Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Claas-Produktion in Bad Saulgau noch nicht betroffen
Pandemie trifft Landmaschinenhersteller, die Pläne nach dem Grundstückstausch
- Sehr unterschiedlich ist die Lage während der Corona-Pandemie in den Werken des Landmaschinenherstellers Claas auf der ganzen Welt. Von Produktionskürzungen derzeit noch nicht betroffen ist das Werk in Bad Saulgau, in dem in der Hauptsache Maschinen für die Futtermittelernte hergestellt werden. Dagegen ruht die Produktion zu großen Teilen im Stammwerk im westfälischen Harsewinkel, vorläufig bis zum 17. April. Zuvor wurde bereits die Produktion in den Werken in Frankreich zurückgefahren.
Die Gründe für die Unterschiede haben logistische Ursachen oder hängen davon ab, wie stark bestimmte Regionen von der Pandemie betroffen sind. Bei den in Harsewinkel produzierten selbstfahrenden Erntemaschinen wie Mähdreschern oder Häckslern ist Claas von der Produktion und Lieferung von Motoren abhängig. Da es hier Schwierigkeiten gab, hat Claas die Produktion in Harsewinkel bereits vor einigen Tagen „kontrolliert“zurückgefahren, wie das Unternehmen in Harsewinkel mitteilt. Die in Bad Saulgau produzierten Maschinen für die Futtermittelernte dagegen werden an den Schlepper gehängt und sind damit unabhängig von den Lieferketten für Motoren. „In Bad Saulgau läuft die Produktion derzeit ganz normal“, sagt Unternehmenssprecher Wolfgang Eberhardt. Es gebe auch keine Kurzarbeit.
Ausgenommen vom Zurückfahren der Produktion in Harsewinkel bleiben allerdings die Abteilungen Maschinen- und Ersatzteilversand sowie Umbau und Endausrüstung. Laut Pressemitteilung laufen auch die Ersatzteilfertigung und Sonderinspektionen vorerst weiter.
Heruntergefahren hat Claas dagegen schon seit einigen Wochen die Produktion im Claas-Werk in Metz in Lothringen. „Das hat dort gesundheitliche Gründe“, so Eberhardt. Der Osten Frankreichs zählt zu den Epizentren der Corona-Pandemie. Mit andere Arten des Umgang mit der Pandemie hat es das Unternehmen in Russland und Indien zu tun. In Russland habe Präsident Putin eine Woche Urlaub verordnet. In Indien sei die Politik zur Eindämmung der Corona-Pandemie sehr restriktiv, weshalb Claas seine Produktion dort einstellen musste.
Trotz der schwierigen Lage will Claaas die Versorgung der Landwirtschaft sicherzustellen: „Aktuell hilft uns ein breites Maschinenangebot an Neu- und Gebrauchtmaschinen bei den Händlern, das für den unmittelbaren Bedarf verfügbar ist“, so der Vorstandsvorsitzende von Claas, Thomas Böck, in der Mitteilung des Unternehmens.
Durch die Corona-Krise sind die aktuellen Pläne von Claas für den Standort Bad Saulgau nach dem vollzogenen Grundstückstausch mit Kaufland in den Hintergrund getreten. Der Tausch sei ein Bekenntnis des Unternehmens, dass Claas den Standort „auf- und ausbauen“werde, macht Thomas Böck im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“deutlich. Ein gewichtiges Argument für diese Unternehmenspläne sieht Claas in einer günstigen Situation auf dem Arbeitsmarkt, „weil wir in der Ausbildung, die ja sehr, sehr hochwertig ist, viele gute Leute hier aus der Gegend bekommen. Diese Qualität der Mitarbeiter hilft uns bei der Entwicklung des Standorts“. Zumindest Gedankenspiele gibt es um neue Produkte, die in Bad Saulgau hergestellt werden könnten. „Wir sind gerade dabei, die Marktakzeptanz zu prüfen.“Böck sieht insgesamt gute Perspektiven bei der Produktion von Futterentemaschinen, dem Schwerpunkt der Claas-Produktion in Bad Saulgau, allen Diskussionen um den Fleischkonsum zum Trotz. „Solange Tierhaltung da ist und man nicht grundsätzlich auf Fleisch verzichtet, werden auch weiterhin Futtererntemaschinen gebraucht. Wir sehen für den Standort Bad Saulgau gute Exportperspektiven. Nordamerika ist für uns ein Wachstumsmarkt, auch Russland.“
Claas will das frühere KauflandGelände komplett in das Werksgelände einbeziehen, das Unternehmen werde eine neue Einfahrt bekommen, so Thomas Böck. „Wir brauchen hier dringend neue Logistikflächen, um Maschinen abzustellen. Ein Teil wird für Parkplätze gebraucht.“
Bei der Suche nach einem Platz für den Gedenkstein für die Zwangsarbeiter während der Nazi-Herrschaft bietet der Claas-Chef der Stadt die Zusammenarbeit an. Der Gedenkstein hatte seinen Platz am Rand des früheren Kaufland-Parkplatzes. Zwangsarbeiter des Lagers mussten beim Claas-Vorgängerunternehmen Bautz Teile der angeblichen Wunderwaffe V 5 herstellen. Claas hatte den Stein entfernen lassen, weil er nach der Umgestaltung nicht mehr öffentlich zugänglich sein würde. Inzwischen ist der Stein beim Bauhof eingelagert, ein neuer Platz ist noch nicht bestimmt. Böck bekennt sich zu der Verantwortung des Unternehmens für die Geschichte: „Wir wollen das Thema in Erinnerung halten und wir suchen deshalb zusammen mit der Stadt einen geeigneten Platz, der für alle Menschen zugänglich ist.“