Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Das kontaktlose Geschäft wird beliebter
Im Zuge der Corona-Verordnung müssen Händler ihren Betrieb einstellen oder sich anpassen
- Corona verändert die Geschäftswelt. Die einen müssen den Betrieb komplett einstellen, die anderen können improvisieren. Ein Überblick aus Altshausen.
Die Schließung gewisser Branchen traf Wolfgang Bley mit voller Wucht. Für das Wochenende hatte er einen Tag der offenen Tür seines Lederwarengeschäfts Krauss geplant. Statt Frühjahrsmode anzupreisen, musste er kurzfristig allen eingeladenen Stammkunden die Absage mitteilen. Die Neuanfertigung eines Pelzteufels für die Dorauszunft ist gerade fertig geworden, hier und da kann eine Reparatur erledigt werden. „Aber alles in allem fehlen uns Umsatz und Arbeit“, sagt Bley. Rund 2000 Euro habe er pro Monat an Fixkosten. Ein Onlinehandel mache für seine Ware keinen Sinn. „Einerseits wollen die Kunden das Material anfassen können, andererseits hat jeder eine andere Figur, sodass das Kleidungsstück angepasst werden muss“, erklärt Bley. Diesen Service schätze die Stammkundschaft zwischen Oberschwaben und Bodensee, aber dafür sei der persönliche Kontakt unumgänglich.
Bei der IHK hat Bley bereits einen Antrag auf Unterstützung gestellt. Er sei dankbar, dass von Land und Bund überhaupt so kurzfristig Hilfe zur Verfügung gestellt wurde, da Selbstständige
sonst oft auf sich gestellt seien. „Auch den Tag der offenen Tür werden wir irgendwann nachholen, aber ob dann noch Frühjahrsmode gefragt ist, müssen wir abwarten“, sagt Bley.
Bei Gerhard Grünhagel hingegen herrscht ein Kommen und Gehen. „Das liegt aber vor allem am Postschalter. Das gestiegene Aufkommen bei Paketen und Päckchen bemerken wir seit einigen Wochen“, sagt Grünhagel. Um den erforderlichen Abstand zu halten, dürfen nur drei Kunden gleichzeitig ins Geschäft. Leider gebe es dabei aber immer noch Ignoranten, die sich einfach reindrängeln würden. Mit dem Verkauf von Spielwaren über das Internet hat er bereits vor rund fünf Jahren begonnen. Das Online-Geschäft helfe nun als Einnahmequelle. Denn das fehlende Ostergeschäft mache sich bemerkbar. „Schon vor einer Weile mussten wir den Verkauf von Schulranzen einstellen, weil wir für die Beratung zu nah an den Kunden wären. Die sind sonst ein beliebtes Ostergeschäft und bleiben nun im Regal“, sagt Grünhagel.
Bei der Metzgerei Metzler hat sich der Verkauf über die Automaten und den Schließfächern für vorbestellte Ware bewährt. „Die werden jetzt vermehrt genutzt. Ursprünglich hatten wir sie eingerichtet, weil die Kunden zeitlich flexibler mit der Abholung sind. Aber nun ist das Prinzip vor allem gefragt, weil es quasi kontaktlos ist“, sagt Metzgermeister Tobias Metzler. Wie üblich gebe es auch in der Metzgerei Markierungen für die Einhaltung des Abstands sowie zusätzliche Scheiben an den Theken zum Schutz der Mitarbeiter. Ansonsten gebe es im Betrieb nicht mehr oder weniger als sonst zu tun. „Nur ganz kurz hat es mal eine höhere Nachfrage nach Konserven gegeben. Aber richtige Hamsterkäufe waren
ANZEIGE das nicht“, sagt Metzler.
Das Gasthaus Hopfen in Altshausen hatte anfangs ganz den Betrieb eingestellt, sich dann aber doch für einen Abholservice auf Vorbestellung entschieden. „Unsere Erwartungen
wurden mehr als übertroffen. Am Wochenende sind 90 Essen rausgegangen. Das ist sogar mehr als sonst“, sagt Regina Schwabe vom Hopfen. Die Zahl werde womöglich nicht dauerhaft so hoch bleiben, aber sei eine der wenigen Möglichkeiten, die Fixkosten einigermaßen reinzuholen. Und es gebe ihr und Mann Kurt die Möglichkeit, etwas anderes als nur Bürokram und Verschönerungsarbeiten zu tun zu haben. Bestellt wird über Telefon oder Internet, zur Abholung wird eine Zeit vereinbart. Auf dem Hof wurden eigens Markierungen gemacht, damit die Wartenden die Abstände einhalten, zur Ausgabe wurde ein Biertisch längs aufgestellt, um auch dort den direkten Kontakt zu verhindern.
Besonders gerührt waren Schwabes von der Hilfsbereitschaft der Gäste. Eine hat eine Tombola ins Leben gerufen, ein weiterer hat die Kosten für Patenschaften von Kindern in Afrika und Sri Lanka übernommen. Neben den Einkünften aus der Bewirtung fallen auch die der Konzerte weg, die teilweise schon ausverkauft waren. „Sie sollen aber nachgeholt werden und die Karten behalten ihre Gültigkeit“, erklärt Schwabe. Weitere Pläne für Veranstaltungen wolle das Paar aber zunächst noch nicht schmieden. „Das wichtigste ist nun, dass wir alle gesund bleiben und halbwegs über die Runden kommen“, sagt Regina Schwabe.