Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Florus legt dem SCP die Jugendarbeit ans Herz
71 Jahre alter Arzt will nicht länger Vorsitzender des SC Pfullendorf sein: „Jüngere sind in der Pflicht“
- Der SC Pfullendorf braucht in absehbarer Zeit einen neuen Vorsitzenden. Der bisherige, Jobst-Michael Florus, 71 Jahre alter Arzt aus Pfullendorf, hat am Dienstag seinen sofortigen Rückzug aus dem Amt erklärt (die SZ berichtete). Somit ist das verbleibende Vorstandsgremium aus Karl Fritz, Florus’ Stellvertreter, und Ulrich Körner, gefordert, das SCP-Schiff durch die nächsten Monate bis zur nächsten Hauptversammlung (noch nicht terminiert), wann sie coronabedingt auch stattfindet, zu lenken.
Den Zeitpunkt habe er absichtlich so gewählt, sagt Dr. Jobst-Michael Florus. „Es ist nichts Persönliches, es ist nichts passiert. Ich denke einfach, dass es ein geschickter Zeitpunkt ist, um die Verantwortung in jüngere Hände zu legen. Ich hätte auch bis zum Sommer weitermachen können“, sagt Florus.
Aber angesichts der derzeit herrschenden Lage sehe er eben nun eine neue Generation gefordert. „Ich praktiziere ja noch als Arzt, arbeite trotz meines Alters von 71 Jahren noch immer sechs, sieben Stunden am Tag. Ich muss mit meinen Kräften haushalten. Es braucht jetzt jüngere Leute. Jemanden, der Zeit hat, diese Aufgaben, wie das Gespräch mit den Sponsoren, zu übernehmen“, sagt Jobst-Michael Florus und macht deutlich, dass er diese Zeit nicht hat. Und nur um Vorsitzender zu bleiben, um „rumzupräsidieren, den Grußgott-August zu spielen“, wie Florus es nennt, dazu eigne er sich nicht. „Und ich bin ja nicht das einzige Vorstandsmitglied. Es sind ja noch andere da“, sagt Florus und weist die Frage, warum er sich urplötzlich verabschiedet habe, ohne Übergangsfrist, von sich. Es brauche insgesamt jüngere Kräfte, vorzugsweise des mittleren Alters, die nun gefordert sind.
Sein Fazit zieht Florus, auch mit dem Blick auf das, was da noch kommt, mit gemischten Gefühlen. „Hätten Sie mich vor sechs Wochen gefragt, oder im Januar, als das alles noch nicht abzusehen war, wäre es durchweg positiv gewesen. „Es passt mit den Mitarbeitern, das Trainerteam funktioniert sehr gut, die Kameradschaft
ist da. In der Jugend sind wir seit einiger Zeit wieder interessant“, sagt Florus. Und: „Wir haben hier in den vergangenen Jahren ja etwas geschafft.“Als er angetreten sei, sei es ihm eine Herzenssache gewesen, zu helfen, den SC Pfullendorf wieder auf Kurs zu bringen. „Wir haben hier alle zusammen, gemeinsam mit den Mitstreitern, den Sponsoren etwas bewegt. Bei der 100-Jahr-Feier haben wir uns als SCP-Familie präsentiert“, freut sich Florus über die gelungene Jubiläumsfeier.
Nun dagegen sieht Florus große Aufgaben auf den Verein zukommen. Er erwarte coronabedingt einen
„Flächenbrand“, der auf die Vereine zurolle. „Die Coronakrise betrifft ja
„Wir haben hier alle zusammen, gemeinsam mit den Mitstreitern, den Sponsoren etwas bewegt“,
sagt Jobst-Michael Florus
nicht nur den SC Pfullendorf, das wird alle Vereine treffen“, sagt der 71Jährige. Vor allem in kleineren Gemeinden, in denen der Verein eine andere Rolle spiele als in größeren Städten, sieht Florus bessere Voraussetzungen diese zu bewältigen. „Dort leben die Vereine die Kameradschaft, egal ob Sport- oder anderer Verein.“Das sei in Städten schwieriger.
„Im Wesentlichen sind es ja in vielen Vereinen drei, vier Leute, die arbeiten. Vielleicht ist mein Rücktritt auch ein Weckruf an die, die sich bislang nicht engagieren, lieber am Samstag zum Fußball irgendwohin fahren,“sagt Florus. „Durch meinen Rückzug verjüngt sich ja unser Vorstand nicht großartig, die meisten sind Mitte 50, dann haben wir einige zwischen 20 und 30 Jahren, die sich engagieren, aber es fehlen die Leute mittleren Alters.“Seinem Verein, dem er als einfaches Mitglied erhalten bleibt, empfiehlt er, auch in Zukunft voll auf die Jugend zu setzen. „Wir sind wieder interessant für Spieler, die zu uns kommen wollen, wir können uns die Spieler raussuchen. Aber wir müssen vor allem auf die Jugendarbeit setzen. Jugendarbeit, Jugendarbeit, Jugendarbeit“, wiederholt er gebetsmühlenartig. Vielleicht bringe die Coronakrise auch alte Vereinstugenden wie Zusammenhalt und Kameradschaft verstärkt zurück, hofft Florus.