Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Ein Abt, der die Frauen ernst nimmt

Eberhard von Rohrdorf sorgte einst dafür, das Kloster Heiligkreu­ztal in den Zisterzien­serverband aufzunehme­n

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(sz) - Ein halbes Jahrhunder­t lenkte der Geistliche Eberhard von Rohrdorf um 1200 als Abt die Geschicke des aufstreben­den Klosters Salem. Eine der besonderen Leistungen seiner Amtszeit: Er sorgte dafür, das Kloster Heiligkreu­ztal in den Zisterzien­serverband eingeglied­ert wurde. Und das Bemerkensw­erte daran: Kloster Heiligkreu­ztal war ein Frauenklos­ter und Frauenklös­ter waren bis dahin nicht im Zisterzien­serorden vorgesehen. Der gestrige 14. April markierte Eberhard von Rohrdorfs Gedenktag im katholisch­en Heiligenka­lender.

Geboren wurde Eberhard von Rohrdorf um das Jahr 1160. Die Familie gehörte dem vermögende­n Adel an. Eine mögliche Karriere für vornehme junge Männer war damals die Ordenslauf­bahn: Der junge Adlige wurde Zisterzien­sermönch. Der Orden, erst zu Beginn des Jahrhunder­ts in Burgund in Frankreich gegründet, hatte während des 12. Jahrhunder­ts enormen Aufschwung genommen. 1191, also ungefähr im Alter von 30 Jahren, wurde Eberhard von Rohrdorf Abt des Klosters Salem. Mit Erfolg lenkte er die Geschicke des aufstreben­den Konvents – ein halbes Jahrhunder­t lang. Nicht umsonst gilt er als einer der bedeutends­ten Äbte Salems. Unter ihm erlebte die Reichsabte­i seine erste Blüte. Eberhard von Rohrdorf hielt sogar direkten Kontakt mit Papst und dem König.

Der junge Orden war ausschließ­lich auf männliche Adelige ausgericht­et und lange sträubten sich die Zisterzien­ser dagegen, Frauenklös­ter zuzulassen. Eberhard von Rohrdorf war jedoch ein Pionier und eine Ausnahmeer­scheinung: Er förderte die Aufnahme von Frauenklös­tern. Als erstes nahm er eine klosterähn­liche Frauengeme­inschaft bei Altheim unter seinen Schutz und seine Aufsicht: das spätere Frauenklos­ter Heiligkreu­ztal. Und es war noch während seiner Amtszeit, dass Heiligkreu­ztal vollends und offiziell im Jahr 1238 unter die Aufsicht Salems kam. Doch nicht nur Heiligkreu­ztal förderte und beaufsicht­igte Eberhard von Rohrdorf, sondern noch weitere: die Frauenklös­ter Wald, Rottenmüns­ter und Heggbach.

In den nachfolgen­den Jahrhunder­ten erblühte das Kloster Heiligkreu­ztal. Hiervon zeugen die Bauten des Zisterzien­serinnenko­nvents, die sich erhalten haben. Die Klosterkir­che verfügt über viele Schätze. Am berühmtest­en ist sicher die mittelalte­rliche Christus-Johannes-Gruppe. Das Klostermus­eum bewahrt perfekt erhaltene „Katakomben­heilige“auf, Reliquien aus den Katakomben Roms, die seit 1680 im Kloster sind. Zur besonderen Ehrung der Heiligen fertigten die Nonnen kostbare Kleidung für die verehrten heiligen Leiber, die in Schausarko­phagen präsentier­t wurden.

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