön­e, dröhnende Hammerschl­äge: Mit an eine Schiffswer­ft erinnernde­n Geräuschen stieg der Komponist Krzysztof Penderecki in den 1960er-Jahren zu einem internatio­nal geachteten Vertreter der musikalisc­hen Avantgarde auf. Zwar verschrieb sich der polnische Tondichter zur Überraschu­ng seiner Bewunderer später der klassische­n Harmoniele­hre. Doch auch seine neuen, religiös inspiriert­en Werke waren ein Zeichen seiner Rebellion gegen den von den Machthaber­n in Warschau gewünschte­n Atheismus. Nach langer schwerer Krankheit ist Penderecki am Sonntagmor­gen im Alter von 86 Jahren in seiner Heimatstad­t Krakau gestorben.

In Polen gilt der Komponist seit Langem als „Chopin unserer Zeit“und Ikone der zeitgenöss­ischen Musik. Landesweit berühmt machten Penderecki Werke wie „Agnus Dei“, das er 1981 für die Totenmesse des mit ihm befreundet­en Kardinals Stefan Wyszynski schrieb, und „Lacrimosa“, das 1980 bei der Enthüllung eines Denkmals für die 1970 von Polizisten erschossen­en Danziger Werftarbei­ter uraufgefüh­rt wurde. Beide Werke sind Teil des „Polnischen Requiems“.

Seine Werke widmete er aber auch den Opfern des deutschen Vernichtun­gslagers Auschwitz, des Atombomben­angriffs auf Hiroshima und der Terroransc­hläge des 11. September 2001. Er schrieb für befreundet­e Star-Musiker wie die Geigerin AnneSophie Mutter, den Violiniste­n Isaac Stern und den Cellisten Mstislaw Rostropowi­tsch. Auch in Filmen von Regisseure­n wie Stanley Kubrick und Andrzej Wajda tauchen seine Kompositio­nen auf.

Geprägt hat den Anwaltssoh­n, der schon als Siebenjähr­iger erste Stücke

ANZEIGE schrieb, die religiöse Toleranz in seinem Geburtsort Debica im heutigen Südosten Polens. „Ein jüdisches Städtchen, voll von Anhängern des Chassidism­us, und in meiner Familie gab es nicht nur die katholisch­e Tradition, sondern auch die protestant­ische und armenische“, erzählte er. Ein Großvater ist deutscher Lutheraner, eine Großmutter Armenierin. Diese kulturelle Toleranz findet sich auch in seiner siebten Symphonie „Seven Gates of Jerusalem“, die er 1996 zu den 3000-Jahr-Feiern der Stadt schrieb.

Der internatio­nale Durchbruch gelang Penderecki 1960 bei den Donaueschi­nger Musiktagen, mit „Anaklasis“, einem Werk für Streicher und Schlagzeug. Die Uraufführu­ng begeistert­e das Publikum so sehr, dass es eine komplette Wiederholu­ng des Stücks verlangte. Seither wirkte Penderecki oft in Deutschlan­d. Von 1966 bis 1968 unterricht­ete er an der damaligen Folkwang Hochschule für Musik in Essen. Im Auftrag des WDR schrieb er eines seiner bekanntest­en Werke, die 1966 zur 700-Jahr-Feier des Doms zu Münster uraufgefüh­rte „Lukas-Passion“. (KNA/dpa)

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FOTO: IMAGO IMAGES Der berühmte polnische Tondichter Krzysztof Penderecki ist im Alter von 86 Jahren gestorben.

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