Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Neues aus dem Garten
Was VfR-Trainer Roland Seitz zur Situation rund um den Regionalligisten aus Aalen denkt
Der Garten von Roland Seitz (55) ist in einem guten Zustand in diesen Tagen. „Manchmal ist es gut, wenn man Haus und Garten hat“, sagt der Hausmann aus Neumarkt in der Oberpfalz mit einem Lachen. Der Mann, der eigentlich hauptberuflich Fußballtrainer ist, in diesen Zeiten aber seinen Faible für die Gartenarbeit wiederentdeckt hat. Gartenarbeit ist ja auch irgendwie Sport.
In Zeiten der Corona-Pandemie müssen alle umdenken und sich daheim anderweitig beschäftigen, neben der Arbeit, denn die ruht ja bei den meisten Menschen nicht. Auch nicht für Fußballtrainer. Die sind in diesen Tagen beschäftigt, individuelle Trainingspläne zu erstellen, dem Mittel in der Not. Profifußballer müssen schließlich auch im Home Office im wahrsten Sinne des Wortes am Laufen gehalten werden.
Am Sonntag starten die ersten zwei Wochen der Heimarbeit beim VfR ab, nachdem der Fußball am Freitag den 13. März seinen großen Knall erlebte und auch der VfR zum stoppen gebracht wurde. Nunmehr müssen Seitz sowie sein Co-Trainer Christian Demirtas erst einmal die nächsten zwei Wochen planen. Mit dem Ist-Zustand ist Seitz zufrieden.
„Das funktioniert“, meldet der Heimtrainer aus der Oberpfalz. Das Programm für die Profis: Laufen, Krafttraining, Stabilisationsübungen. „Du kannst ja nicht allzu viel machen“, merkt der erfahrene Coach an. Vielleicht noch ein bisschen Balltraining im Garten, wenn man einen Garten hat.
Auch Seitz schaut sich im Internet um, was die anderen Verein so treiben beim Cyber-Training. Via Funkuhr können die Trainer die Leistungen ihrer fleißigen Schützlinge überprüfen.
Ab Montag wird dann der nächste Plan für den VfR in Kraft treten.
Doch freilich ist auch Seitz ratlos, für welchen Zeitpunkt eigentlich trainiert wird. Anders als in einer sechswöchigen Vorbereitungszeit wie im Sommer ist eine Trainingssteuerung derzeit schwierig. Laufen geht immer, das weiß auch Seitz, doch welcher Fußballer läuft immer gerne? Die Grundkondition sollte ohnehin vorhanden sein bei einem gestandenen Berufsfußballer. Eines weiß der Ex-Profi aber auch: Wenn es nach mehreren Wochen wieder losgehen sollte mit Spielen, „dann wird die Verletzungsgefahr extrem hoch sein.“Als erstes Datum hat Seitz nur den 20. April – bis dahin soll die Regionalliga zunächst ruhen. Da nun aber auch schon die Deutsche Fußball Liga für die erste und zweite Liga und der DFB mit der 3. Liga die Zeit bis mindestens 30. April für die Unterbrechung anberaumt haben, dürfte die vierte Liga wohl auch nicht vorher starten. Zudem kommt dazu: In Baden-Württemberg sind nach Anordnung der Landesregierung auch die Sportstätten bis 15. Juni dicht – außer das wird von Amtes wegen außer Kraft gesetzt.
„Ich nehme den Ist-Zustand“, so der Oberpfälzer: „Es macht keinen Sinn darüber nachzudenken, wann es weiter geht.“Die Corona-Krise hat die Welt fest im Griff. Er sagt dahingehend nur: „Ich hoffe, dass es schnell passiert, dass eine Entscheidung für uns getroffen wird.“
Der „Wort Case“, also der schlimmste Fall, wäre der Abbruch der Saison. Für den VfR sportlich gar nicht so schlimm, denn würde das aktuelle Tabellenbild als Abschlussklassement gelten, hätten die Aalener in ihrer schwierigen Nach-Abstiegssaion aus der 3. Liga immerhin den Klassenverbleib in der Regionalliga
geschafft. „Das wäre schon mal schön“, findet Seitz. Der 14. Platz reicht derzeit knapp, um ein weiteres Jahr in der vierten Liga zu spielen.
Doch mit welchen Spielern? Stand jetzt wären zumindest mehr als ein Dutzend sicher. „14 Verträge sind unter Dach und Fach“, zeigt Seitz auf, „da bin ich froh“. So habe der Trainer, dessen Vertrag ja auch noch für die kommenden zwei Spielzeiten gilt, „ein Gerüst“stehen. Für weitere Kandidaten ist es eine schwierige Zeit: Spieler wie Dijon Ramaj, Lukas Gerlspeck, Kamil Tyminski, Nico Lucas, Niko Dobros, die mal gute, mal schlechte Einsätze vorwiesen, könnten noch verlängern – oder gehen.
Und da sind ja noch die Winterneuzugänge Sebastian Schiek, Andreas Ivan, Leon Volz und Amodou Abduellei, die erst einmal nur einen Kontrakt bis zum Sommer besitzen und sich nun nicht nicht zeigen können (Jan Holldack und Dario Ehret hatten im Winter für eineinhalb Jahre unterschrieben). „Die Leistungen sollten zeigen, ob sie bleiben oder nicht“, erklärt Seitz. Doch ohne Spiele keine Leistung. So rufen Seitz in seiner Funktion in Personalunion als Trainer und Sportlicher Leiter im heimischen Garten Spielerberater an, doch auch ein erfahrener Fußballschaffender wie Seitz kann ihnen keine Auskünfte geben. Ohne Spiele steht alles – und vor allen Dingen fließt kein Geld.
Der finanziell nicht gerade auf Rosen gebettete VfR ist wie alle Viertligisten auch von Zuschauereinnahmen abhängig, doch an Spiele vor Fans ist derzeit nicht zu denken und Geisterspiele bringen den Regionalligisten nicht allzu viel, vielmehr verursachen sie Kosten, die an einem Spieltag anfallen. Und was nicht zuletzt mit den Sponsoren ist, wird für Zukunft eine schwerwiegende Frage, mit der sich Seitz immerhin nicht auseinandersetzen muss. Doch er hat da so eine Vermutung, generell für die Mannschaften in den Profiligen, die ohne Zuschauer, TV-Gelder und Sponsoringeinnahmen ein Problem haben. Der Einbruch „kommt 2021“, denkt Seitz. Kein Geld für die Klubs, das heißt in einigen Fällen der 3. und 4. Liga schon jetzt Kurzarbeit. „Wir brauchen jeden Cent“, spricht Seitz fast schon für alle Vereine.
Doch bei allen schlechten Nachrichten für den Fußball merkt der Coach an, was wirklich zählt. „Die Gesundheit ist das Wichtigste. Alles andere wird wieder kommen.“Und was der Gesundheit noch zuträgt: Sport. „Ich versuche auch Sport zu treiben“. Also richtigen Sport statt Gartenarbeit.