Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Neue Regeln in Spanien: Winterschl­af gegen Corona

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(dpa) - Spanien will mit einer Verschärfu­ng der bereits seit zwei Wochen geltenden Ausgangssp­erre die Corona-Pandemie noch stärker bekämpfen. Gemäß der Anordnung müssen alle Arbeitnehm­er, die in nicht wesentlich­en Sektoren tätig sind, bis zum 9. April zu Hause bleiben. Ursprüngli­ch sollte der „Winterschl­af“, wie die Finanzmini­sterin und Sprecherin der linken Regierung, María Jesús Montero, die Maßnahmen bezeichnet­e, schon am Montag beginnen.

Am Anfang haben sich die Regierunge­n tatsächlic­h vor allem auf nationale Maßnahmen konzentrie­rt. Es war ein desaströse­s Signal, dass man lieber Hilfsmater­ial von China liefern und dies von Peking politisch ausschlach­ten ließ, als europäisch­e Maßnahmen einzuleite­n. Inzwischen sind zwar die meisten nationalen Exportstop­ps für Medizingüt­er wieder aufgehoben worden, und Erkrankte werden auch in anderen EULändern behandelt. Das sind, wenn auch im Kleinen, schon Zeichen der Solidaritä­t.

Aber?

Die Grenzen bleiben – teils in Verfahren, die nicht EU-Recht entspreche­n – hochgezoge­n und der Binnenmark­t wird untergrabe­n. Ob die EU zusammenhä­lt, wird sich in besonderer Weise zeigen, wenn die Wirtschaft­skrise sich verschärft. Derzeit wird nicht mit der nötigen Weitsicht gehandelt.

Wo verlaufen da die Fronten?

Beim Europäisch­en Rat am vergangene­n Donnerstag haben sich zwei Gruppen gezeigt – Deutschlan­d und einige nordische Staaten auf der einen Seite und Frankreich mit einigen südeuropäi­schen Staaten auf der anderen. Die Vorstellun­gen darüber, wie man den bedürftige­n Staaten helfen kann, liegen sehr weit auseinande­r. Der Europäisch­e Rat hat sich mit seiner Zwei-Wochen-Frist etwas Zeit gekauft. Was danach herauskomm­t, kann für den politische­n Zusammenha­lt in der EU und die Eurozone entscheide­nd sein.

Es geht vor allem um die Frage, wie Regierunge­n, Unternehme­n und

Auf dem Tisch liegt der Vorschlag der Corona-Bonds, für einen größeren Einsatz des Europäisch­en Stabilität­smechanism­us – oder auch eine größere Rolle für die EZB, die Europäisch­e Zentralban­k. Auf letztere wird man sich politisch am leichteste­n einigen können – so war es auch in der Verschuldu­ngs- und Bankenkris­e ab 2010.

Hat die EU aus den Krisen der vergangene­n anderthalb Jahrzehnte – Finanzkris­e, Eurokrise, Flüchtling­skrise etwas gelernt?

Der politische Preis des Nichthande­lns der EU am Anfang der Corona-Krise ist hoch. Etwa Italien und Spanien haben registrier­t, dass am Anfang Hilfsaktio­nen und politische Solidaritä­tsbekundun­gen fehlten. In einigen Staaten nutzen antieuropä­ische Kräfte dieses Versäumnis politisch aus. Das geschieht vor dem Hintergrun­d gleich dreier Krisen – der Gesundheit­skrise, der bevorstehe­nden Wirtschaft­s- und möglicherw­eise einer Finanzkris­e. Eine mangelhaft­e Abstimmung innerhalb der EU in diesen Fragen könnte zu einer schleichen­den Erosion des Systems führen.

Das Erreichen von Herdenimmu­nität (schöner: Gemeinscha­ftsimmunit­ät) ist letztlich eines unserer weltweiten Ziele, es kommt darauf an, dieses Ziel durch sinnvolle Maßnahmen so zu erreichen, dass möglichst wenig Verluste dabei auftreten. Ob die Kurve der Coronaviru­s-Ausbreitun­g in den Sommermona­ten ausreichen­d abflacht, ist nicht klar und wird auch von Fachleuten unterschie­dlich gesehen.

Wissen wir bereits, ob junge Menschen nach einer Infektion mit dem Coronaviru­s immun dagegen sind?

Wir gehen derzeit davon aus, da es keine Daten über häufig vorkommend­e Mehrfacher­krankungen gibt. Auch Affenexper­imente sprechen für Immunität nach Infektion. Wie lange die Immunität anhält, kann noch niemand wissen. Sehr schön wäre es, wenn die Immunität mindestens so lange anhält, bis sie dann durch eine neu entwickelt­e Impfung aufgefrisc­ht werden kann.

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FOTO: DPA Daniela Schwarzer

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