Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
In Notlagen ist das Gespräch die beste Lösung
Mancher Vermieter kann großzügig helfen – Andere sind auf die Mieteinnahmen angewiesen
- Durch die einseitige Einstellung von Mietzahlungen für Ladengeschäfte durch Großkonzerne ist das Thema aktuell geworden. Neue Gesetze in Corona-Zeiten sollten Mietern helfen und wurden von Großunternehmen ausgenutzt. Ladeninhaber in Bad Saulgau haben bei weitem nicht den finanziellen Hintergrund wie Konzerne. Da kann es durch den derzeitigen Ausfall von Einnahmen tatsächlich zu Notlagen kommen. Es gibt Beispiele, wo Vermieter geholfen haben. Der Interessenverband der Vermieter, Haus und Grund, empfiehlt generell, in solchen Fällen miteinander zu reden.
Der Vermieter möchte in der Zeitung nicht genannt werden. Die Geschäftsfrau eines von ihm vermieteten Ladens in der Bad Saulgauer Innenstadt war aufgelöst zu ihm gekommen. Die Frau hatte Ware für Ostern bestellt, auf der sie durch die verfügte Schließung ihres Geschäfts nun sitzenbleibe. Sie bat ihn um Mietminderung. Der Vermieter setzte die Miete darauf hin ganz aus. Das gleiche tat er für drei weitere Geschäftslokale, die er vermietet hatte. Er wolle alle seine gewerblichen Mieter gleich behandeln, sagt er.
„Wir waren in der Vergangenheit schon immer großzügig“, sagt er im Gespräch. Man wisse derzeit auch nicht genau, wie das mit den zugesagten Soforthilfen laufe. Allerdings kann er sich diese großzügige Geste wegen angesparter Rücklagen leisten. Reden müsse man deshalb wieder, wenn die Phase der Corona-Bewältigung zu lange dauere. „Dann müssen wir uns wieder zusammensetzen.“
Nach den im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in Kraft gesetzten Bestimmungen sind Gewerbetreibende vor einer Kündigung des Mietverhältnisses geschützt, wenn sie mit den Mieten für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 in Rückstand geraten. Da Miete immer einen Monat im voraus bezahlt wird, müsste die Miete für
März bereits überwiesen sein. für den Monat April wird die Zahlung jetzt fällig. Beim Aussetzen der Zahlung muss der Zusammenhang der Notlage mit der Corona-Pandemie nachgewiesen werden, meint der Bundesverband Haus und Grund, die Interessenvereinigung der Vermieter, in einem Ratgeber für ihre Mitglieder zu den Auswirkungen der Coronakrise.
Sollte es zu einer solchen Notlage kommen, empfiehlt Günter Hermann aus Ostrach, Vorsitzender von Haus und Grund im Kreis Sigmaringen, auf jeden Fall ein Gespräch zwischen Vermieter und Mieter. „Dann können die Parteien miteinander klären, was kann ich machen und was geht nicht.“Längst nicht alle Vermieter könnten auf die Einnahmen durch die Miete verzichten. Mieteinnahmen seien in manchen Fällen für die finanzielle Absicherung im Alter fest eingeplant. Bei Wohnungen als Kapitalanlage würden sie für die Kosten der Finanzierung gebraucht. Der Mieter als Gewerbetreibender habe die Möglichkeit, Soforthilfe zu beantragen. Für nicht durchdacht hält Hermann, dass der Gesetzgeber die Art und Weise, wie die Miete nach Corona bei gleichbleibend klammer Kasse wieder zurückgezahlt werden soll, nicht geklärt hat. Ob und unter welchen Voraussetzungen der Mieter neben der Möglichkeit der Stundung auch ein Recht auf Mietminderungen hat, ist rechtlich umstritten.
Auch Baykal Ünal, Fachgruppenvorsitzender Einzelhandel und selbst betroffener Mieter, rät zur Gelassenheit. „Wir sollten jetzt erst einmal Ruhe bewahren und warten, was kommt.“Bei der Frage der Mieten müsse man auch die Position des anderen sehen. „Auch die Vermieter wissen nicht, wie es weitergeht“, so der Vertreter der Einzelhändler.
Was nicht ausschließt, in Notlagen an Ideen für Lösungen zu arbeiten und dabei auch das Gespräch mit dem eigenen Vermieter zu suchen. Dass Vermieter ihre Verantwortung in Zeiten der Corona-Krise spüren, zeigt das Beispiel eines weiteren von der „Schwäbischen Zeitung“befragten Vermieters. Er hatte seit November eine Mieterhöhung in der Schublade, die er in diesem Jahr realisieren wollte. Nun bleibt die Erhöhung in der Schublade, bis die Zeiten nach Corona wieder besser werden.