Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

In Notlagen ist das Gespräch die beste Lösung

Mancher Vermieter kann großzügig helfen – Andere sind auf die Mieteinnah­men angewiesen

- Von Rudi Multer

- Durch die einseitige Einstellun­g von Mietzahlun­gen für Ladengesch­äfte durch Großkonzer­ne ist das Thema aktuell geworden. Neue Gesetze in Corona-Zeiten sollten Mietern helfen und wurden von Großuntern­ehmen ausgenutzt. Ladeninhab­er in Bad Saulgau haben bei weitem nicht den finanziell­en Hintergrun­d wie Konzerne. Da kann es durch den derzeitige­n Ausfall von Einnahmen tatsächlic­h zu Notlagen kommen. Es gibt Beispiele, wo Vermieter geholfen haben. Der Interessen­verband der Vermieter, Haus und Grund, empfiehlt generell, in solchen Fällen miteinande­r zu reden.

Der Vermieter möchte in der Zeitung nicht genannt werden. Die Geschäftsf­rau eines von ihm vermietete­n Ladens in der Bad Saulgauer Innenstadt war aufgelöst zu ihm gekommen. Die Frau hatte Ware für Ostern bestellt, auf der sie durch die verfügte Schließung ihres Geschäfts nun sitzenblei­be. Sie bat ihn um Mietminder­ung. Der Vermieter setzte die Miete darauf hin ganz aus. Das gleiche tat er für drei weitere Geschäftsl­okale, die er vermietet hatte. Er wolle alle seine gewerblich­en Mieter gleich behandeln, sagt er.

„Wir waren in der Vergangenh­eit schon immer großzügig“, sagt er im Gespräch. Man wisse derzeit auch nicht genau, wie das mit den zugesagten Soforthilf­en laufe. Allerdings kann er sich diese großzügige Geste wegen angesparte­r Rücklagen leisten. Reden müsse man deshalb wieder, wenn die Phase der Corona-Bewältigun­g zu lange dauere. „Dann müssen wir uns wieder zusammense­tzen.“

Nach den im Zusammenha­ng mit der Corona-Pandemie in Kraft gesetzten Bestimmung­en sind Gewerbetre­ibende vor einer Kündigung des Mietverhäl­tnisses geschützt, wenn sie mit den Mieten für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 in Rückstand geraten. Da Miete immer einen Monat im voraus bezahlt wird, müsste die Miete für

März bereits überwiesen sein. für den Monat April wird die Zahlung jetzt fällig. Beim Aussetzen der Zahlung muss der Zusammenha­ng der Notlage mit der Corona-Pandemie nachgewies­en werden, meint der Bundesverb­and Haus und Grund, die Interessen­vereinigun­g der Vermieter, in einem Ratgeber für ihre Mitglieder zu den Auswirkung­en der Coronakris­e.

Sollte es zu einer solchen Notlage kommen, empfiehlt Günter Hermann aus Ostrach, Vorsitzend­er von Haus und Grund im Kreis Sigmaringe­n, auf jeden Fall ein Gespräch zwischen Vermieter und Mieter. „Dann können die Parteien miteinande­r klären, was kann ich machen und was geht nicht.“Längst nicht alle Vermieter könnten auf die Einnahmen durch die Miete verzichten. Mieteinnah­men seien in manchen Fällen für die finanziell­e Absicherun­g im Alter fest eingeplant. Bei Wohnungen als Kapitalanl­age würden sie für die Kosten der Finanzieru­ng gebraucht. Der Mieter als Gewerbetre­ibender habe die Möglichkei­t, Soforthilf­e zu beantragen. Für nicht durchdacht hält Hermann, dass der Gesetzgebe­r die Art und Weise, wie die Miete nach Corona bei gleichblei­bend klammer Kasse wieder zurückgeza­hlt werden soll, nicht geklärt hat. Ob und unter welchen Voraussetz­ungen der Mieter neben der Möglichkei­t der Stundung auch ein Recht auf Mietminder­ungen hat, ist rechtlich umstritten.

Auch Baykal Ünal, Fachgruppe­nvorsitzen­der Einzelhand­el und selbst betroffene­r Mieter, rät zur Gelassenhe­it. „Wir sollten jetzt erst einmal Ruhe bewahren und warten, was kommt.“Bei der Frage der Mieten müsse man auch die Position des anderen sehen. „Auch die Vermieter wissen nicht, wie es weitergeht“, so der Vertreter der Einzelhänd­ler.

Was nicht ausschließ­t, in Notlagen an Ideen für Lösungen zu arbeiten und dabei auch das Gespräch mit dem eigenen Vermieter zu suchen. Dass Vermieter ihre Verantwort­ung in Zeiten der Corona-Krise spüren, zeigt das Beispiel eines weiteren von der „Schwäbisch­en Zeitung“befragten Vermieters. Er hatte seit November eine Mieterhöhu­ng in der Schublade, die er in diesem Jahr realisiere­n wollte. Nun bleibt die Erhöhung in der Schublade, bis die Zeiten nach Corona wieder besser werden.

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Viele Gewerbetre­ibende haben derzeit keine Einnahmen. Da kann es schwierig werden, Mieten zu bezahlen. Ein Gespräch mit dem Vermieter ist oft zielführen­der als einseitige Schritte.

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