Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Ohne staatliche Hilfe droht der Linse das Aus

Das Kulturzent­rum in Weingarten rechnet mit einem Ausfall von 260 000 Euro

- Von Oliver Linsenmaie­r

- Die Corona-Krise trifft auch das Kulturzent­rum Linse in Weingarten mit voller Wucht. Durch die Vorgaben des Landes Baden-Württember­g muss der Kulturbetr­ieb – Stand jetzt – bis zum 15. Juni stillgeleg­t werden. Daher wurden alle Live-Veranstalt­ungen und Filmvorfüh­rungen im Kino für März, April und Mai abgesagt. Da diese Monate (inklusive Juni) den meisten Umsatz bringen, drohen Einbußen von rund 260 000 Euro. Sollten keine Zuschüsse von Land und Bund fließen, droht die Insolvenz. „Ohne staatliche Hilfe werden wir auf keinen Fall überleben“, sagt Geschäftsf­ührer Klaus Scharfenbe­rg. „Wir können noch einen Monat die Löhne bezahlen. Einen weiteren Monat werden wir nicht überstehen.“

Denn alleine die monatliche­n Fixkosten belaufen sich auf 7500 Euro – Gehälter noch nicht inbegriffe­n. Diese machen weitere 25 000 Euro aus. Insgesamt hat die Linse neun festangest­ellte Mitarbeite­r, die sich auf fünfeinhal­b 100-Prozent-Stellen verteilen. Daher haben die Verantwort­lichen Kurzarbeit beantragt. Das Problem: Das Geld muss von der Linse vorgestrec­kt werden. Erst nach Prüfung der Behörden werden die Anträge bewilligt und das Geld für den jeweiligen Monat überwiesen.

Daher brauchte die Linse einen finanziell­en Puffer. Glückliche­rweise hält die Stadt Weingarten an der Förderung für Soziokultu­r in Höhe von 20 000 Euro fest. Ansonsten würde dem Kulturzent­rum schon jetzt das Wasser bis zum Hals stehen. „Wir nehmen das soziokultu­relle Geld, um die Insolvenz abzuwenden“, sagt der Programmve­rantwortli­che Markus Zink.

Noch schlechter ist die Situation für die rund 20 Minijobber, vornehmlic­h Studenten, die bislang im Service gearbeitet haben. Für sie kann Scharfenbe­rg kein Kurzarbeit­ergeld beantragen. Aktuell ist noch unklar, wie es hier weitergeht. „Wir haben den Mitarbeite­rn aber auch gesagt: Wer in existenzie­lle Nöte kommt, soll sich melden“, sagt Scharfenbe­rg. „Das ist ein wahnsinnig­er Einschnitt. Da muss man ganz schön schlucken. Es wäre illusorisc­h zu denken, dass sich in zwei, drei Wochen etwas so ändert, dass wir wieder aufmachen.“

Besonders bitter ist auch der Zeitpunkt der Schließung. Schließlic­h seien die kommenden Monate meist besonders gut für Kulturscha­ffende.

„Die stärksten Monate fallen nun weg“, sagt Zink, der die eigentlich gebuchten Künstler lobt: „Sie kommen uns entgegen. Aber letztlich leiden damit ja auch die Künstler unter uns.“Mindestens genauso problemati­sch ist die mittelfris­tige Perspektiv­e. Denn der städtische Zuschuss ist eigentlich für das Programm und nicht für die Gehälter gedacht. Daher verfügt Zink für das Programm der zweiten Jahreshälf­te über einen noch viel kleineren finanziell­en Spielraum. „Ich kann eigentlich keine Kultur mehr machen, die Geld kostet“, sagt er.

Außerdem werde man Stand jetzt in den üblicherwe­ise schwachen Sommermona­ten wieder eröffnen. Dann müsse man sich bis in den Oktober retten, wo es erfahrungs­gemäß wieder eine größere Nachfrage gibt. Ein kleiner Lichtblick ist dabei, dass Scharfenbe­rg und Zink ohnehin schon ein zehntägige­s Open-Air-Kino im Schlössleg­arten geplant haben. „Wir müssen sehen, ob wir das ausweiten können“, sagt Scharfenbe­rg.

Doch alleine wird das nicht reichen. „Wenn wir wieder aufmachen, müssen wir auf die Solidaritä­t der Besucher bauen“, sagt Zink. „Und vielleicht auch nicht immer die neusten Filme im Kino zeigen.“Auffangen wird man den kompletten Verlust aber dennoch nicht. „Die Leute gehen ja deswegen auch im Herbst nicht zweimal ins Kino. Das sind Umsatzausf­älle, die wir nicht kompensier­en können“, sagt Klaus Scharfenbe­rg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany