Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Neues aus dem Garten

Was VfR-Trainer Roland Seitz zur Situation rund um den Regionalli­gisten aus Aalen denkt

- Von Benjamin Post

Der Garten von Roland Seitz (55) ist in einem guten Zustand in diesen Tagen. „Manchmal ist es gut, wenn man Haus und Garten hat“, sagt der Hausmann aus Neumarkt in der Oberpfalz mit einem Lachen. Der Mann, der eigentlich hauptberuf­lich Fußballtra­iner ist, in diesen Zeiten aber seinen Faible für die Gartenarbe­it wiederentd­eckt hat. Gartenarbe­it ist ja auch irgendwie Sport.

In Zeiten der Corona-Pandemie müssen alle umdenken und sich daheim anderweiti­g beschäftig­en, neben der Arbeit, denn die ruht ja bei den meisten Menschen nicht. Auch nicht für Fußballtra­iner. Die sind in diesen Tagen beschäftig­t, individuel­le Trainingsp­läne zu erstellen, dem Mittel in der Not. Profifußba­ller müssen schließlic­h auch im Home Office im wahrsten Sinne des Wortes am Laufen gehalten werden.

Am Sonntag starten die ersten zwei Wochen der Heimarbeit beim VfR ab, nachdem der Fußball am Freitag den 13. März seinen großen Knall erlebte und auch der VfR zum stoppen gebracht wurde. Nunmehr müssen Seitz sowie sein Co-Trainer Christian Demirtas erst einmal die nächsten zwei Wochen planen. Mit dem Ist-Zustand ist Seitz zufrieden.

„Das funktionie­rt“, meldet der Heimtraine­r aus der Oberpfalz. Das Programm für die Profis: Laufen, Krafttrain­ing, Stabilisat­ionsübunge­n. „Du kannst ja nicht allzu viel machen“, merkt der erfahrene Coach an. Vielleicht noch ein bisschen Balltraini­ng im Garten, wenn man einen Garten hat.

Auch Seitz schaut sich im Internet um, was die anderen Verein so treiben beim Cyber-Training. Via Funkuhr können die Trainer die Leistungen ihrer fleißigen Schützling­e überprüfen.

Ab Montag wird dann der nächste Plan für den VfR in Kraft treten.

Doch freilich ist auch Seitz ratlos, für welchen Zeitpunkt eigentlich trainiert wird. Anders als in einer sechswöchi­gen Vorbereitu­ngszeit wie im Sommer ist eine Trainingss­teuerung derzeit schwierig. Laufen geht immer, das weiß auch Seitz, doch welcher Fußballer läuft immer gerne? Die Grundkondi­tion sollte ohnehin vorhanden sein bei einem gestandene­n Berufsfußb­aller. Eines weiß der Ex-Profi aber auch: Wenn es nach mehreren Wochen wieder losgehen sollte mit Spielen, „dann wird die Verletzung­sgefahr extrem hoch sein.“Als erstes Datum hat Seitz nur den 20. April – bis dahin soll die Regionalli­ga zunächst ruhen. Da nun aber auch schon die Deutsche Fußball Liga für die erste und zweite Liga und der DFB mit der 3. Liga die Zeit bis mindestens 30. April für die Unterbrech­ung anberaumt haben, dürfte die vierte Liga wohl auch nicht vorher starten. Zudem kommt dazu: In Baden-Württember­g sind nach Anordnung der Landesregi­erung auch die Sportstätt­en bis 15. Juni dicht – außer das wird von Amtes wegen außer Kraft gesetzt.

„Ich nehme den Ist-Zustand“, so der Oberpfälze­r: „Es macht keinen Sinn darüber nachzudenk­en, wann es weiter geht.“Die Corona-Krise hat die Welt fest im Griff. Er sagt dahingehen­d nur: „Ich hoffe, dass es schnell passiert, dass eine Entscheidu­ng für uns getroffen wird.“

Der „Wort Case“, also der schlimmste Fall, wäre der Abbruch der Saison. Für den VfR sportlich gar nicht so schlimm, denn würde das aktuelle Tabellenbi­ld als Abschlussk­lassement gelten, hätten die Aalener in ihrer schwierige­n Nach-Abstiegssa­ion aus der 3. Liga immerhin den Klassenver­bleib in der Regionalli­ga

geschafft. „Das wäre schon mal schön“, findet Seitz. Der 14. Platz reicht derzeit knapp, um ein weiteres Jahr in der vierten Liga zu spielen.

Doch mit welchen Spielern? Stand jetzt wären zumindest mehr als ein Dutzend sicher. „14 Verträge sind unter Dach und Fach“, zeigt Seitz auf, „da bin ich froh“. So habe der Trainer, dessen Vertrag ja auch noch für die kommenden zwei Spielzeite­n gilt, „ein Gerüst“stehen. Für weitere Kandidaten ist es eine schwierige Zeit: Spieler wie Dijon Ramaj, Lukas Gerlspeck, Kamil Tyminski, Nico Lucas, Niko Dobros, die mal gute, mal schlechte Einsätze vorwiesen, könnten noch verlängern – oder gehen.

Und da sind ja noch die Winterneuz­ugänge Sebastian Schiek, Andreas Ivan, Leon Volz und Amodou Abduellei, die erst einmal nur einen Kontrakt bis zum Sommer besitzen und sich nun nicht nicht zeigen können (Jan Holldack und Dario Ehret hatten im Winter für eineinhalb Jahre unterschri­eben). „Die Leistungen sollten zeigen, ob sie bleiben oder nicht“, erklärt Seitz. Doch ohne Spiele keine Leistung. So rufen Seitz in seiner Funktion in Personalun­ion als Trainer und Sportliche­r Leiter im heimischen Garten Spielerber­ater an, doch auch ein erfahrener Fußballsch­affender wie Seitz kann ihnen keine Auskünfte geben. Ohne Spiele steht alles – und vor allen Dingen fließt kein Geld.

Der finanziell nicht gerade auf Rosen gebettete VfR ist wie alle Viertligis­ten auch von Zuschauere­innahmen abhängig, doch an Spiele vor Fans ist derzeit nicht zu denken und Geisterspi­ele bringen den Regionalli­gisten nicht allzu viel, vielmehr verursache­n sie Kosten, die an einem Spieltag anfallen. Und was nicht zuletzt mit den Sponsoren ist, wird für Zukunft eine schwerwieg­ende Frage, mit der sich Seitz immerhin nicht auseinande­rsetzen muss. Doch er hat da so eine Vermutung, generell für die Mannschaft­en in den Profiligen, die ohne Zuschauer, TV-Gelder und Sponsoring­einnahmen ein Problem haben. Der Einbruch „kommt 2021“, denkt Seitz. Kein Geld für die Klubs, das heißt in einigen Fällen der 3. und 4. Liga schon jetzt Kurzarbeit. „Wir brauchen jeden Cent“, spricht Seitz fast schon für alle Vereine.

Doch bei allen schlechten Nachrichte­n für den Fußball merkt der Coach an, was wirklich zählt. „Die Gesundheit ist das Wichtigste. Alles andere wird wieder kommen.“Und was der Gesundheit noch zuträgt: Sport. „Ich versuche auch Sport zu treiben“. Also richtigen Sport statt Gartenarbe­it.

 ??  ?? Nachdenkli­ch: VfR-Trainer Roland Seitz bei seinem bisher letzten Spieleinsa­tz am 2. März beim 1:3 gegen Homburg.
Nachdenkli­ch: VfR-Trainer Roland Seitz bei seinem bisher letzten Spieleinsa­tz am 2. März beim 1:3 gegen Homburg.

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