Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
41 Infizierte in Klinik am Schönen Moos
Patienten und Mitarbeiter betroffen – Umstrittene Umsetzung von Hygieneregeln
- In der Klinik am Schönen Moos in Bad Saulgau sind 41 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Zwei Patienten wurden ins Krankenhaus zur Behandlung der Sympotme verlegt. Das hat die Klinik am Montag in einer Pressemitteilung bestätigt.
Auffallend stark waren die Zahlen von Corona-Infektionen in der Stadt Bad Saulgau in den letzten Tagen auf der Karte des Landkreises Sigmaringen zur Corona-Pandemie nach oben geschnellt. Befand sich die Stadt in der vergangenen Woche noch im mittleren Bereich im Vergleich zu den anderen 24 Gemeinden im Landkreis, wurde Bad Saulgau zwischenzeitlich neben Gammertingen zum Hotspot im Kreis mit jeweils zwischen 51 und 60 Infizierten. In Gammertingen waren die Zahlen insbesondere wegen nachgewiesener Infektionen in den Mariaberger Heimen gestiegen.
In Bad Saulgau lässt sich der Anstieg der Corona-Fälle mit dem Ausbruch in der Klinik für psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie in Bad Saulgau erklären. Laut Pressemitteilung wurden 32 Patienten und neun Mitarbeiter positiv auf den Erreger Covid-19 getestet. Ein Großteil der betroffenen Patienten
befindet sich laut Pressemitteilung noch in der Klinik. Sie seien von anderen Patienten und Mitarbeitern isoliert. Nach Auskunft des Landratsamtes Sigmaringen hat das Gesundheitsamt mögliche Infektionswege bei 173 direkten Kontaktpersonen der Infizierten untersucht, 133 seien inzwischen abgereist, so Fabian Oswald, Sprecher des Landratsamtes. Derzeit nimmt die Klinik keine neuen Patienten mehr auf.
Seit dem 19. März hat die Klinik nach eigenen Angaben zum Schutz vor Corona-Infektionen das Patientenmanagement umgestellt. So mussten neu anreisende Patienten Symptome einer möglichen Covid-19-Erkrankung im Vorfeld mit den behandelnden Ärzten abklären. Bei Ankunft in der Klinik würden seither die Körpertemperatur gemessen und die Patienten auf typische Symptome untersucht. Derzeit seien seit Ende Februar 2020 stufenweise „infektionsvorbeugende Maßnahmen in der Klinik in Kraft“. Dazu gehörten Abstandsregeln etwa bei Mahlzeiten und individuelle Hygiene aller Personen, die Kommunikation der Regeln, zusätzliche Desinfektionsspender und Schutzausrüstung für das Personal.
Es gibt allerdings Stimmen, die der Klinikleitung Versäumnisse im Schutz vor Ansteckungen mit dem
Coronavirus vorwerfen. Markus Trefz, Diakon aus Tettnang, verzichtete zusammen mit seiner Frau auf zwei seiner für sechs Wochen genehmigten Reha-Maßnahme in der Bad Saulgauer Klinik. Am 20. März reiste er vorzeitig ab, weil dort „ungeachtet aller Empfehlungen und neuer Vorschriften ,Business as usual’ praktiziert wurde“, wie er der Einrichtung in einer E-Mail an die „Schwäbische Zeitung“vorwirft. Mindestens weitere vier Patienten hätten ihren Aufenthalt, so Trefz, ebenfalls frühzeitig abgebrochen. Trefz hatte seine Kritik auch gegenüber der Klinikleitung geäußert. Konkret kritisiert er eine große Anzahl von Personen im Speisesaal und dicht gefüllte Therapieräume. „Beim Entspannungstraining lagen wir weiter Schulter an Schulter auf den Matten“, so Trefz. Erst einen Tag vor seiner Abreise sei die Gruppengröße zum Schutz vor CoronaInfektionen halbiert worden. „Das war zu spät“, so Trefz.
Die „Schwäbische Zeitung“hatte keine Möglichkeit, den Wahrheitsgehalt der Angaben zu überprüfen. Auf Anfragen und das Angebot eines Interviews mit der Klinikleitung reagierte diese äußerst dünnhäutig mit einem Schreiben ihres Anwalts. Auch der Versuch einer Kontaktaufnahme am Montag, zwecks Recherche zur neuen Lage, scheiterte.