Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Partnerschaftsverein sagt Reise nach Chalais ab
Schutzmaßnahmen gegen Covid-19 in französischer Partnerstadt – Nachlässigen drohen hohe Geldbußen
- Bad Saulgaus französische Partnerstadt Chalais liegt im Südwesten der Republik, den das Virus wohl erst langsam erreicht. In der Charente gibt es nach Informationen der Lokalzeitung Charente Libre derzeit 37 Menschen, die nach einer Infektion in Krankenhäusern behandelt werden. Inzwischen ist die Zahl der Toten der gleichen Quelle zufolge auf neun gestiegen. Im gegenseitigen Einverständnis haben die Partnerschaftsvereine in Chalais und Bad Saulgau die über Pfingsten geplante Reise in die französische Partnerstadt abgesagt. Die Reise soll im Jahr 2021 nachgeholt werden.
Wie Daniel Rousse, der neu gewählte Präsident des Comité de Jumelage, berichtet, wurden für die Region bereits strenge Vorgaben erlassen, die den unseren sehr ähnlich sind. Seiner Einschätzung nach werden sie in Chalais zwar überwiegend befolgt, doch ziemlich widerstrebend, denn „die Leute wollen so leben wie bisher“. Das bedeutet, statt zuhause zu bleiben kauft man jeden Tag Brot, zieht auch ein zweites oder drittes Mal los, um eine Kleinigkeit zu erstehen, flaniert ein bisschen, parliert ein bisschen. Typisch französisch eben. Offensichtlich unterschätzen viele Franzosen das Virus und nehmen dessen Gefährlichkeit nicht ernst. Inzwischen kontrolliert die Polizei und es drohen Geldstrafen für jene, die beispielsweise das Versammlungsverbot missachten. Bei groben Verstößen können schon mal 135 Euro fällig werden, „Wiederholungstäter“zahlen bis zu 3700 Euro Bußgeld.
Wie in Baden-Württemberg sind im Westen Frankreichs, und damit auch in Chalais, alle Schulen geschlossen, von der kleinsten Einrichtung bis zur Universität. Delphine, die Tochter von Daniel und Viviane Rousse, arbeitet an der Universität Nantes und erledigt ihren Dienst mittlerweile per Internet im Homeoffice. Für sämtliche Geschäfte, abgesehen von Lebensmittelläden und Apotheken, gilt ebenfalls ein Schließzwang. Bei Einkäufen darf sich immer nur eine Person im Laden aufhalten, während die Verkaufswege im Supermarkt Intermarché durch Bänder und Markierungen auf dem Boden kanalisiert werden. Auch der bei deutschen Besuchern wegen seiner malerischen Atmosphäre so geschätzte Montags-Markt ist geschrumpft und erlaubt nur noch Stände, die Lebensmittel anbieten. Die Kunden müssen bei Einkäufen einen Mindestabstand von einem Meter einhalten. Generell lautet die Empfehlung, möglichst zuhause zu bleiben, oder sich auf Spaziergängen höchstens einen Kilometer vom Ort zu entfernen. Besuche bei Freunden sind ebenfalls verboten, es sei denn, Alte und Kranke benötigen Hilfe. Im Altenheim gilt ein absolutes Besuchsverbot - schlimm etwa für Solange Lavoix, deren hochbetagte Mutter dort gepflegt wird. Sie befürchtet, dass sie „Maman“möglicherweise gar nicht mehr lebend sehen wird.
Manche Chalaiser gewinnen dem jetzigen Zustand auch Vorteile ab. Augenblicklich ist Chalais mit Temperaturen um 20 Grad Celsius die wärmste Ecke in Frankreich und die Sonne treibt die Gartenbesitzer an die Arbeit. Man telefoniere viel und festige so das soziale Netz, sagt Catherine Gargot. Oder erledige Dinge, die sonst liegen blieben.