Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Schultes-Bock“findet auf Erlebnishof neues Zuhause
Ungewöhnlich zahmes Tier überrascht zuerst Bäckermeister und dann eine ganze Familie
Am Rußigen Freitag hatte Bäckermeister Achim Müller von der Bäckerei Schultes Beck in Fulgenstadt eine Begegnung der besonderen Art. Es war kein Fasnetsscherz und auch keine Sinnestäuschung – ein junges Reh drehte völlig unaufgeregt auf dem Kundenparkplatz der Bäckerei seine Runden und ließ sich auch von niemanden vertreiben.
Um es vor dem vorbeifahrenden Verkehr zu schützen, fing Müller das Rehkitz ein und verständigte den Jagdpächter des Fulgenstadter Jagdbezirkes Anton Dreher aus Lampertsweiler. Die erste Untersuchung zeigte, dass es sich um einen jungen Rehbock vom Vorjahr handelt, der keine Verletzungen aufwies, aber in seinem Wachstum deutlich zurück lag. „Ein solch zutrauliches Reh habe ich in meinen 64 Jahren als Waidmann noch nie erlebt“so Anton Dreher.
Kurzerhand entschied er, das Tier zu sich auf den Dreher-Erlebnishof zu nehmen, wo schon viele andere Tiere ihren Platz haben. Mit Brombeerblättern, die dem jungen Kitzbock besonders gut schmecken, und mit Kälberfutter wurde der „Schultes-Bock“, wie das Tier in Anlehnung an den Fundort von Drehers genannt wird, aufgepäppelt.
Mittlerweile ist er der Liebling nicht nur der drei Dreher-Geschwister Pia, Toni und Rosalie sondern der ganzen Familie. Nur ein Rufen und das Locken mit einem Rübenschnitz und schon ist das Reh da, um völlig zutraulich und neugierig seine Besucher zu inspizieren. Selbst mit den Hühnern, die mit ihm die Weide teilen, hat sich dieses Tier mit dem ungewöhnlichen Verhalten angefreundet.
Anton Dreher ist gespannt, wie sich das Verhalten entwickelt, wenn die ersten Testosteronschübe einsetzen und der Bock im Spätsommer in die Pubertät kommt. Bis dahin ist er aber ein weiteres handzahmes Tier auf dem Erlebnishof der Familie Dreher, in dem das Frühjahr neues Leben bringt. Derzeit sind es zwei erst zwei Wochen alte Lämmer, die von den Dreher-Kindern mit der Flasche mit Kuhmilch aufgezogen werden ebenso wie junge Ziegen und weitere Kleintiere.
Es ist ein Paradies für Kinder und Familien, die derzeit leider auf dem Hof fehlen. Das durch die CoronaPandemie ausgesprochene Übernachtungsverbot zu touristischen Zwecken führt dazu, dass die 100 Prozent-Belegung zu den Osterferien auf Null gefahren ist. „Wir bedauern es sehr, dass wir die vielen Anfragen, die trotz Corona eintreffen, ebenso absagen müssen, wie den vielen Stammgästen, die immer schon von Jahr zu Jahr buchen“sagt Claudia Dreher, die auf dem Erlebnishof für die Gästebetreuung verantwortlich ist.
Dass sich die wirtschaftlichen Folgen in Grenzen halten, liegt an den Quartierbuchungen durch Arbeiter, vor allem aus den osteuropäischen Ländern, die trotz Corona in der Region bleiben und auch willkommen sind. Mit den Feriengästen hoffen Claudia und Tobias Dreher, dass die Entwicklung der CoronaPandemie so ist, dass bis zu den Sommerferien wieder Aufenthalte auf dem Bauernhof möglich sind.