Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ohne staatliche Hilfe droht der Linse das Aus
Das Kulturzentrum in Weingarten rechnet mit einem Ausfall von 260 000 Euro
- Die Corona-Krise trifft auch das Kulturzentrum Linse in Weingarten mit voller Wucht. Durch die Vorgaben des Landes Baden-Württemberg muss der Kulturbetrieb – Stand jetzt – bis zum 15. Juni stillgelegt werden. Daher wurden alle Live-Veranstaltungen und Filmvorführungen im Kino für März, April und Mai abgesagt. Da diese Monate (inklusive Juni) den meisten Umsatz bringen, drohen Einbußen von rund 260 000 Euro. Sollten keine Zuschüsse von Land und Bund fließen, droht die Insolvenz. „Ohne staatliche Hilfe werden wir auf keinen Fall überleben“, sagt Geschäftsführer Klaus Scharfenberg. „Wir können noch einen Monat die Löhne bezahlen. Einen weiteren Monat werden wir nicht überstehen.“
Denn alleine die monatlichen Fixkosten belaufen sich auf 7500 Euro – Gehälter noch nicht inbegriffen. Diese machen weitere 25 000 Euro aus. Insgesamt hat die Linse neun festangestellte Mitarbeiter, die sich auf fünfeinhalb 100-Prozent-Stellen verteilen. Daher haben die Verantwortlichen Kurzarbeit beantragt. Das Problem: Das Geld muss von der Linse vorgestreckt werden. Erst nach Prüfung der Behörden werden die Anträge bewilligt und das Geld für den jeweiligen Monat überwiesen.
Daher brauchte die Linse einen finanziellen Puffer. Glücklicherweise hält die Stadt Weingarten an der Förderung für Soziokultur in Höhe von 20 000 Euro fest. Ansonsten würde dem Kulturzentrum schon jetzt das Wasser bis zum Hals stehen. „Wir nehmen das soziokulturelle Geld, um die Insolvenz abzuwenden“, sagt der Programmverantwortliche Markus Zink.
Noch schlechter ist die Situation für die rund 20 Minijobber, vornehmlich Studenten, die bislang im Service gearbeitet haben. Für sie kann Scharfenberg kein Kurzarbeitergeld beantragen. Aktuell ist noch unklar, wie es hier weitergeht. „Wir haben den Mitarbeitern aber auch gesagt: Wer in existenzielle Nöte kommt, soll sich melden“, sagt Scharfenberg. „Das ist ein wahnsinniger Einschnitt. Da muss man ganz schön schlucken. Es wäre illusorisch zu denken, dass sich in zwei, drei Wochen etwas so ändert, dass wir wieder aufmachen.“
Besonders bitter ist auch der Zeitpunkt der Schließung. Schließlich seien die kommenden Monate meist besonders gut für Kulturschaffende.
„Die stärksten Monate fallen nun weg“, sagt Zink, der die eigentlich gebuchten Künstler lobt: „Sie kommen uns entgegen. Aber letztlich leiden damit ja auch die Künstler unter uns.“Mindestens genauso problematisch ist die mittelfristige Perspektive. Denn der städtische Zuschuss ist eigentlich für das Programm und nicht für die Gehälter gedacht. Daher verfügt Zink für das Programm der zweiten Jahreshälfte über einen noch viel kleineren finanziellen Spielraum. „Ich kann eigentlich keine Kultur mehr machen, die Geld kostet“, sagt er.
Außerdem werde man Stand jetzt in den üblicherweise schwachen Sommermonaten wieder eröffnen. Dann müsse man sich bis in den Oktober retten, wo es erfahrungsgemäß wieder eine größere Nachfrage gibt. Ein kleiner Lichtblick ist dabei, dass Scharfenberg und Zink ohnehin schon ein zehntägiges Open-Air-Kino im Schlösslegarten geplant haben. „Wir müssen sehen, ob wir das ausweiten können“, sagt Scharfenberg.
Doch alleine wird das nicht reichen. „Wenn wir wieder aufmachen, müssen wir auf die Solidarität der Besucher bauen“, sagt Zink. „Und vielleicht auch nicht immer die neusten Filme im Kino zeigen.“Auffangen wird man den kompletten Verlust aber dennoch nicht. „Die Leute gehen ja deswegen auch im Herbst nicht zweimal ins Kino. Das sind Umsatzausfälle, die wir nicht kompensieren können“, sagt Klaus Scharfenberg.