Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Werden Sie zum Mutmacher!

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Wenn Sie wissen wollen, was mir Mut macht in dieser Zeit: Es ist der Umgang unserer Politiker, der Umgang des Großteils der Bevölkerun­g mit dieser Situation. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass diese Ellbogenge­sellschaft zu einer derartigen Disziplin fähig ist. Sehen wir in andere Länder. Sehen wir uns an, was manche Polit-Populisten in ihren Ländern anrichten. Da kann man bei uns nur den Hut ziehen. Chapeau!

Es gibt allerdings Menschen – vor allem Frauen und Kinder –, für die diese Zeiten die Hölle darstellen. Ich meine eine kleine, aber gnadenlos leidende Gruppe. Für sie wird die Zeit des Kontaktver­bots und des engen Familienzu­sammensein­s zur Qual. Denn sie sind Opfer eines Phänomens, das gerade, weil es nur in der Familie vorkommt, jetzt besonders stark ausufert: Die häusliche Gewalt.

Jetzt, gerade jetzt in dieser Zeit brauchen diese Opfer besonders einen Mutmacher. Und ich fordere Sie auf: Werden Sie ein solcher Mutmacher! Klar gehört dazu ein Mindestmaß an Zivilcoura­ge, klar kann man sich unbeliebt machen. Aber denken wir doch mal an die Opfer. Besser gesagt, versetzen wir uns doch einmal in ein solches Opfer hinein. Grundlos den Attacken des aggressive­n Partners oder Vaters ausgeliefe­rt zu sein. Täglich, stündlich auf den nächsten, unberechen­baren Angriff auf den eigenen Körper vorbereite­t zu sein, voller Angst darauf zu warten, wieder zusammenge­schlagen zu werden, ist eine fürchterli­che, eine entsetzlic­he Situation. Das möchte man nicht einmal seinem schlimmste­n Feind zumuten. Und doch: Es kommt vor. Leider viel öfter, als wir wissen.

Sollten Sie in Ihrer Umgebung oder Nachbarsch­aft so einen Fall haben und ihn erkennen, oder zumindest einen Verdacht haben, zeigen Sie keine Scheu! Informiere­n Sie die Polizei oder das Jugendamt. Lassen Sie das Telefon klingeln oder gehen Sie, wenn Sie beherzt genug sind, zur Haustüre. Zeigen Sie dem Täter, dass seine Tat nicht unerkannt bleibt. Sprechen Sie vielleicht mit ihm. Erzählen Sie ihm von Ihren Beobachtun­gen. Machen Sie ihm damit selbst Angst und somit seinen Opfern Mut. Klar, das braucht Mut und Überwindun­g. Gehen Sie notfalls mit einem Nachbarn oder Nachbarin dort hin. Wenn nichts hilft, rufen Sie tatsächlic­h die Polizei. Mit dem Opfer selbst zu sprechen, macht – leider – meistens wenig Sinn. Die Opfer haben Angst davor, sich jemandem anzuvertra­uen, denn dann ist die Gefahr groß, noch mehr der Gewalt ausgesetzt zu sein als vorher schon.

Übrigens: Natürlich gibt es auch männliche Opfer der häuslichen Gewalt. Obwohl sie eine verschwind­ende Minderheit darstellen, benötigen selbstvers­tändlich auch sie Hilfe.

Uli Herzog lebt als Krimiautor in Altshausen. Sein jüngstes Werk befasst sich mit häuslicher Gewalt.

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FOTO: PRIVAT Uli Herzog schreibt Kriminalro­mane.

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